Oesterreich.

Innsbruck, 27. Juli. Die evange- lische Gemeinde Innsbruck hat heute die feierliche Grundsteinlegung der ersten prote stantischen Kirche Tyrols vollzögen.

MisMeu.

Vater und Sohn.

Triminal-Novelle v. August Schräder.

(Fortsetzung.)

Er ging langsam in dem Gewühle weiter. Da kam er an dem Comptoir des Banquiers vorüber, in dessen Hand er den verhäng- nißoollen Wechsel geiegt hatte. Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust, denn er mußte sich die Frage vorlegen: WaS nun beginnen? Eine Erwerbsquelle zu suchen, gebot um so mehr die Nothwendigkeit, da er vom erste» Mai an für sein Kind zu sorgen hatte. Aber welcher Geschäftsmann würde de» Wechselsälscher und den muth mählichen Mörder Anselm Diek's aufnehmen? Das Ergebniß war zu bekannt, als daß er hoffen durfte, eine iheilnehmende Seele in seiner Vaterstadt zu finden. Die Lag» war trostlos. Franz war mehr als ein Frem­der in seiner Heimath, er war ein verab­scheuter Mensch. Wer sollte ihm in der nächsten Nacht ein Obdach gewähren? Er erinnerte sich der Freunde, die er in der glücklichen Zeit gehabt; eS waren derer nur wenig, da er stets eingezogen gelebt; aber keinen hielt er des Erbarmens fähig, dessen er bedurfte. Paul Roland war durch häusliche Beziehungen sein vertrau­tester Freund gewesen; aber Paul wollte ja Gertrud heirathen, diesem konnte er sich nicht nähern. Ihm blieb nichts übrig, als eine Knelpe der Vorstadt St. Pauli auf zusuchen, in der wüste Matrosen die Nacht über ihre Orgien feierten. Das Geschenk des alten Daniel erlaubte ihm, einige Aus­gaben zu machen. Schleichend, wie ein Kranker, verfolgte er den Weg nach der Vorstadt, die er gegen Mittag erreichte, ohne daß ihm ein Bekannter begegnet war.

VI.

Wir begleiten die beiden Damen.

Dcr Wagen rollte durch die Vorstadt St. Pauli und kam endlich, nachdem er Altona hinter sich halte, auf die schöne Straße, die zu den Landsitzen an der Elbe führt. Hier entfaltet die Aristokratie Ham­burgs für den Sornnur ihre Pracht. Man sieht Villen, die an Geschmack und Comsort nichts zu wünschen übrig lassen. Alle liegen unmittelbar am Ufer der Elbe und bieten reizende Aussichten über den breiten Strom, welcher große Dampfer und majestätische Segelschiffe trägt. Nach einer Stunde fuhr der Wagen in den Hof eines der reizendsten Landhäuser. Auf dem Perron stand Paul, der Advokat. Er halte die Ankunft der Damen erwartet.

Hier bringe ich dir eine der Welt Zurückgegebene! sagte Klara lächelnd.

Paul, elegant gerleidet, bot Gertrud den Arm, indem er fragte:

Ist es denn so schwer, dieser schönen Welt Geschmack abzugewinne»?

Für eine Person, die so wenig kennt, allerdings nicht leicht, antwortete Gertrud.

Erlauben Sie mir, daß ich diese Bekanntschaft vermittle. Sie haben bisher

gelitten von nun an wird sich Ihnen nur Freude bieten.

Die Gesellschaft befand sich in einem nach englischer Manier eingerichteten Salon, durch die geöffneten Thüren des Balkons, vcr nach der Elbe hinausging, drang die warme Frühlingslust. Ein Dampfer, besten Verdeck mit Auswanderern angefüllt war, schoß den Strom herab. Kleine Segel­schiffe kämpften mühsam gegen die Finthen an, um den Hafen zu erreichen. Nachdem man eine Zeit lang dem belebten Schau­spiele zugesehen, kündigte ein Diener an, oaß das Frühstück servirt sei.

Während Gertrud »och sinnend auf dem Balkon stand, fand Klara Gelegenheit, mit ihrem Bruder leise ein Gespräch zu führen.

Paul, flüsterte sie, Franz ist wieder frei.

Seit wann?

Ich weiß es nicht.

Wer sagte es dir. Klara?

Ich befand mich diesen Morgen, um sie abzuholen, in Gertrud's Zimmer. Da ward die G ocke gezogen. Gertrud öffnete, und ich hörte die Stimme unseres früheren Kassiers.

Was wollte er?

Er fragte nach seinem Kinde.

Wie benahm sich Gertrud?

Vortrefflich! Sie wies ihn kalt und rast mit harten Worten ab, ohne ihn das Zimmer betreten zu lasten. Als sie zurück- kam, sprach sie ibre Verwunderung darüber aus, daß der Mann der sie mit Schmach beladen, es noch wagte, sie auszusuchen. Dann bat sie mich dringend, ihr eine andere Wohnung zu verschaffen.

Du wirst mein Landhaus mit ihr bewohnen; sie darf nur dann erst nach der Stadt zurückkehren. wenn sie meine Frau ist.

Wir werden heute die Angelegen­heit ordnen.

Mau ging zu Tische. Wenn Franz seine Gattin jetzt gesehen hätte! Sie war heiler, sprach viel und scherzte selbst mit Klara, die ihr ernstes, gemessenes Wesen abgelegt hatte. Der Champagner lhat seine Wirkung, er stimmte zur Freude. Die junge Frau, reizend schön, glühte wie eine Rose. Niemand würde geglaubt haben, daß sie die Mutter eines vierjährigen Kin­des sei.

So gefällst Du mir! rief ihr Klara z«. Ich habe stets behauptet, daß du früher nicht an deinem Platze gewesen.

Ach ja, hier muß man sich wohl fühlen! sagte Gertrud. Du hast mich wie­der zum Leben erweckt. Ich werde ewig deine dankbare Schuldnerin bleiben.

Du hast deine Schuld schon zur Hälfte gelöst.

Wie?

Mein Bruder liebt dich; du trägst seinen Verlobungsring am Finger mache Hochzeit, und tilge so die zweite Hälfte der Schuld. Ich muß nur für den guten Paul sprechen, der in seiner Bräutigams­schüchternheit meint, er dürfe nicht auf Eile dringen.

Gertrud senkte die Augen.

Wenn ich bedenke, daß ich eine arme und geschiedene Frau eines Ver brechers bin . . .

Gertrud, rief Paul, Sie haben mir Ihr Wort gegeben, diese» Punkt nicht zu be­rühren. Ich weiß, daß Ihnen die Schuld an der ersten Heiralh nicht beizumesten ist. Ihr Schicksal rührte mich, aus dem Mit­leids» wurde Freundschaft, und aus der Freundschaft Liebe. Die wahre Liebe sieht nicht auf Glücksumstände und bedarf ich des Vermögens? Wäre mein Vater auch nicht der reiche Kaufmann, meine Praxis sichert mir ein respektables Ein­kommen. Der größte Vortheil, den der Reichthum gewährt, ist der, daß er Unab­hängig in jeder Beziehung schafft. Finde ich die Dame meines Herzens arm und elend ich kann sie wählen, ohne nach der Mitgift zu fragen. Und Sie, Gertrud, bringen mir einen Schatz an Liebenswür­digkeit und Schönheit!

Er küßte innig die Hand der erglühen­den jungen Freu.

Gertrud weinte. Wem galten ihre Thräne» ? Klara und Paul nahmen sie für Thränen des Glücks, der Rührung und der Dankbarkeit.

Nehmen Sie mich hin. mein lieber Freund, flüsterte sie: ich werde mich be­mühe», Ihnen dankbar zu sein.

Der entzückte Advokat drückte den ersten Kuß auf die schwellenden Lippen Genruds. Dann ward der Plan verabredet, die Hoch­zeit in alUr Stille in dem Landhause zu leiern und die Trauung in der Kirche des nächsten Dorfes voll stehen zu lassen.

Deine Sachen sind gepackt, sagte Klara, wir lassen sie. statt in unser Haus, hierher schaffen. Ich bleibe bei Dir, denn ich bedarf der Erholung aus dem Lande.

Der Advokat machte mit Gertrud einen Spaziergang durch den Garten, der sich an dem User der Elbe hinzog; dann fuhr er nach der Stadl zurück, wohin ihn dringende Geschäfte riefen. Die von den beiden Frauen empfangenen Aufträge versprach er pünktlich zu besorgen.

(Fortsetzung folgt.)

^Kindliche Anschauung.^ . Ein Regiment Soldaten zicht mit klingendem Spiel vor­über.Sage mir doch, liebe Mama," bittet der kleine Toni,wozu sind denn die Soldaten da, die keine Musik machen?"

(Zum sogenanntenSteuer"-Aufschlag). In einen Laden in Bonn tritt Jemand und verlangt ein Päckchen Tabak. Das Päckchen wird gereicht und der Empfänger legt die gewohnten 20 Npf. auf den Laden­tisch.Entschuldigen Sie. der Tabak kostet jetzt 24 Npt."'Webhalb?Wegen des Steuerausschlages!"So, ist dies denn bereits versteuerter Tabak?"Jawohl, frische Sendung, gestern empfangen." Be- daure, dann ist mir der Tabak zu frisch." Sprach's, ging von dannen und deckte seinen Rauchbedarf in einem andern Hause zu altem Preise.

Für die Monate August und September nehmen sämmtliche Poststellen, im Bezirk auch durch die Postboten, Bestellungen auf

den Enzthälcr

zu des Quartalpreises an.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.

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