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— Nein, nein, armer Mann, Sie um- giebt keine Täuschung! antwortete gerührt Herr Diek. Nehmen Sie die Versicherung, daß mir Sie für schuldlos halten.
Der arme Franz sank nicht dem Manne, der diese Woue sprach zu Füßen; erbrach zusammen wie ein von Anstrengung entkräfteter Meirich. Zitternd ergriff er die Hand des Herrn Diek und bedeckte sie mit Küssen und Thränen. Worte des Dankes konnte er nicht sprechen; die heftige Ge- müthecrreaung hatte die Zunge in Fessel» gelegt. Das war keine Verstellung, das war die unverfälschte Ergießung eines tief erschütterten Herzens.
— Der kann nicht schuldig sein! dachte die Frau vom Hause.
— Stehen Sie doch auf! rief Herr Diek gerührt.
Endlich brach Franz in die Worte aus:
— Gott ist mein Zeuge, daß ich Ihr Mitleiden verdiene!
Nach einigen Minuten saßen sich die drei Personen einander gegenüber. Franz schilderte sein Verhältniß zu Anselm und erzählte die Geschichte von dem Wechsel mit aller Treuherzigkeit, die seinem Wescn eigen war.
— Halten Sie meinen Sohn für einen Betrüger? fragte ernst Herr Diek.
— Ich halte ihn nicht für fähig, mir, seinem Freunde Unglück zu bereiten.
— Aber ist es möglich, daß ein Frem der falsche Wechsel tertigen kann?
— Nach niemer Ansicht ist es nicht möglich! antwortete Franz entschieden und fest. Auch ich habe mich täuschen lassen, habe das Papier für echt gehalten. Vielleicht ist auch Anselm getäuscht.
— Lermulhen Sie von wem?
— Ich habe keine Veimuthung, mein Herr!
— Und was halten Sie von dem räthselhasten Verschwinden meines Sohnes? fragte die Mutter.
— Dasselbe, was ich von meiner Ver. urtheilung halte — es ist mir unerklärlich.
— Genug, sagte Herr Diek, unsere Weisheit ist zu Endes Ueberlaffen mir es der Gerechtigkeit Gottes, Licht in diese finstere, unheilvolle Sache zu senden. Sie leiden mit uns, Herr Wiemann, denn Sie haben nicht «ur Ihre bürgerliche Stellung verloren, Ihre Ehre, Ihren guten Ruf. sondern auch die Familie. Der Schein ist nicht minder gegen Sie als gegen meinen Sohn. Spreche ich Anselm frei, muß ich auch Sie mit sreisprechen, und ich hege die Ueberzeugung, daß ich ihn nicht zum Betrüger erzogen habe. In drei Monaten trete ich aus dem Geschäfte zurück, und in zehn bis zwölf Tagen verlasse ich Ham bürg, um im Haag zu wohnen. Ich bedarf eines Correspondenten, der mir von den Vorgängen hier am Orte Nachricht giebt. Sollte Anselm sich hier zeigen, so wird er sich zunächst an Sie wenden. Wollen Sie mein Correspondent sein?
— Ich suche eine Beschäftigung ...
— Seien Sie thälig in der Aufsuchung meines Sohnes, melden Sie es mir, wenn sich irgend eine Spur zeigt und ich zahle Ihnen einen Monatsgehalt von hundert Mark. Empfangen See ihr Salair auf ein Vierteljahr voraus.
Herr Diek legte das Geld auf den Tisch.
— Stellt es sich heraus, fuhr er fort, daß er mehr als leichtsinnig gewesen, so kündigen Sie ihm an, daß ihn sein Vater verstoßen habe; ist er aber das Opfer einer Jnlrigue, so kommen Sie mit ihm nach dem Haag, und beide Unglücksgenoffen werden eine freundliche Aufnahme finden. Kein Wort, keinen Dank — wir sind uns gegenseitig nützlich.
Franz empfing das Geld, versprach die regste Thätigkeit und ward mit dem Segen der beiden Gatten entlassen. Zu schwach, um den Weg zu Fuß zu machen, nahm er sich einen Fiaker. Vor dem Hause Nolands ließ er halten. Wie ein Dieb sch.ich er sich nach Daniel's Stübchen, um dem Greise die Freudenbotschaft zu ver- künden. Ihm fiel ein, ob es nicht besser sei, die Sache als ein Geheimniß zu betrachte». Da er einmal an der Thür stand, öffnete er. Daniel schien ihn erwartet zu habe«.
(Fortsetzung folgt.)
Um Hühner vom Ungeziefer zu befreien, sollen nach der „Deutschen landw. Presse" Abends Erlenzweige in den Stall gelegt, vortreffliche Dienste leisten. Die Hühner läuse lieben den Geruch der Erlen außerordentlich und sammeln sich deßhalb während der Nacht aus de» Zweigen, welche am Morgen verbrannt werden müssen. (W. L.)
Als Curiosum und zugleich als eklatantes Anzeichen der ganz abnormen Witterungsverhältniffe mag erwähnt werden, daß in den letzten Regentagen einige Stunden oberhalb Würzburg die Bauersleute beim Kornichnitt Mäntel.trugen, um sich gegen die Kälte zu schützen; bei Prosselsheim, Seligenstadt, Vogelsburg u. s. w. trugen alle Bauern Mäntel beim Ackern. So geschehen im Sommer 1879.
(Ordnung muß sein!) Die „Flensburger Ztg." meldet: Der hiesige Fabrikant S. hat im vorigen Jahre 21 zu viel an die Staatskasse gezahlt. Nachdem dies am Schluffe des Rechnungsjahres in Schleswig testgestellt ist, sendet man den Betrag ab züglich der Frankatur für die Postanweisung (dekantlich 20) mit 1, sage und schreibe einen Pfennig hierher. Der Postbote trägt diese Summe in das Haus des Adressaten und erbittet sich die gesetzlichen 5 ^ Bestellgeld.
(Eine zutreffende Antwort.) Als unlängst ein Lehrer in E. bei Behandlung der Geschichte Eberhards im Bart auch die Abschaffung der Jahrmärkte an Festtagen zur Sprache brachte, stellte er an seine Schülerinnen die Frage, aus welchem Grunde dies wohl geschehen sei. Da auf diese Frage keine Antwort erfolgte stellte er die weitere Frage: „Nun, was ist denn an einem Jahrmakt der Fall?" „Es regnet", lautete die Antwort eines Mädchens.
Ein Unterrichtsminister, der kaum schreiben kann. In einer Schilderung des neuen bulgarischen Ministeriums erzählt der Tir- nowaer Correspondent des Petersburger „Nowoje Wrema" unterm 2l. d., daß der
neu ernannte bulgarische Cultus- und Unter« - richlsminister Joakim Grujeff nur die ! Elementarschule absolvirt habe und kaum lesen und schreiben könne.
In einem fröhlichen Gesellschaftskreise wurden unter Anderem auch Räthsel auf- gegeben, woran sich Alle sehr belustigten. So fragte Einer: „Welcher Unterschied ist zwischen einem Licht und einer Frau?" Die Antwort: „Wenn man das Licht putzt, brennt cs besser, putzt man aber eine Frau, bann geht sie aus," erregte allgemeine Heiterkeit.
(Charakteristik.) Landgraf Philipp von Hessen schrieb an Herzog Christoph von Württemberg von seinem jungen Prinzen, den er ihm zum Tochtermann zudachte: „Er ist zwar ein störrischer, zorniger Kopf, ein Trinker, Spieler und Nachtschwärmer, aber sonst ein recht frommer, treuer, guter junger Mensch!"
Erinncrungstllgr 1870.
8. Depesche vom Kriegs-Schauplatz:
„Siegreiche Sch acht bei Wörth. Mac
Mahon mit dem größten Theile meiner Armee vollständig geschlagen. Franzosen auf Bitsch zurück.eworfen. Auf dem Schlachtfelde bei Wörih, 6. August, 44/, Uhr Nachmittags. Friedrich Wilhelm, Kronprinz."
9. Depesche vom Kriegs-Schauplatz:
„Mainz, ben 6. August, Abends 6 Uhr
10 Minuten. Die französische Armee hat auf der ganzen Linie Kehrt gemacht und ist auf dem Rückzuge ins Innere begriffen. Auch das nach der berühmten Schlacht der brei französischen Divisionen gegen drei preußische Compagnien von den Franzosen besetzte Saarbrücken haben dieselben wieder geräumt, vor ihrem Abzüge aber diese offene und wohlhabende Stadt in Brand gesteckt. Auf ihrem Rückzüge haben sie von den nahen Bergen dem angelegten Feuer durch Brandkugeln nachgeholsen."
10. Depesche vom Kriegs-Schauplatz.
Mainz, ben 6. August, Abends 9 Uhr.
Die Teten dcr preußischen Colonncn hatten sich am 5. der Saar genähert, heule früh traf General von Kamecke westlich Saarbrück den Feind in starker Stellung auf den Bergen bei Spicheren und ging sofort zum Angriff über. Auf den Kanonendonner eilten Abtheilungen der Divisionen Barneckow und Stülpnagel eben dahin, General v. Gäben übernahm das Commando und gelang es nach sehr heftigem Kampfe die von Seiten des französischen Corps Froffard besetzte Position zu erstürmen. General v. Francois und Oberst v. Reuter verwundet.
Kronprinz meldet vom 6. Abends: In siegreicher Schlacht über Mac Mahon, dessen Corps verstärkt durch Divisionen der Corps de Failly und Canrobert, 2 Adler, 6 Mi« traiileusen und einige 30 Geschütze, genommen, über 4000 Gefangene vorläufig gezählt. General Bose verwundet. General K'.rchbach kommandirle wieder sein Corps. Beiderseits starke Verluste.
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Geldkurs der StaatSkasscnverwaltung
vom 23. Juli 1879. 2o-Frsnkenstücke . . 16 18
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Ai e e h in Neuenbürg.