sämmtlichen Gewerbevereinen des Handelskammerbezirks in Form bestimmter Fragebogen gehalten, deren Resultat der Central- stelle für Gewerbe und Handel zur weiteren Begutachtung und Würdigung übermittelt worden ist. Im Großen und Ganzen läßt sich aus dieser Zusammenstellung der Eindruck nicht verkennen, daß die neueste steuerliche Behandlung der Haunrer und Wanderlager in Württemberg bereits nachhaltige Spuren i» dem Umfang des fahrenden Gewerbebetriebs zurückgelaffen hat, obwohl noch tzmmer einzelne Wünsche in dieser Materie zu erfüllen übrig blieben. — Ferner beschloß die Kammer, in nachhaltigster Weise beim deutschen Neichskanzleramte dahin vorstellig zu werden, daß die badische Re gierung veranlaßt werde, den Nachtschnellzug München—Paris auch in dem bevorstehenden Wintcrsahrplan weiter zu führen; sie glaubt in dem Art. 44 der deutschen Reichsverfassung, demzufolge die Eisenbahn- Verwaltungen verpflichtet sind, „die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinandergreifender Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit einzurichlen", eine reichsgesetzliche Verpflichtung in der besagten Richtung zu erkenne». (St.A.)
Stuttgart, 25. Sept. I. M. die Königin sind heute Abend, von Jugenheim kommend, dahier eingetroffen.
Stuttgart, 27. Sept. Das land- wirthschastliche Hauptfest i» Cannstatt ist für heule abbestellt und auf nächsten Montag den 29. (heute) Vormittags, zur gewöhnlichen Zeit verlegt. Ebenso sind die aus Sonntag oen 28. September angesetzt gewesenen Rennen des württembergischen Rennvereins auf Dienstag den 30. Sept. verlegt.
Von der Enz, 25. Sepl. Ochsenwirth Mann von Weiffach bei Vaihingen an d. E. wollte am 22. d. M. auf den Anstand gehen. Er schlug seinen Weg durch die Weinberge ein und stellte sich auf eine Mauer, der Stein, worauf er sich stellte, rutschte aber und Mann fiel rückwärts aus eine» Weinbergspfahl, welcher ihm durch den Alter in de» Unterleib drang. Aerzt- liche Hilfe war alsbald zur Stelle, aber vergebens, denn gestern starb Mann im Alter von 29 Jahren. (W. L.)
Neuenbürg, 27. Sept. Laut Verzeichniß der in der Cannstatter Arisst e l l u n g prämiirlen Aussteller ist dem L a n d w ir t h s ch a f tl i chen Bezirks- Verein Neuenbürg und dem Hrn. Vincenz Weiß Handelsg. in Ottenhau sen je ein III. Preis für Taselfrüchte zuerkannt worden. — Wir freuen uns dieser auszeichnenden Anerkennung und werden sie wohl mit als eine der Folgen der voriges Jahr hier stattgehabten gelungenen Obst ausstellung betrachten dürfen. —
Miszellen.
Aie Seiden Kosen.
(Eine Erzählung aus dem Englischen v. I. I)
(Fortsetzung.)
V.
Die Gesellschaft kehrte sehr spät vom Picknick zurück, weil der Abend so wunderschön kühl und erfrischend nach dem heißen
Julitage war. Der Mond ging prachtvoll hinter den Bergen auf, die den Horizont begrenzten. Es war ein fast vollkommener Tag gewesen, sollkommen gewiß für Rose Kenyon und Geoffrey Neville; sie schienen sich vorgenommen zu haben, den Tag zu genießen; ohne einen Gedanken an die dunkle Zukunst vor ihnen zu hegen. Als Mrs. Geoffrey fand, daß alle ihre Anstrengungen vergebens waren, gab sie sich der Verzweiflung hin, seufzte und sah sehr unglücklich aus und halte anscheinend für nichts Interesse, als für Miß Junes, welcher sie alle Aufmerksamkeit zuwandte, gleichsam als Entschädigung für die schändliche Vernachlässigung von Seiten ihres Sohnes. Sie erhob keinen Widerspruch, als die Rückfahrt ebenso angeordnet wurde, wie die Hinfahrt. Geoffrey fuhr im Triumph mit seinem Schützling fort und Rose wehete ein mulhwilliges Adieu den Andern zu. Sie kamen lange vor den Uebrigen zu Hause an, so rasch brachte Puck sie heim, und als die übrige Gesellschaft eintras, kamen sie aus dem Garte» herbei, wo sie, wie sie sagten, den Mondschein auf dem See beobachtet hatten und ihr großes Erstaune» darüber ausdrückten, daß die Andern so lange unterwegs geblieben waren, was wieder zu einer Auseinandersetzung von Sir James über den Stammbaum und die Vorzüge seiner Pony Veranlassung gab. Geoffrey hörte anscheinend mit großem Interesse zu, wirklich aber verzehrte ihn die Ungeduld.
Die Damen zogen sich zurück.
„O! Liebste, welch' ein wundervoller Tag !" ries Rose Kenyon, sich auf ihr Bett setzenv. „Königin, verweile einen Augenblick und laß ihn uns besprechen; ich bi» nicht im Geringsten müde. Ach! wie habe ch diese arme Mutter gequält!"
„Für welches Amüsement ich bezahle," erwiderte die Cousine lachend. „Sie war den ganzen Tag gegen mich so liebenswürdig und hat mich eingeladen, sie in Neville Court zu besuchen. Ich bin neugierig , ob sie bei unserer Trennung die Einladung wiederholen wird. Sie fragte mich im Vertrauen, ob Du verlobt wärst und ich antwortete, daß ich glaubte. Du wärst es, aber jedenfalls würdest Du es bald sein, worauf sie den Namen des betreffenden Herrn zu erfahren wünschte. Ich war sehr versucht, es zu thnn."
„Rose Kenyon errölhete und legte ihre Hand auf den Mund der Cousine. „Ich werde es ihr Morgen selbst sagen. Oh! Königin, es ist entzückend; ich liebe ihn, als ob ich ihn Jahre lang gekannt hätte. Wie wird der alte Sir James hitzig werden und lärmen und schwatzen über kurze Bekanntschaft u. s. w. Welch' ein lieber alter Prahler er ist, und wie entzückend war er, als er Geof — ich meine Mr. Neville, heute Abend mit den Ponys langweilte. Ich liebe es über Alles in der Welt, die Menschen zu plagen."
„Das fürchte ich, Du unliebenswür- diges Kind!" sagte die Cousins, „und nun gehe zu Bett, ich habe keine Aufregung gehabt um mich wach zu erhalten, gute Nacht!"
(Fortsetzung folgt.)
Eine sehr hübsche Episode aus den Straßburger Manövertagen erzählt ein Corresp. der „Hamb. Nachr." Unweit Wolfisheim bemerkte der Kaiser während einer augenblicklichen Gefechtspause einen in blauer landesüblicher Blouse gekleideten, mit der Ehrenlegion und einigen Kriegsmedaillen dekorirten Mann von kühnem, energischem Gesichtsausdruck und mit einem ^ hölzernen Stelzfuß, der alle Truppenbewegungen mit der schärfsten Aufmerksamkeit verfolgte. Er ritt an ihn heran und trug freundlich in französischer Sprache: „Wo haben Sie gedient und den Fuß ver- loren?" Sich sofort gerade aufrichtend, militärisch saltuirend und den Kaiser fest anblickend, antwortete der Gefragte keck: „Ich diente vierunddreißig Jahre als Corpora! bei dem 2. Zuavenregiment, machte vierzehn Campagnen in Algerien, der Krim, in Italien und Mexiko mit und verlor den Fuß bei Sedan." „Da haben Sie viel durchgemacht, mein Braver", erwiderte freundlich der Kaiser. „Nun, es geht, Sire, es ist gutes Soldatenblut in unserer Familie, mein Vater diente über dreißig Jahre Napoleon le Zranä, ich lange Zeit Napoleon III. und mein ältester Junge, der jetzt bei den Gardcjägern in Berlin steht, wird, will's Gott, dem Kaiser Ouillaumö ebenfalls lange Jahre als Soldat dienen." — Der Kaiser, über diese Antwort sichtlich erfreut, fragte nun: „Kann ich Ihnen irgendwie dienen?" „Nörei, kckon86i8neur", antwortete der Veteran,
„ich erhalte eine gute Jnvalidenpension aus Paris und sonst verdiene ich mir noch Geld durch Korbflechten und hölzerne Schuhe schnitzen, habe ein eigenes Hänschen mit Garten und das genügt für mich und meine Alte vollkommen und wir brauchen nichts." „Sie sind ei» seltener braver Mann und ich habe mich gefreut, Sie kennen gelern» zu haben", sagte der Kaiser, beim Fortreiten freundlich grüßend. Mrei Lire, die Ehre war ganz auf meiner Seite," entgegnen der höfliche Elsäßer.
Ein seltsamer Frohndienst.
In einer kürzlich erschienenen Schrift: „Das Weinland Elsaß", wird folgender Einfall ^ irgend eines speculativen Feudalherrn des > 16. Jahrhunderts erzählt: „Tausend fünf- ^ hundert dreißig und neun galten die Faß mehr als der Wein!" In diesem Jahre kani ein Edelmann, anstatt seinen alten Wein fortzugießen, auf den Gedanken, ihn von seinen Bauern „in der Frohne" austrinken zu lassen. Sie mußten einen Tag Zusammenkommen ; ungemeffen strömte der Wein , in die durstigen Kehlen der Bauern und erhitzte ihre Köpfe. Händel und Vernum- ! düngen gab es dann genug, und die Strafen trugen dem Edelmann als Gerichtsherrn mehr ein, als wenn er den Wein verkauft hätte."
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