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wollen jedoch versuchen, das Geheimniß eines Läutewerkes einmal zu lüften und zu diesem Behufs einen Blick in sein Inneres werfe». Wir öffnen die Thüre seines eiser­nen Mantels und sehen ein vollständiges Uhrwerk mit einem groben Gewichte vor uns, welches eben vermittelst eines Schlüssels ausgezogen wird. Doch trotzdem diese Mani­pulation vollzogen wurde, bleibt das Werk ruhig stehen, als ob ein Etwas seinen regel­rechten Gang hemme. Wir forschen diesem Hemmnib näher nach und finden in der Thal, daß das Laufwerk durch einen kleinen Hemmhaken, der mit einem Anker zusammen- hängt, sestgehalten und dadurch in seiner Bewegung gehindert wird. Plötzlich hebt sich jedoch wie durch Zaubermacht der Anker, der Hemmhaken lint sich los, das Laufwerk wird frei, bewegt sich und setzt durch die treibende Kraft seines Gewichtes Hämmer in Bewegung, welche eine gewisse Anzahl Schläge gec,en große Glocken aus- führen; nach einiger Zeit bleibt das Rad wieder stehen, die Töne verhallen und der bewußte Hemmhaken übt von Neuem auf das Laniwerk seinen lähmenden Einfluß aus. Welche Krall hat den Anker und damit das ganze Werk bewegt, wodurch blieb dasselbe plötzlich wieder stehen? Nun dieses Zauberwerk hat wirklich der galva­nische Strom vollführt. Das Läutewerk ist nämlich mit der Tclegraphenleitung in eine direkte Verbindung gebracht worden. In demselben Moment, in welchem aus der nächsten Station die Ankunft oder Ab fahrt eines Etsenbahnzuges telegraphisch signalisirt wird, wirkt der galvanische Strom auf einen im Läutewerk angebrachten Elek­tromagneten ein. Derselbe zieht den be­wußten Al ker mit dem Hemmhaken an und das Laufwerk kann nun, sofern es aufge­zogen ist, sich frei bewegen. Sowie jedoch der Telegraph zu spielen aushört, der gal­vanische Strom also nicht mehr in Wirk- samkeit ist, verliert der Magnet seine Kraft und der Anker und mit ihm das ganze Uhrwerk gelangt wieder in den Zustand der Ruhe. (Fortsetzung folgt.)

(Gesundaussehen und Gesundsein). Im Kaufm. Verein" zu Frankfurt a. M. hielt dieser Tage Prof. Dr. Niemeyer aus Berlin einen interessanten Vortrag, der in folgen­den Sätzen gipfelte: Als Maßstab für das gesunde Aussehen muß nicht das Wie, sondern das Wieviel genommen werden und nicht der Vollsaftige, Dickblütige, Fett­reiche allein als gesund aussehend, dagegen der, bei.dem noch nicht Alles in Fettum- wachsung begraben ist, schlecht genährt oder gar elend genannt, sondern bei Abschätzung des Wieviel das Ergcbniß der Körperwägung zu Grunde gelegt werden. Dabei gewinnt das Körpergewicht gesundheitslehrerischen Rechenwerlh erst, wenn das Körperlängen­maß des Gewogenen bekannt ist. Das Verhältniß, welches der Natur entspricht, ist nämlich folgendes, bis zum 50. Jahre giltige: bei 1 Vs Meter oder 4 Fuß 9 Zoll Länge beträgt das Normalgewicht 50 Kilo, von da an wächst es mit dem Centimeter Länge um 1 Kilo etwa, so daß der Mensch so viel Kilo zu wiegen hat, als er Centi­meter über l Meter groß ist. Den schwer­wiegendsten Bestandtheil des Körpers liefern

die Säfte; denn während sämmtlicheS Fett immer nur den 27. Theil des Ganzen, das Knochensystein höchstens den lO. Theil, die Blutinassen nicht über den 13. Theil, das Gehirn nur 35 Pfund, die Leber noch weniger wiegt, beträgt das Gewicht der Säfte oder, wie die moderne Nalur- lehre sagt, der Wassergehalt vier Fünftel. Jene Kolosse von einigen Centnern Gewicht weisen also neben etwa 15 Pfund Fett 200 Pfund Wasser auf und würden mumi- fizirt auf 13 Pfuno zusammenschrumpsen. Hieraus erklärt sich auch, wie der Gast eines römisch-irischen Bades, wenn er kor­pulent ist, in einer Stunde 610 Pfund einfach durch Ausdünstung verliert. Das Ganze zusammenfassend, ist also zu beher­zigen, daß zwischen gesundem Aus­sehen im gewöhnlichen Sinn und G e- sundheit vorsichtig unterschiede.» werden muß. Das bloße Aussehen kann schon darum täuschen, weil im Augenblick ungewöhnliche Einflüsse den Ausdruck vor übergehend ändern könnten. Darum wird stets die Vergleichung des Körpergewichts mit dem Körperlängenmaß den objektivsten Maßstab abgeben.

fWie man Kraul frisch erhält.) Aus dem Badischen wird geschrieben: Kein Produkt ist dieses Jahr so wohl gerathen, als das zum Einschneiden bestimmte Weißkraut. Manche Hausfrau wird in Verlegenheit sein, wie sie diesen reichen Segen den Win­ter über unterbringen, erhallen und ver- werthen könne. Dasselbe zu verkaufen, lohnt sich nicht, da der Preis ein geringer ist; einschneiden läßt sich nicht alles, da zu erwarten steht, daß bis Frühjahr ein großer Theil übrig ist und als verdorben auf den Mist geworfen werden muß. Es ist deßhalb auf eine Aufbewahrungsart zu achten, durch welche genanntes Produkt auch als grünes Gemüse auf den Winter erhalten werde. Allgemein ist der Gebrauch, das Kranl im Garten einzuschlagen. Dieses Verfahren hat aber den Nacktheit, daß der größte Theil verfault und man oft durch Schnee und Kälte verhindert ist, den noch übrigen Theil nach Belieben brauchen zu können. Man versuche ein anderes Mittel: man lege die Krauthäuplchen mit einer schwachen Strohunterlage versehen, so auf den Speicher, daß keines das andere be­rühre. Auf diese Weise erhalten sich die­selben trotz Kälte so gesund, daß man noch vor Ostern ein grünes Gemüse auf den Tisch bekommen kann.

(Honig aus Kürbissen). Man schält die Kurbisse, reinigt sie von den inwendigen Fasern und Kernen, schneidet das reine Kürbisfleisch in Stücke von der Größe einer Wallnuß. Diese thut man, ungewaschen und ganz ohne Wasser, in große Töpfe, welche nicht ganz gefüllt werden dürfen, und läßt sie am Feuer kochen, bis daraus eine dünne Brühe geworden ist. Diese gießt man durch Leinwand in einen Kessel, drückt das in den Töpfen zurückgebliebene Kürbisfleisch durch Tücher, um die darin gebliebene Brühe zu gewinnen, welche man in einem Kessel einsiedet, bis sie die Dicke eines Syrnps oder Honigs erlangt hat, wobei sie beständig abgeschäumt wird. Diele

eingesottene honigartige Masse wird in steinernen Töpfen zum Gebrauche ausbe­wahrt. Sie hat die Süßigkeit des Honig- und ist zu Kaltschalen, Suppen und Koch­speisen anstatt Farinzucker zu gebrauchen.

Ein Verfahren, um Fische rasch abzu­schuppen, theilt Ed. Rav in derDtsch. Fischerztg." mit. Dasselbe soll es möglich machen, in ein paar Minuten jeden Schup­penfisch mit einem gewöhnlichen Küchen- mesier rein zu schuppen, ohne die Haut des Fisches zu verletzen. Dasselbe besteht darin, daß der Fisch durch Trennung des Rückenmarks vom Gehirn mittelst eines Stiches hinter den Kiemendeckeln getödtet, dann mit einem Tuche abgerieben und so von allem Schleim befreit wird; darauf taucht man ihn 2 bis 5 Sekunden in heißes, beinahe kochendes Wasser von 50 bis 60° R. Das Schuppe» ist dann in 1 bis 2 Minuten geschehen. Eine Probe mag zeigen, ob das Rezept probat ist.

Lord Odo Russell, Botschafter am kaiser­lich deutschen Hose, ist im Besitze zahlreicher Bismarck-Anekdoten. Als eine der drollig­sten, welche der Lord aus seinen eigenen Erlebnissen mit dem Reichskanzler zu er­zählen pflegt, theilt das Berl. Montagsbl. folgende mit: Russell besuchte Bismarck eines Tages in seinem Palais in der Wil- helmstraße, als beide sich persönlich noch nicht besonders nahe gerückt waren, und im Laufe des Gesprächs äußerte der Lord theilnahmsvoll, daß ein Mann wie Bismarck gewiß von lästigen Besuchern überlaufen werde.Wie," frag er,fangen Sie es nur denn an, diese alle los zu werden?" Der Kanzler meinte lächelnd:Da habe ich schon meine Hauemittelchen; z. B. kommt meine Frau herein und pflegt mich unter irgend einem Vorwand abzurufen." Kaum war dieses Wort gesprochen, da öffnet sich die Thür, herein tritt die Fürstin und wendet sich zärtlich an ihren Gemahl: Oltochen, vergib auch »ich!. Deine Medizin einzunehmen!" Der Lord nahm die Sache von der heileren Seite auf und entsernte sich schleunigst.

Es ließ sich Jemand Zollikofers, nach seinem Tode herausgegebene Predigten ein­binden. Da aber auf dem Rücken des Buchs der Raum zu beschränkt war, so druckte der Buchbinder ganz unbefangen nur fol­gende goldene Worte darauf:Zollikofers Predigten nach seinem Tode."

In Berlin kündigte ein Doktor Vor­lesungen über die Frage an;Was der Mensch ist?" Ein Eckensteher bemerkte: Wat der Mensch ißt, weeß man immer; aber wat der Mensch trinkt, det weeß manch» mal der Deubel!"_

Die thätigsten Augen sind dieHühner­augen" denn sie sind beständig auf den Füßen.

Für die Monate November und Dezember nehmen sämmtliche Poststellen, im Bezirk auch durch die Postboten, Bestellungen aus

dcn Enzt Haler

zu 2'g fies Quartalpreises an._^

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.

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