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als dieser von seinem Hause in den Wagen flieg. Der General blieb unverletzt, seine Uniform wurde durchschossen. Er selbst ergriff den Verbrecher.
Petersburg, 3. März. (Weitere Meldung). Loris-Melikoff ergriff den Alten- läter selbst; letzterer machte einen Fluchtversuch , wobei sich aber ein Junge ihm entgegenwarf, so daß jener zu Boden stürzte, worauf die Verhaftung erfolgte. Die Untersuchung ist im Gange. Der Großfürst- Thronfolger wie die übrigen Großfürsten und zahlreiche Würdenträger statteten Loris- Welikofs sofort Besuche ab. — Die außerordentliche Kühnheit, die Lebensverachtung, welche der auf den Grafen feuernde Mann mit dieser seiner That an den Tag legte, spricht am deutlichsten dafür, daß der Nihilismus noch nicht überwältigt ist, und daß Loris-Melikoff, der schon wenige Tage noch Antritt seines verantwortungsvollen Amtes von einer nihilistischen Kugel bedroht wurde, noch ein schweres Stück Arbeit zu vollenden haben wird, um die revolutionäre Propaganda zu unterdrücken. In einem Punkte verdient der entschlossene General die Achtung Aller: es gehört ein seltener Muth, eine todesverachtende Kühnheit und Selbstverleugnung dazu, um unter dem Odium solcher Allgewalt in Petersburg zu leben, geschweige denn gegen die geheime Verschwörung zu wirken.
Ausklärende Mittheilungen über das Attentat in Brüssel sind noch nicht einge- troffen, die Sache ist also noch völlig dunkel. Man ersieht nicht einmal, ob das frevelhafte Unternehmen überhaupt der Königin gegolten, ob etwa der König in dem Wagen vermüthet wurde, oder ob überhaupt nur ein übermüthiger Gassenbubenstreich vorliegt. Die Königin der Belgier, Marie Henriette, eine österreichische Erzherzogin, seit dem Jahre 1853 mit dem jetzigen Könige vermählt, hat niemals in der Politik eine Rolle gespielt; ihre Herzensgüte, die sie in wahrhaft hingebender Weise ihrer unglücklichen Schwägerin, der geisteskranken Kaiserin Charlotte von Mexiko gegenüber bethätigt, sichert ihr bei allen Unterthanen Verehrung und Anhänglichkeit. I
MisMen.
Friedrich der Große und Doktor Gail.
Zu Potsdam war großes Hoffest, und Alles, was Rang und Namen hatte, drängte sich, seine Huldigungen dem großen König darzubringcn.
Unter allen seinen Gästen zog eine Per ft son die Aufmerksamkeit des Königs auf sich ; es war ein hochgewachsener, knochiger Greis mit einem ungewöhnlich originellen Kopfe.
Da Friedrich ihn nicht kannte, so ries er seinen Hausmarschall zu sich, um sich Aufklärung geben zu lassen.
„Sagen Sie, Marschall, wer ist der große, schwarzgekleidete Mann dort trüben in der Fensternische?"
„Ein berühmter Arzt, Majestät, der Hauptvertreter der Schädellehre, der Doktor Gall."
„Ah! Gall!" ließ sich der König vernehmen. „Ich werde mich einmal persönlich von der Stichhaltigkeit seines großen Rufes überzeugen. Gehen Sie zu ihm
I und laden Sie ihn in meinem Namen ein, morgen an unserer Tafel Theil zu nehmen."
Am nächsten Abend um sechs Uhr hielt der König eine wohlbeietzte Tafel ab, bei welcher er selbst, der Doktor Gall, sowie etwa ein Dutzend über und über mit Orden behängter Herren in den feinsten Toiletten, jedoch von etwas sonderbarem Benehmen und eckigen Bewegungen zuge- gen waren.
„Nun; lieber Doktor", sagte Friedrich der Große zu diesem gewendet, „wollen Sie vielleicht die Güte haben, bei allen diesen anwesenden Herren einmal von ihrem äußeren Knochenbau auf ihre mulhmaßlichen Eigenschaften zu schließen."
Gall erhob sich, denn des Königs Wunsch war ihm Befehl, und schickte sich an, den Kopf seines Nachbarn, eines brünetten Mannes von stattlichem militärischem Aeuße- ren, genau zu betasten und zu betrachten. Nachdem er seine Untersuchung abgeschlossen, schien der Arzt etwas betreten.
„Sprechen Sie frei heraus!" ermunterte ihn der König.
„Seine Excellenz scheint Jagd und lärmende Zerstreuungen zu lieben — er scheint überbaupt auf Schlachtfeldern sich zu Hause zu suhlen, seine Schädelknochen bekunden, daß er außerordentlich kriegerischer Natur ist; sein Temperament ist durchaus sauguinisch." —
Der König lächelte. Der vr. Gall wandte sich zu einem Andern. Es war dies ein junger Mann mit lebhaftem Auge uno von einem etwas küknen Aeußeren,
„Mein Herr", subr Gall fort, indem er etwas bestürzt d'rein schaute. „Sie müssen außerordentlich begabt sein für eine gewisse körperliche, große Geschicklichkeit erfordernde Bewegung, namentlich der Sinn für . . . für . . ."
„Nun? Nur immer heraus!" rief der König ungeduldig.
„ . . . für Aneignung fremder Güter . . .!" platzte vr. Gall ängstlich heraus.
„Nun, schon gut", beruhigte Friedrich der Große, „ich sehe, daß man mir nur die Wahrheit betreffs Ihrer Fähigkeiten gesagt hat, und ich gestehe, Sie haben meine Erwartungen gerechtfertigt. Der General, Ihr von Jbnen zuerst untersuchter Nachbar, ist ein zu lebenslänglichem Zucbt Hause verdammter Meuchelmörder, Ihr Nachbar zur Rechten, der junge Mensch, ist der erste und berühmteste Taschendieb meiner ganzen Monarchie."
Bei diesen Worten klopfte der König aus den Tisch und von ollen Seiten traten Soldaten in den Speisetaal.
„Führt diese Herren in ihre Appartements zurück!" befahl der König mir einiger Satire. Darauf sich zu dem vor Staunen sprachlosen Gall wendend, fügte er lächelnd hinzu:
„Verzeihen Sie, lieber Gall! Es war eine Probe, und dieselbe ist vorzüglich gelungen. Sie haben Schulter an Schulter mit den größten Verbrechern Preußens dinirt. Aber nun sehen Sie auch einmal zu, ob Ihnen nichts abhanden gekommen ist."
Gall gehorchte, und richtig! Taschentuch, Börse, Tabaksdose, ja, sogar seine Brillantknöpse waren verschwunden.
Am nächsten Tage wurde dem berühm. ten Schädellehrer sein gestohlenes Eigenthum zurückgestellt und der König hatte noch eine reich mit Edelsteinen besetzte Dose von unschätzbarem Werlhe beinesügt.
- H. R. -
Zur K a r t o ff e l k u l t u r. Bringt das Württ. Wochenblatt für Landwirth, schafl folgende Behandlung in Vorschlag- Da Heuer voraussichtlich die allerfrühesten Kartoffeln von großem Werth sein dürften, so wird eine amerikanische, von mir schon mehrere Jahre (mit der Frührosenkarloffel) mit bestem Erfolg erprobte Methode empfohlen.
Man nehme nämlich eine flache Knie von 10 bis 12 Ceulimeter Höhe und oer, sehe den Boden derselben mit kleinen Löchern; alsdann bedecke man denselben 3 Centimeter hoch mit Sand, auf diesen lege man die ganzen oder geschnittenen Kartoffeln, die Augen nach oben gerichtet, dicht neben einander und fülle dann die ganze Kiste gleichermaßen mit Sand. Dieser wird nun von Zeit zu Zeit mit warmen Wasser begossen und die Kiste in die Nähe des OfenS oder auf die Fensterbank bei warmer Witterung gesetzt. Wachsen die Keime zu schnell, so halte man sie etwas trocken und kühler. In 15 bis 20 Tagen ist das Ganze reif zum Auspflanzen; nunmehr lasse man es ein oder zwei Tage ablrocknen, drehe dann die Kiste um und schütte de» Inhalt aus, der Aehnlichkeit mit einem verfilzten Grasstück haben wird, da die Wurzeln alle unter einander gewachsen sind. Durch vorsichtiges Schütteln trenne man sie, indem man besonders darauf achtet, die frischen Keime von der alten Kartoffel nicht zu trennen; pflanze sie nun (am besten im Haus- und Gemüsegarten) in Entfernungen von 30 Centimeter von einander, bedecke sie mit feinem, warmen Mist und hacke gleichmäßig Erde darüber. Sollten die Sprößlinge (Keime) zu lang gewachsen sein, so lege mauste flach nieder und bedecke sie. Sie werden sehr schnell ausgehen und un- geiähr 60 Tage nach dem Pflanzen geerntet werden können — Ich löse die ersten Kartoffeln vorsichtig Reihe für Reihe mit den Händen ab, ohne den Stock zu verletzen, bedecke denselben wieder mit guter Erde und bezwecke hiedurch eine doppelte Ernte. Frankenbach. Sch. St.
(Reine Weine.) Daß überall in da Welt sich wirklich reelle, gute Maare leicht Bahn bricht, finden wir wiederum recht deutlich bestätigt au dem rastlosen Vorwärtsschreiten der allgemein bekannte« französischen Weinhandlnng „^.ux Eures äs bb'unLe" von Oswald Nier. Wen« mau amiimmt, daß dieses Haus, welche- crst vor drei Jahren seinen Einzug >« Berlin hielt, schon jetzt durch rege Theil- »ahme und groben Zuspruch in beinahe ganz Deutschland durch 11 Hauptgeschäfte mit eigenen Weinstuben nebst 106 Filialen vertreten ist, so muß man als ächter Freund eines reinen Weines mit Freuden die Nachricht begrüßen, daß diese Firma allen Ernstes den Plan verfolgt, in den verschiedenen Sladltheilcn Berlins kleine Wein- und Probir-Stuben zu eröffnen. _
Redaktion, Druck und Berlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.
Nr. 30.
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Nach einer Maulbronn ist ner Reparatnre hrrg, Lomcrsh heim Floßsper d. M. einschlie hiemit veröffen Den 6. M
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Dem Geftick bürg, die Viel sie seither je nale Januar, obzuhalten belegen zu dürf künftig je am und April u des August u durch Erlaß Echwarzwaldk worden.
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