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milie er opfern solle. Das Weib erklärte, sich in jedem Falle fügen zu wollen und als Freemann die fünfjährige Edith wählte, willigte die Mutter ohne Zaudern ein, der Mann nahm das schlafende Kind, das aller Liebling war, aus seinem Bettchen, trug es in die Küche und stieß ihm dort ein Fleischermesser in die Brust. Das Kind war sofort lodt. „Am drillen Tage wird es auferstehn", iagte der Fanatiker, schmückte einen Tisch allarähnlich. legte die Ermordete darauf und erfüllte seine Dienstpflicht, als sei Nichts vorgesallen. Am Nachmittage stellten sich die geladenen Advenlisten ein, priesen Freemann wegen seiner Thal als einen frommen Mann und gelobten Schwei gen. Ein junges Mädchen plauderte jedoch die grausige Geschichte aus und das Ehepaar wurde verhaftet. Am dritten Tage fand die Begräbnißfeierlichkeit in der Metho- distenkirche statt, deren Pastor sowie ein ihm befreundeter Baptistenprediger Ansprachen hielten, in denen sie nicht einmal ein Tadelswort an die Advenlisten richteten. Auf dem Friedhofe hielt dann ein Mitglied der fanatischen Sekte, Leichenbestatter Davis, eine Rede, rechtfertigte das Motiv der Mordthat und kündigte an, daß die Adventisten im nächsten Monate ein zehntägiges Camp- Meeting über dem Grabe halten werden. Die Advenlisten sagen, die nicht erfolgte Auferstehung sei kein Beweis gegen ihre Lehre, den» Gott würde sein Versprechen auf andere Weise erfüllen. Freemann bereut nicht, sondern hält sich für einen Märtyrer und seine Sekte theilt diese Auffassung. Es ist das dieselbe Sekte, welcher bei einer im vorigen Herbst zu Newyork abgehaltenen Konvention die berühmtesten Sektenprediger deitraten, darunter viele Methodisten, Presbyterianer, Episkopale und Baptisten, darunter auch der „berühmte Evangelist" Moody.
Miszellen.
<L i u d e r h o f.
(Schluß.)
Durch einen etwas gewundenen Eingang gelangt man durch noch mehrere kleinere Grotten in die Hauptgrotte, deren Decke durch mehrere riesige Stalakiten getragen wird. Den Boden dieses großen Raumes bildet ein keiner unterirdischer See, dessen Wasser durch Licht, das mittelst großer Spiegelglastafeln von unten einsällt, beleuchtet werden kann. Hierdurch wird eine Färbung des Wassers erzielt, wie sie nur noch in der blauen Grotte auf Capri vorkommt.
An der Wand gegenüber dem Eingang ist ein großes Gemälde angebracht, den Venusderg aus Tannhäuser darstellend. Auf den Wellen schaukelt sich eine reich vergoldete Gondel. Hinter den künstlichen Felsen sind große Oefen angebracht, durch welche die. ganze Grotte geheizt werden kann; ebenso sind die großen eisernen Reservoirs, die den Grottensee speisen, heizbar. Diese Grotte kann auch von allen Seiten mittelst verschiedenfarbigem Licht erhell! werden.
Verlassen wir diese unterirdische Wunderwelt, so blinkt uns beim Austritt ins Freie der Kiosk, ein viereckiger Bau ans Eisen, weiß angestrichen, mit einer großen und
vier kleineren vergoldeten Kuppeln versehen, entgegen, der auf zwei Terrassen am Waldsaum erbaut ist und sich grell von dem dunkelgrünen Hintergrund des Waldes abhedt. Beim Eintritt bleiben wir erstaunt von der Pracht der inneren Ausstattung stehen. In der Milte erhebt sich ein Marmorbrunnen, einen indischen Tempel im Kleinen darstellend, dessen Wasserstrahlen erquickende Kühlung verbreiten. Die Wände sind geziert mit orientalischen Vasen und Fächern von großen Slraußfedern. Das Licht fällt durch farbige Mosaikfenster ein, welche mit schweren, aus rolher und blauer Seide und mit Gold durchwirkten dreifachen Gar. dinen versehen sind. In diesen Farben ist das ganze Innere ausgeführt. An der Rückwand, welche 'durch einen halbkreisförmigen Ausbau unterbrochen ist, befindet sich ein Ruhebett, und darüber ein Pfau, dessen ausgespanntes Rad, ganz aus verschiedenfarbigen Steinchen gebildet, in allen Farben schimmert. Alles strotzt von wahrhaft königlicher Pracht, und mag namentlich Nachts, wenn das Ganze von außen an den Fenstern angebrachten Beleuchtungs- Apparaten erhellt wird, wundervoll sein.
Nach einigen hundert Schritten haben wir das andere Thor des Parkes erreich! und befinden uns wieder auf der einsamen Landstraße, darüber nachdenkend, ob uns nicht blos unsere Fantasie ein Märchen aus Tausend und einer Nacht vorgezaubert habe; doch ein einfacher Reisewagen, gezogen von zwei feurigen Braunen, die in schnellem Lause an uns vorbeieilen und dessen Insasse unseren Gruß freundlich erwidert, belehrt uns eines Besseren: Es war der König.
(Behandlung der Milch). Die Stuttgarter Milchkuranstalt gibt mit Rücksicht auf die eingelretene wärmere Witterung Folgendes zur Beachtung: I) Unbedingte Reinhaltung der Gefässe ist die nothwendige Voraussetzung für Bewahrung einer guten Milch. Die geringsten Milchspuren, welche in einem entleerten Gesäße zurückbleiben, verfallen der Säuerung und übertragen diese auf alle wieder eingesüllte Milch. Die Flaschen sollten gleich nach Empfang in ein anderes Gefäß entleert und sorgfältig gereinigt werden. Es ist darauf zu halten, daß nicht nur das Innere der Flasche ausgespült, sondern auch ihre äußere Fläche nebst dem Deckel gesäubert wird. 2) Die nicht sofort verwendete Milch muß — zur Vermeidung der Säuerung — alsbald abgekocht und dann offen, an einem luftigen Ort, so gut als thunlich kaltgestellt werden. Die Nähe von Gewürzen und Speisen ist dabei zu vermeiden, weil die Milch in hohem Grade die Eigenschaft besitzt, Riechstoffe und andere flüchtige Substanzen in sich aufzunehmen. Zur Aufbewahrung der Milch geeignet sind: Porzellan oder irdene Geschirre; dagegen sind Metallgefäße thunlichst zu vermeiden. 3) Als Nahrungsmittel für kleine Kinder bedarf die Milch einer Verdünnung mittelst abgekochtem Trinkwasser. Man gibt neugeborenen Kindern zwei Theile Wasser auf einen Theil Milch oder gleiche Theile Wasser und Milch. Nur allmälig — nach ärztlicher Anweisung — wird der Wasserzusatz vermindert, bis er zuletzt ganz
aushört. Das Wasser wird nicht dem ganzen Milchvorrath beigemischt, sonvern immer nur der Portion, die das Kind eben trinken soll. Um der Frauenmilch möglichst ähnlich zu werden, muß die Kuhmilch-ferner noch einen Zusatz von etwas wenigem Zucker erhalten. 4) Die »öthige Erwärmung jeder einzelnen Milchportion geschieht entweder durch Beimischung des heißen Wassers, oder dadurch, daß die gefüllte Trinkflasche in heißes Wasser eingestellt wird; auf das Feuer darf die Milch nach der einmal geschehenen Abkochung nicht nochmals kommen. Selbstverständlich muß die Trinkflasche mit allem Zubehör in der strengsten Weise sauber gehalten werden.
Jemand kauft in einem Möbelmagazin ein graziöses, geschnitztes Tabouret. Stolz zeigt er es einem Freund, der es in Augenschein nimmt und sich daun darauf setzen will, das Tabouret bricht jedoch sofort unter ihm zusammen. Der unglückliche Inhaber packt die Nudera auf und begibt sich damit wieder in das Magazin, um sich über diese leichtfertige Arbeit zu beklagen. Erstaunt betrachtet der Mobiiienverkäufer das zerbrochene Tabouret und kann nicht begreifen, wie es in diesen Zustand versetzt sei. — „Ja, mein Herr," nimmt nun der Käufer das Wort, „mein Freund saß noch nicht einmal ordentlich darauf, da brach es schon zusammen." — „„Saß daraus!"" ruft entsetzt der Inhaber des Magazins. „Wer in aller Welt hat Ihnen denn gesagt. daß solche Dinger zum Daraufsitzen sind?"
(Zur Honorarsrage der Aerzte.) „Ihre Heiserkeit ist vollkommen gehoben, meine Gnädige, Sie können jeden Augenblick wieder auftreten. Gelegentlich bin ich so frei, hier meine seit zwei Jahren bei Ihnen gemachten Visiten zu notiren!" — „Aber Doktorchen, Sie werden doch von mir kein Honorar verlangen? Alle Welt zahlt, um mich zu sehen, die enormsten Eintrittspreise im Theater, und ich lasse mich vor Ihnen täglich gratis sehen!"
(Der bibelfeste Generalpostmeister.) Aus Anlaß der in Javlone im Wollsteiner Kreise errichteten Telegraphenbetriebsstelle war, wie die „Pos. Ztg." meldet, an den Generalpostmeister Dr. Stephan folgendes Telegramm abgesaudt worden: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und die Veste kündiget seiner Hände Werk. Ein Tag sagt es dem andern und eine Nacht thut es kund der andern. Es ist keine Sprache noch Rede, da man ihre Stimme höre." Unfern wärmsten Dank für die in Jablone errichtete Telegraphenbetriebsstelle. — Die Antwort hierauf lautete: „Herrn Major Grafen v. Schlieffen, Jablone. Verbindlichsten Dank für das freundliche Begrüßungs-Telegramm. Ich antworte Ihnen mit Psalm 33: „Siehe des Herrn Auge sieht auf die, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen, daß er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Theuerung". vr. Stephan.
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