734

der landwirtschaftlich« Bezirksverein, «in« Mol­kereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gegellt haben.

Stuttgart, den 30. November 1899.

v. Ow.

lagrsuerügkrikn.

Postalisches. Für den gestriger!«« Päckereiverkehr vor Weihnachten sind von der Postverwaltung besondere Vorkehrungen durch Vermehrung der BeförderungSeinrichtungen, der Ar- beitskrSst« rc. getroffen. Im Zusammenhang damit wird den Aufgebern von Postpacketsendungen, wenn sie auf deren rechtzeitige und unversehrte Ankunft rechnen» dringend empfohlen, die Einlieferung zur Post nicht erst in den letzten Tagen vor dem Christfest, sondern möglichst frühzeitig zu bewirken, auch die Sendungen fest und dauerhaft zu verpacken und mit einer deut­lichen, vollständigen, haltbar befestig­ten Aufschrift zu versehen. Di« Einlieferung sollte ferner nicht erst kurz vor Schalterschluß ge­schehen.

Neuenbürg, 8. Dez. Eine Seltenheit ist in dem 630 Meter hoch zwischen Enz und Alb ge­legenen Dorfe Dennach zu sehen. Dort zieht ein in voller Pracht blühendes Repsfeld viele Beschauer aus der Umgegend an. Während in den letzten Tagen düstere Nebel die Thäler ein hüllten, erfreuten sich die Höhenbewohmr des herrlichsten Sonnenscheins.

(Schw. B.)

Stuttgart, 8. Dez. (Schwurgericht.) Der heutige Fall bestand in einer Anklage wegen versuchten Totschlags gegen den mehrfach vor­bestraften S9jährigen ledigen Gipser Bruno Rieß ler von Mühlhausen, O A. Göppingen. Der Angeklagte brachte am 1. Okt. d, I. in der Badstraße zu Cann­statt seiner Geliebten, der 40jährigen Fabrikarbeiterin Marie Lehmann von Waiblingen, einer von ihrem Ehemann, einem Bäcker, getrennt lebenden Frau, einen gefährlichen Mefferschnitt am Halse bei und zwar in der Absicht, sie zu töten. Die Ursache war Eifersucht. Der Angeklagte will so betrunken ge­wesen sein, daß er sich an nichts mehr erinnern könne, gestand aber früher zu, er habe die Lehmann um- bringen wollen, weil sie ihn habe verlassen wollen und bedauert«, daß ihm dies mißlungen sei. Die letzere war nach 14täziger Behandlung im Cannstatter Bezirkskrankenhause wiederhergestellt. Der Schnitt ging nahe an der Halsschlagader vorbei. Die Ge­schworenen bejahten TötungSoersuch mit mildernden Umständen» wonach der Angeklagte zu einer Gefängnis­strafe von 3 Jahren 6 Monaten nebst 3jährigem Ehrenverlust verurteilt wurde.

Dornhan, 8. Dez. Hier wurde gestern ein junger Mann beerdigt. Derselbe lief in dunkler Morgenfrühe in größter Eile einem Postwagen nach und übersah dabei ein Fuhrwerk, das ihm entgegen­kam. Die Deichsel deS letzteren drang ihm in den

Unterleib und nach zwei Jahren starb de« Mann an den erhaltenen Verletzungen.

In Unterboihingen, OA. Nürtingen, hörte in der Nacht vom 30. vor. auf 1. ds. Mts. die Ehefrau des GutSoerwalterS Raible ein Geräusch unter den Fenstrrn ihres Wohnhauses. Als sie hinauS- leuchtete, sah sie einen Mann im Hof, am Haus stand eine Leiter. Da di« Frau allein im Hause war, rief sie laut um Hilfe. Ihr Ehemann, der eben vom WirtShause zurückkehrte, sah den Mann noch über den Zaun springen und verfolgte ihn laut rufend. Als er ihn beinahe eingeholt hatte, schoß der Fremde zweimal auf ihn, ohne aber zu treffen, und entwich. Untersuchung findet statt.

Kirchheim u/T. Am 28. März 1897 Hot die Gemeindevertretung den Bau einer rationellen Wasserversorgung für die Stadt beschlossen. Nach kaum 2°/< Jahren ist das ganze Werk vollendet und in fast allen Straßen und Gebäuden die Leitung ein­gerichtet. Di« Anlage ist teils Quell- teils Grund- wafferleitung. Eine ausschließliche Quellwasserleitung anzulcgen war unmöglich bei dem Mangel an ge­nügenden Quellen in der Umgebung der Stadt und wäre unverhältnismäßig teuer geworden, falls man im Lenninger Thal oben das Wasser hätte fassen wollen. ES wurde daher eine schon seit Jahren zur Speisung der öffentlichen Brunnen benützte Quelle auf Markung Dettingen und eine solche auf hiesiger Markung selbst in einem Wasserbasfin vereinigt, im übrigen aber südlich der Stadt auf einem mit Bau- verbot belegten Grundstück eine Pumpstation einge­richtet. Die Motorenfabrik Gebrüder Körting in Körtingsdorf in Hannover hat den Motor (6pferdig) und das Pumpwerk hiezu geliefert. Um allen Even­tualitäten zu begegnen, hat jetzt die Gemeindever­waltung die Aufstellung eines Reservemotors mit Pumpe beschlossen. Auch diese Maschinen liefert die Firma Körting. Für absehbare Zeiten ist durch diesen Ausbau der Wasserleitung allen Bedürfnissen Rechnung getragen. Der Gesamtaufwand berechnet sich jetzt auf 250000 *6. Ausgeführt wurde das Werk von Stadtbaumeister Schmid, dessen Pläne und Kosten­überschläge vor der Ausführung von Oberbaurat Eh» mann in Stuttgart geprüft wurden. (StaatS.°Arz.)

Von der badischen Grenze, 6. Dez. Wie das N. Tgbl. schon früher gemeldet, halten sich seit einigen Wochen zwei Araber in Pforz­heim auf, welche sich als Wundndokttoren großen Anhang verschafft haben. Dutzende von Menschen behaupten, von Ihnen geheilt worden zu sein. Daß bei diesenKuren" allerhand Hokuspokus mitunter­läuft, wurde ebenfalls schon berichtet. Wegen solcher Gaukelei wurde der eine der Araber vom Bezirksamt zu acht Tagen Haft verurteilt und am Sonntag ins Gefängnis abgeführt. Als dies unter seinen An­hängern bekannt geworden und dabei die Vermutung laut wurde, daß nach Verlauf der Haftstrafe Aus­weisung erfolgen solle, da bemächtigte sich der Leute große Erregung. Gestern abend hielten sie eine zahlreich besuchte Versammlung ab, in welcher gegen die

eventuelle Ausweisung lebhaft protestiert und das volle Vertrauen zu den Wunderkuren der fremden Menschen enthusiastisch ouSgedriickt wurde. Der Sympathiebezeigungen wurde kein Ende, und als zur Bekräftigung derselben zur Unterzeichnung einer Eingabe aufgefordert wurde, da bedeckten sich bald die Bogen mit nahezu 400 Unterschriften.

Pforzheim, 8. Dez. Eine Frau wollte ihre Lampe durch den Cylinder herunter auSblasen, dadurch wurde di« Flamme in das Bassin getrieben, wodurch das Petroleum explodierte und die Frau so gefährliche Brandwunden erlitt, daß an ihrem Auf­kommen gezweifelt wird.

Berlin, 9. Dez. Wie aus Bückeburg ge­meldet wird, kehrte gestern Nachmittag 5 Uhr der Kaiser von der Pirsche in die festlich beleuchtete Stadt zurück, wo um 8 Uhr das Diner im Schlöffe eingenommen wurde. Zu dem heute stattfindenden WohlthätigkeitSkonzrrt für das demsche Rote Kreuz haben der Kaiser und der Hof ihr Erscheinen zugesagt.

Berlin, 9. Dez. Nach einem Telegramm des kaiserlichen Gouverneurs von Benningsen rvm 7. Dezember ist derselbe nach Beendigung der feierlichen Uebernahme der von Spanien erworbenen Inselgruppen der Karo- line n, Mariannen und Paloas-Jnseln in deutsche Verwaltung auf der Rückreise nach Herberts- Höhe in Makassar eingetroffen. In Po- nape ist nach seiner Meldung gute Aussicht auf fried­liche Entwicklung. Dort wird der Vice-Gouverneur Hahn seinen Wohnsitz nehmen. Auch in Jap, der Hauptinsel der West-Karolinen und in Saipan (Ma­riannen) herrscht vollkommene Ruhe.

Berlin, 9. Dezbr Der verheiratete Bau­führer JuergenS hat gestern die 21jährige Frau Köpke, mit der er ein Liebesverhältnis hatte, in ihrer Wohn­ung durch einen Revolver schuß in den Mund getötet und sich dann selbst auf dis gleiche Art entleibt. Der Tod trat bei beiden auf der Stelle ein.

Belgrad, 10. Dez. In ganz Serbien herrscht enorme Kälte. Gewaltige Schnee­massen gehen nieder. Der Straßenverkehr ist un­möglich. In der Provinz ist jegliche Verbindung unterbrochen.

Amsterdam, 9. Dezbr. Die jüngste Post aus Prätoria bringt die Meldung» daß Oberst Schiel anstatt in das Hospital gebracht zu werden, in das Gefängnis von Pietermaritzbarg und dann in dasjenige von Simonfladt geschafft wurde. Auf eine diesbezügliche Beschwerde antwortete General Buller, vor dem Eintreffen der englischen Verstärkungen könne seine Lage nicht geändert werden.

London, 9. Dez. Im gestrigen KabinetS- rat wachten Chambcrlain und Balfour wichtige Mit­teilungen über dir Conferenzen in Windsor zwischen Kaiser Wilhelm, d>n Grafen Bülow und Hatzfeld mit ihnen. Salisbury sprach seine lebhafte Befriedi­gung über das Resultat dieser Conferenz aus.

London, 9. Dezbr. DaS KriegSamt ver­öffentlicht folgende Mitteilung: Vom Modderfluß

zu viel: eintausend" er schrieb das Zahlwort nicht niedernicht mehr, als Du entbehren kannst. Ich hoffe Dich wohl und barmherzig zu finden. Brüderlich

Detlev."

Er kouvertierte den Brief, steckte ihn zu sich und suchte einen benachbarten Krämer auf.

Na, meine Rechnung ist wieder ziemlich angelaufen, was? Kann ich mir denken. Achtzig und einige ? Schadet nichts. Mein Bruder zahlt mir noch einige Tausend aus ich bin ja doch 'mal sein Erbe. Morgen kommt das Schiff an, das heißt, ich muß selbst den Lotsen machen und es einholen. Können Sie der Ebbe in meiner Kaffe für die Spazierfahrt aufhelfen ? Vierzig reichlich genug. Uebermorgrn zurück mit Dank, Herr Nachbar."

Dem Nachbar von Zeit zu Zeit gerecht zu werden, hatte er sich immer an­gelegen fein lassen, und der Krämer war der mehr oder weniger bereitwillig« Helfer, wenn sonst alle Wege erschöpft waren.

Merci," quittierte Oldekop, befördert« den Brief zur Post und schlendert« beruhigt nach St. Pauli. Der Abend fand ihn in einem Hafenrestaurant, das Eingeweihten als Spielhölle bekannt war. Er setzte und gewann mit uner­hörtem Glück und hatte, als er nach Mitternacht schwindelnden KopfeS nach Hause eilte» di« von dem Krämer entliehene Summe mehr als verzwanzigfacht.

Zweites Kapitel.

Der Oldekop'sche Bauernhof war einer der größten und ertragfähigsten in Reickendorf und der Besitzer unter den Bauern der Ortschaft einer der reichsten. Die Gemeinde lag in der Mitte zwischen Neumünster und Plön, an der Bahn­linie Neumünster-Neustadt, und Halle im letzten Jahrzehnt einen solchen Auf­

schwung genommen, daß dir Zahl der Einwohner auf Über zweitausend ange- wachsen war. Die Bauerngüter waren freilich um eines vermindert worden; aber auf dessen Ländereien unmittelbar an der Bahnhosstation waren umfangreiche industrielle Unternehmungen aus dem Boden gewachsen.

Die Holzhandlung von Martin Blank und Sohn, eine an deren Terain sich onschlnßerde, große Farbenfabrik und eine weiter nach dem Dorf zu gelegene, an Ausdehnung stetig gewinnende Teppich- und Gardinenwirkerri, beschäftigte» zusammen an vierhundert Arbeiter, die, soweit sie nicht als Heimische im Dorfe selbst wohnten, in schmucken, wenn auch einfachen Häuschen, an der vom Bahn­hof ins Dorf führenden Straße untergebracht waren.

Das eigentliche Dorf lag von der Bahnstation eine Viertelstunde entfernt, und die großen Bauernhöfe verteilten sich bis auf vier, die zum Orte selbst ge­hörten, rings um das Dorf herum, die entferntesten fast eine Stunde weit abge­legen ; so der Puckhof, die Höfe von Olenkoppel und der Nrllelsrehvf; in knapp halbstündiger Entfernung der Braune Hirsch, der Neue Jäger und der grüne Eod, letzterer das Besitztum HanS Oldekops.

Woher der Oidekop'sche Hof den Nomen hatte, war strittig, und die gang­bare Erklärung der Dorfchronik, die die Bezeichnung einfach und auf einen zu dem Hofe gehörigen Teich zurückführte, der durch ,grünes Wasser' angeblich eine Eigenart besitzen sollte, verdient« kaum ernstliche Beachtung. Wahrscheinlicher klang eine zweite Auffassung, die auf die Zeit der Gründung deS HofeS zurück­ging. Das fruchtbare Ackerterrain war »Hemels Waldstand gewesen, und dicht neben einem noch heut« vorhandenen, von dem ersten Oldekop angelegten Brun­nen hatte das primitive Wohnhaus des Bauern gestanden, der sich durch AuSrodrn der WaldeS nach und nach eine gi ößere Acker fläche geschaffen Halle. Der erste im Waldgrün