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Kinder (7000) stehen, daß Schulen fehlen und ein Drittel der Lehrer keine Qualifikation besitzt.
Ausland.
New « Aork, 22. Aug. Ein Orkan, welcher in Texas am 12. und 13. August statlfand, zerstörte Brownsville fast voll ständig und in Matamoras 300 Häuser. Derselbe hat in den Nachbarstädten eben falls großen Schaden verursacht. Mehrere Dampfer sind gescheitert.
Grünnevirngen aus 1870.
(Nach dem Enzth.)
XIV.
Was scheidet dort röchelnd vom Sonnenlicht,
Unter winselnde Feinde gebettet? —
Es zuckt der Tod auf dem Augesicht,
Doch die wackern Herzen erzittern nicht,
Das Vaterland ist ja gerettet!
(Th. Körner.)
32. Depesche vom Kriegs - Schauplatz. Varennes, 30. Aug., 2 Uhr 30 Min. Nach. Die Avantgarde des zwölften (Königlich sächsischen) Armee-Corps hatte heule Nach mittag ein glückliches Gefecht bei Nouart mit Truppen des französischen fünften Armee- Corps. Die die Verbindung von Thionville mit Paris vermittelnde Eisenbahn ist zwischen Thionville und Mezieres an zwei verschiedenen Stellen durch diesseitige Detachements unterbrochen. Zwei preußische Husaren Eskadrons stürmten, abgesessen, Voncq und machten daselbst viele Gefangene, Turkos, Infanterie, und Pompiers, v. Podbielsky. — 33. Depesche. An die Königin Augusta! Varennes, 30. Aug., 3 Uhr 30 M. Nachm. Wir hatten gestern ein siegreiches Gefecht durch das vierte, zwölfte (Sächsische) und erste Bäurische Corps. Mac Mahon geschlagen und von Beaumont bis über die Maas bei Moufson zucückgedrängt. 12 'Geschütze, einige Tausend Gefangene und sehr viel Material in unser» Händen. Verluste mäßig. Ich kehre soeben auf das Schlachtfeld zurück, um die Früchte des Sieges zu verfolgen. Möge Gott uns ferner gnädig helfen wie bisher! Wilhelm.
Vieil Dampierre, 27. Aug. Gestern war das württemb. Hauptquartier noch in Sermaize an der Straße von Bar le Duc nach Vary. Heute wurde plötzlich die Direktion nach Chalons ausgegeben und nach Norden hierher (Straße nach Menehould) marschirt, weil die franz. Armee, die von Chalons nach Reims sich gezogen, von Reims zum Ersatz der in Metz eingeschlossenen Armee heranrückt.
Miszellen.
Vogel Greif.
Novelle von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung.)
Der Vogel Greif wollte dem Wüthen- den die Maske entreißen, doch hielt dieser sie fest, wie eine Sieges.Trophäe, und es wäre sicherlich zu einer sehr trivialen Scene gekommen, wenn die schöne Unbekannte mit der gelb und grünen Schleife sich nicht energisch in's Mittel gelegt, den Vogel Greif sammt der bestürzten Flora mit kräf- tiger Hand befreit und Beide mit sich fortgezogen hätte.
„Raicb in's Freie!" flüsterte er.
„MM Mantel!" klagte Flora.
„Also erst in die Garderobe, — doch so schnell als möglich, damit der wüthende Perüken-Affe unsere Spur nicht findet. Leider konnte der Vogel Greif nicht fliegen, und so währte es eine geraume Weile, bis das Kleeblatt in einem Fiaker laß und durch die winterliche Nacht dahinrollte.
„Ach, mein Gott!" seufzte Flora, „wäre ich doch daheim geblieben, jetzt erfährt es die ganze Stadt, — wie soll ich meinem Vater gegenüber treten?"
„Und ich habe Dich dazu verleitet," klagte der unglückliche Vogel Greif.
„Ach war-, der Schule ige bin ich, wenn's einmal an's Anklagen geht," brummte Adalbert, seine weibliche Maske in der Hand; das Lomentiren Hilst nichts, suchen wir den größtmöglichsten Nutzen aus dieser Verwirrung zu ziehen. Den alten Freier sind Sie los, mein Fräulein! das in Ihren Händen befindliche Albumblatt bricht ihm vollends den Hals. Ein Glück, daß Niemand mich unter dieser Maske geahnt, sondern vielmehr im Vogel Greif mich witterte. Ich werde wieder in dieser Maske zurückkehren und mich demaskiren." .
„Das wird den Skandal noch vergrößern", seufzte Flora entsetzt; „mein Vater haßt alle Künstler als unnütze Knechte, wie er sie nennt, nun folgern Sie das Uebrige." Adalbert dachte einen Augenblick nach. „Ich hätte Sie ruhig daheim lassen können, mein Fräulein!" versetzte er dann, wenn ich Ihnen nicht persönlich Ihren Freier in's Netz hätte liefern wollen, es war ein reiner Uebermuth, würvig eines unnützen Knechtes. Doch das ist nun einmal geschehen, mag die Welt denn erfahren, daß Sie mit mir auf der Maskerade waren, es ist bester so, — da Ferdinand völlig unbetheiligt bleiben muß, einer von denen die ihre Hände in billiger Unschuld waschen. Ich liebe Sie also —
„Bruder!" rief Ferdinand erschreckt. „In den Augen der Welt", fuhr Jener wrt, — „Sw reinigen sich von diesem ichmählichen Verdacht durch einige anonyme Zeilen, die ich noch in dieser Nacht dem Briefkasten übergeben werde. Was sollte Ihrer weiblichen Lstt nicht gelingen, liebes Kind? — Um dem Skandal ein Ende zu machen, wird er Sie diesem da herzlich gern an den Hals werfen —"
„Sie kennen meinen Vater nicht —" „Werde ihn kennen lernen und Freund- chaft mit ihm schließen. Vertrauen Sie mir und der eigenen List, dann wird Alles gut gehen; nur um Gottes willen nicht das Köpfchen hängen lasten! nur wer sich Aber aufgiebt, ist verloren. — Morgen früh werden einige anonyme Zeilen vom Vogel Greif Ihnen alles Uebrige lagen."
Der Wagen hielt, Flora entschlüpfte Ferdinands Armen, der noch rasch einen Küß sich raubte, und war wie eine Elfe verschwunden. Einige Minuten mußte der Wagen halten, um in aller Schnelle eine Umwechslung des Kostümes zu veranstalten, worauf sich Ferdinand, in seinen Mantel gehüllt, nach Hause begab, während Adalbert als Vogel Greif nach der Maskeiade zurückfuhr, wo er den fürchterlichen braunen Domino, der sich nur mit großer Mühe
dem Hohn und Spott der tollen Masken« schaar entzogen hatte, zum Glück nicht mehr anlraf.
Als er ohne Maske in den Saal trat umringten ihn seine Freunde mit ungeheurem Jubel und es gehörte der ganze Aufwand seines angeborneu Witzes dazu, den Pfeilen die von allen Seilen auf ihn eindrangen' geschickt zu pariren. '
Man gratulirte ihm zu der glänzenden Eroberung und lachte über den Tropf, der einem Künstler die Perle streitig machen wollte.
Adalbert lachte mit und seine Verlobung flog wie eine Rakete von Mund zu Mund. Wer aber die witzige Schöne mit der gelb- giünen Schleife gewesen, erfuhr Niemand, so sehr man sich auch den Kops darüber zerbrach.
7.
Am nächsten Morgen fehlte Flora Winkelmaun am Frühstückslisch. Sie ließ sich mit Kopfschmerz entschuldigen.
Der Vater las die Zeilungen und brummte, daß der lange Schlaf den Kopfschmerz erhöhe. Mehrere Briefe wurden ihm übergeben; er durchflog sie gleichgültig und fuhr dann plötzlich wie elektrisirt in seinem Sessel empor.
„Was ist das?—" schrie er zornglühend, „unerhört — entsetzlich — infame Lüge!
- mich rührt der Schlag!"
„Mein Himmel, was ist geschehen?" fragte seine Gattin erschreckt.
„Ein Skandal, der, wenn er wahr wäre, mich unter die Erde brächte. Der Etende, mir in solchem Tone zu schreiben; — aber ich werde ihn für diesen Schimpf gerichtlich belangen, in's Zuchthaus soll der Verleumder."
Winkelmann schöpfte Athem und fuhr dann vor Aufregung zitternd fort: „Höre, was mir der Hallunke, der Becker zu schreiben wagt: „Nach der verflossenen Nacht, welche hre Tochter Flora mit oder ohne Ihre Erlaukniß aus der Maskerade zugebracht und wo sie durch eigene Schuld zum Gegenstand eines abscheulichen Skandals geworden, kann ich es nicht mehr mit meiner Ehre vereinbaren, in eine so nahe Verbindung mit Ihrer Familie zu treten, sondern muß hiermit feierlichst auf ihre Hand verzichten. Fragen Sie sie selber, und sollte ie die Stirne haben, es zu leugenen, dann wird die halbe Stadt als Zeugin meiner Behauptung auftreten. Jede Beleidigung, die sie mittelbar mir zugefügt, wird auf ihr schuldiges Haupt zurückfallen. Franz Becker." — Nun, Fra», was sagst Du zu dieser Historie?"
„Ich bin wie aus den Wolken gefallen," 'Lotterte diese bleich wie der Tod.
„Du weißt nich!, ob Flora ein solches Verbrechen begangen?"
„Sie ging gestern Abend schon vor 10 Uhr zu Bett."
(Fortsetzung folgt.)
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