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48 erhöhte. Das Unglück soll indeß be­deutend mehr Opier gefordert haben, als hier angegeben wird. Bon der Kaiserlichen Familie ist Niemand verletzt. Mögen indeß die Einzelheiten noch so abschreckend sein, der Schwerpunkt des Verbrechens ist und bleibt auch diesmal in seinen Ursachen zu suchen. Der Nihilismus und seine An­hänger ziehen die allgemeine Aufmerksam­keit um so stärker aus sich, je mehr ihre Gewalt zunimmt. Es scheint außer ollem Zweifel, daß die revolutionäre Agi­tation in Rußland, oder richtiger in Peters­burg, in den letzten zwei Wochen eine be­sonders rege geworden ist, wie andererseits die Regierung in der Verfolgung der Nihi­listen in der letzten Zeit eine große Rührig­keit, und zwar mit Erfolg, an den Tag legte. Zum fünften Mal ist jetzt auf das Leben oes Kaisers Alexander ein Mord versuch unternommen worden, ohne das Leben des Monarchen zu gefährden. In dieser Reihe von Verbrechen macht zum Entsetzen der Zeitgenossen der Umstand sich bemerkbar, daß jedes solaende Attentat im­mer mit gräßlicheren Mitteln vollbracht wurde, als das vorhergegangene. Welche Wirkung muß das Ereigniß auf das Ge- müih des Kaisers üben, der sich jetzt that- sächlich in den abgelegensten Gemächern seines Palais nicht mehr sicher fühlen kann! Das Schreckliche wird dadurch vermehrt, daß es in einem Augenblick geschehen, wo die Kaiserin aus dem Krankenbette, vielleicht aus dem Todtenbetie liegt, wo die Mit­glieder der Kaiserlichen Familie sowohl, als auch die gesammte Bevölkerung der Hauptstadt täglich mit Angst auf die Bülle. lins der die Kaiserin behandelnden Aerzte lauscht. ES bleibt nur übrig, auch bei diesem wiederholten Anlaß den Gefühlen dankerfüllter Genuglhuung für die Errettung des hochherzigen, schwergeprüften Monarchen Ausdruck zu geben, für den die Bürde des Regentenberufes allmählich schwerer zu werden beginnt, als menschliche Schultern sie zu tragen vermögen.

Anläßlich dieses abermaligen Mord­versuchs sagt der W. Staats-Anz.: Unsere Zeit, die des Unerhörten so viel gesehen, wird durch die Häufung der Uebelthaten gegen die unglaublichsten Verbrechen sozu­sagen abgestumpft, so daß selbst eine Nach­richt wie die heute eingetroffene von der Unterminirung des kaiserlichen Palastes in St. Petersburg nach alle dem, was vor­her gegangen ist, die Welt kaum mehr überrascht: so sehr hat mau sich daran gewöhnt, der in Rußland grasfirenden nihilistischen mordbrennerische» Zerstörungs­manie alles, auch das Ungeheuerlichste zu­zutrauen. Man hat in der letzten Zeit viel gelesen davon, daß die Nihilisten selbst im kaiserlichen Palaste verkehren, daß der Zar Exemplare der nihilistischen Zeitungen in den Taichen vorgesunben habe, daß mehrfach schon Versuche gemacht, indeß vereitelt worden, den Palast in die Luft zu sprengen rc. Wer diese Gerüchte bis jetzt für sensationell gehalten hat, ist jetzt eines andern belehrt. Etwas Frecheres kann man sich ja nicht denken, als daß man hergeht noch dazu in einer Zeit, wo das Palais aufs strengste bewacht ist, eine jedenfalls sehr bedeutende Menge

Sprengmaterial in das Palais verbringt, und dasselbe anzündet. Das Unglaubliche konnte ja doch man kann sich des Ge­dankens nicht erwehren nur dadurch vollbracht werden, daß die ruchlosen Atten­täter im Palais selbst Spießgesellen haben, die ihnen Handreichung leisUn. Aber wenn diese Vermnthung wahr wäre, welcher Ab­grund öffnet sich da bei dem Gedanken, daß die kaiserliche Familie unter ihrer un­mittelbarsten Umgebung Verräther zählt! Allgemeines Bedauern erregt namentlich auch das Schickial der Kaiserin, welche, schwer leidend, kaum in ihre Heimath zu­rückgekehrt , solchen teuflischen Anschlägen ausgesetzl sein muß! Glücklicherweise ist weder das geheiligte Haupt des Kaisers, noch irgend ein kaiserliches Familienmit­glied verletzt; aber traurig ist das Loos der armen Soldaten, welchen der sonst sür so leicht und angenehm geltende Dienst im Palais diesmal den Tod oder die Zer stümmelung brachte. Die ganze unglaub­liche Mordthat hat wiederum den Beweis geliefert, wie lief die Pest des Nihilismus sich cingesressen hat. Kaum glaubt die Polizei einen rechten Fang gemacht und damit der Mordbande einen Gütlichen Schlag beigebracht zu haben, so erfolgt ein Gegenschlag, der zeigt, wie ohnmächtig bis jetzt die Polizei der unterirdischen Be­wegung gegenüber ist.

Wilna. Am 3. d. Mts. wurde, wie derWilnaer Bote" schreibt, auf dem Felde unweit des Dorfes Nowojelni im Gouvernement Wilna ein Polizeibeamter von einem Rudel Wölfe altaquirt und nach­dem er sechs derselben theils erschossen, theils mit dem Säbel durchstochen hatte, überwältigt und aufgesressen, Von dem Verunglückten fand man nur einige Knochen und die Füße in langen Röhrenstieseln. Der Säbel war in drei Stücke zerbrochen. Bei dem Säbel lag ein abgeschossener sechs­läufiger Revolver und sechs todte Wölfe.

MisMen.

Die Auktion.

(Schluß.)

Alle Juden:Nu, wie haißt! Seit man kann wer auf der Auktion nicht sehen, was mer kaaft! ?"

Levi:Nu was seht Ihr? Ihr seht 'n all Uniform. Ich brauch se doch nothwendig vor mein' Sohn!"

Mittlerweile haben sich Herz Löb, Si­mon Katz und Anvere herangedrückl und betasten die Uniform; merken auch sofort, vaß Geld darin eingenäkt ist. Sie orangen sich an Levi heran und flüstern ihm ins Ohr:Levi, mache mer Kippe?"

Levi:Nein, ich mach kein Kippe, ich brauchs allein."

Civilist:Vierzig Thaler!"

Levi:Könnt Ihr vierzig gebe, kann ich mehr thun; ich geb sünfeverzig".

Civilist:Neunundvierzia."

Levi:Daß es grad glatt Rechnung giebt, sag ich: Fufzig Thaler Courant!"

Civilist:Un en halben!"

Levi:Aiiefuszig!"

Civilist:Zweiundfufziq."

Levi:Jo! Ihr sollis nu grad nit habe. > Ich geb noch en Grosche und dann is all!"

Civilist:Jetz hör ich auch auf!"

Ausrufer:Zweiunfuszig Thaler und einen Groschen! 52 Thlr. und i Gr. zum Erschien, 52 Thl. und I Gr. zum

Zweiten und-zum !!! Dritten!

Levi Neustädter hat ihn."

Levi Neustädler zahlt 52 Thaler und 1 Groschen hin, packt die Uniform zusammen und läuft weg so geschwind er kann.

Zu Hause angekommen, ruft er seiner Frau zu:Frauche! Frauche! Frei Dick, spring und tanz! Ich bab gemacht en Rewach ! En Rewach, wo alle hun- vert Jahr anmnl vorkommt."Gott behits, wo is er", sagt die Frau.Das is der Rewach !" sagt Levi und packt die Uniform aus.

Frau:Wie haißt? Is se doch alt un schofel! Was kost's?"

Levi:S'kost viel, rath emal Frauche."

Frau:Nu, was kann's koste? Zwoa Thaler!"

Levi:Zwaaunsufzi'g Thaler un aan Grolche'"

Frau:Moses un de Propheten! Bist De verrückt, bist De stußig !! I"

Levi:Stußig war' ich gewese, wenn ich's hält nit gekaaft! Da geh mal her un fühl mal, lauter Lujed'or und doppelte Friedrichsd'or! Warum? S'is von en hohe Offerier, von en Hauptmann, wo is geialle bei Wörth."

Frau:Gott, mer sind glückliche Men­schen ! Levi, Du kaasst mer a Kleid mit en Uewerworf, wie die Sarah Meyer en! trägt. Hier hast De a Scheer, schneids auf, daß mer holen die Lujed'ors."

Levi nimmt die Scheere, trennt das Futter in Kragen und Brust auf. Da fallen auf einmal die Dreier- und Pfennig­stücke heraus.

Levi:Au waih! Au waih wach geschrien. Ich bin betrogen, ich bin be­schummelt! Ich bin ageschlagenerMann!"

Frau:E Schonte bist De, e dummer Jüd bist De, e Hund bist De! gleich trägst De den Lumpenkram wieder hin."

Levi raffte eilig die Uniform zusammen, rennt nach dem Auktionszimmer, wirft den Rock auf den Tisch und ichreit:Jo, ich will habe mein Geld! Ich bin be­schummelt. Geben Se mer's Geld wieder raus; ich will mein Geld habe, ich muß mein Geld habe! Ich Hab kein Kupfer gekauft, ich Hab Gold gekauft!"

Da hat man aber zum Levi gesagt, daß man kein Gold verkauft bat und auch kein Kupfer, sondern bloS die alte Uniform. Und so mußte Levi nicht nur den Schaden tragen, sondern den Hohn und Spott der ganzen Stadt dazu. Der Civilist erhielt seine 5 Thaler von dem Lieutenantsburschen und letzterer hatte 47 Tbaler und 1 Groschen netto Gewinn, und Alles freute sich, daß Levi einmal beschummelt worden war.

Poesie und Prosa.

Geliebte: (einiretend) Hier mein heißgeliebter Wilhelm, verehre ick dir zum Psingstmorgen dieses große Venchen-Bou- guet. Oder soll ich dir etwas Anderes geben ?

Wilhelm: Bezahl' mir lieber die Wäscherin.

Redaktion, Druck und Vertag von I a k. M ee h in Neuenbürg.

Nr. 24.

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