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Königin Katharina gegründeten Katharinenhospitale einen Beitrag zur Gründung einer Freistelle stifteten und haben Ihre Majestät zu diesem Zweck obendesagte Summe der ZeiUralleitvng des Wohlthätigkeils- vereins zu überweisen angeordnet. (S. M.)
Stuttgart, 12. Mai. Die Vermählung des Herzogs Georg von Leuchtenberg mit der Prinzessin Therese von Oldenburg hat gest-rn in Gegenwart der Maje stäten und des Hofs programmgemäs stattgefunden.
Stuttgart, 12. Mai. Der Generaldirektor der Verkehrsanstalten, Geheimerrath v. Dillenius, ist am Sonntag, 11. Mai, nach Berlin abgereist, um an de» Verhandlungen des außerordentlichen Bundes- raths-Austchusses für die Regelung des Gütcrlarifwesens Theil zu nehmen.
F r i e d r i ch s h af e n, 8. Mai, Gestern wurden nach dem „O. A." längs dem wärt tembergischen Bodenseeufer von Fischer Nagel dahier einige Tausend 4 — 5 Centimeter lange junge Aale, aus der Fischbrntanstalt St. Ludwig im Elsaß stammend, in den See eingesetzt. Die Verpflanzung erfolgte auf Anordnung des Präsidenten des „deutschen Fiicher-Vereins" Herrn von Behr- Schmoldow. Wenn sich dieses Versetzen in den See bewährt, dann stehen weitere Brul- zusendnngen in Aussicht.
Ludwigs bürg, 12. Mai. Die Würltembergische Artilleriebrigade, bestehend, aus den Feldartilleriercgimentern Nr. 13 und Nr. 29 und dem Würlt. Fuß- artilleriebalaillon Nr. 13 wird in diesem Jahr zur Abhaltung ihrer Schießübungen das bei Darmstadt gelegene Griesheimer Lager schon am 4. Juni beziehen und bis 29. Juni dort verbleiben. Wie verlautet wird sowohl der Hin- als der Rückweg Mit der Elsenbahn zurückgelegt.
Wildbad, 11. Mai. Se. Kaiser!. Hoh. Prinz Peter von Oldenburg mit Gefolge und Dienerschaft haben auf Montag den 12. ds. im Hotel Klumpp Wohnung bestellt. (S.,M.)
Wildbad, 12. Mai. Ein seit 1855 unserem Wildbad jedes Jahr treu gebliebener Badgast Se. Kais. Hoh. der Prinz Peter von Oldenburg ist heute Abend kurz vor 8 Uhr von Pforzheim mit Extragefährt, da man nach dem Winterfahrplan von Nachmittags 3 Uhr an bis Abends halb II Uhr mit einem Bahnzug nicht mehr hier ankommen kann, mit hohem Gefolge wohlbehalten hierangelangt. Soviel man hört, soll dieser hohe Besuch für jetzt blos auf einige Tage bemessen sein, und da Se. K. H. ein großer Musikfreund ist, besonders unserer allbewährten Kapelle und unserem Kapellmeister gelten. (S. M.)
Neuenbürg, 13. Mai. Wer gegenwärtig die Markungen, besonders des untern Amtes begeht, ist erstaunt, nach den bisherigen kühlen Tagen die Blüten der Obstbäume in seltener Fülle und Pracht zu sehen. Kundige Landwirthe halten dafür, daß die Entwicklung des Obstes zwar etwas später wie sonst vor sich gehe, im Allgemeinen aber nicht benachtheiligt sei. Die Gräser und einige Feldsrüchte seien freilich noch zurück, dafür hätte uns die kühle T-mperalur von Maikäfern, Raupen und anderem schädlichen Jniektenvolk für jetzt
aänzlich befreit, was anderweiten reichlichen Ersatz gewähre und zu neuen Hoffnungen berechtige.
* N e u e » b ü r g , 15. Mai. Wir machen darauf aufmerksam, daß alle Diejenigen, welche sich nach Pforzheim zu dem Feste begeben, dies nicht in Begleitung von Vierfüßlern thun, die der Spezies der Hunde angehören, oder sie mit einem Maul korb zu versehen, da laut bezirksamtlicher Verfügung daselbst Hundsperre angeordnet tst.
Schweiz.
Bern, 10. Mai. Gestern mußte die Post aus der Südseite des Gotthard wegen eines Lavinensturzes wieder nach Alrolo zurückkehren. Der „Urn. Ztg." zufolge soll am Gotthard an einigen Stelle» der Schnee 30- 35 Fuß hoch liegen.
MisMen.
Auf dem Volkggtfangfejl.
(Fortsetzung.)
„Aus Ihren Worten geht hervor," sich-. Mad. Pfeffer fort, daß Sie für Ihre Per son nicht zu den Festtheilnehmern, den Sängern, gehören, aber Sie haben in Ihren, Leben vielleicht einmal Gelegenheit gehabt, zu beobachten, welche Verheerungen die Leidenschaft für den Gesang in der Familie anrichten kann?"
Obgleich ich Mad. Pfeffer nicht ganz verstand, betheuerte ich doch, daß mir einige derartige Fülle von verderblicher Gesangleidenschaft bekannt seien.
„Es handelt sich um einen jungen Mann," sagte die beredte Rentiere, „der seit gerann,er Zeit in unserem Hause Zutritt und gegründete Aussicht hat, uns in einigen Monaten noch näher zu stehen. Meine Elisabeth ..."
„Aber Mama!" unterbrach sie die Jungfrau mit leichtem Errölhen.
„Schweig mein Kind!" gebot die Mama, „Du brauchst Dich nicht zu schämen, wir sprechen mit einem verbeiralheten Herrn, es handelt sich nur um Familienangelegenheiten. Wozu hinter dem Berge halten, mein Herr, der junge Mann ist seil Pfingsten der Verlobte meiner Elisabeth!"
Es schien mir nothwendig meine Gratulation darzubringen, aber sie machte weder aus die Mutter, noch auf die Tochter, einen angemessenen freudigen Eindruck.
„Wir haben im Ganzen keine Ursache, über unseren Verlobten Klage zu führen," sagte Mad. Pfeffer mit strengem Ton, moralisch läßt er sich nichts, musikalisch desto mehr zu Schulden kommen."
Wahrfcheinlich muß mein Gefichtsaus- druck nicht ausreichend intelligent gewesen sein, denn die Rentiere setzte mit belehrendem Nachdruck hinzu:
„Agent Selters, so heißt mein künftiger Schwiegersohn, ist Sänger, leidenschaftlicher Sänger. Er ist diesem Laster auf seinen früheren Reisen verfallen!"
„Aber Madame", sagte ich erstaunt, „Sie bedienen sich eines harten Wortes; die Ausübung einer harmlosen Kunst kann doch nie in Laster ausarten!"
„Je nachdem" , rief Madame Pfeffer mit lauter Stimme, „ich nenne Alles Laster, was den Menschen von seinen Berufsge schäften abzieht. Ich gebe auch zu, daß
die Leidenschaft für den Gesang unter Um. ständen eine Tugend sein kann. Es kommt aber Alles auf die Zeit, den Zweck und den Mann an. Mein Neffe, der blonde Pfeffer, Reisender für ein Korinthen- und Rosinenhaus singt auch. Der blonde Pfeffer ist überall dabei, aber er behält immer das Geschäft im Auge. Sehen Sie, das ist mein Mann, den lasse ich mir gefallen. Er gehört zu wenigstens zwanzig deutschen Gesangvereinen, und doch singt er nur der besseren Geschäftsverbindungen wegen. Wst oft hat er mich versichert, daß er durch dis gemachten Bekanntschaften jährlich Tausends verdiene. Der blonde Pfeffer gehört auch zu den Freimaurern, aber er sagt stets, als Mitglied von Gesangsvereinen stehe er sich geschäftlich besser; er habe mit einem praktischeren Publikum zu ihun!"
„Und worin unterscheidet sich denn Herr Agent Selters von Ihrem Herrn Neffen?" fragte ich schüchtern.
„Selters ist der reine Kunstfreund! er lebt nur im Gesänge, er vernachlässigt seine Gänge, seine Correfpondenzen, er vernachlässigt selbst uns — meine Tochter!" setzte Mad. Pfeffer verbessernd hinzu, und Elisabeth stwß einen tiefen Seufzer aus. „Wir würden weniger unglücklich sein, wenn Selters leidenschaftlich gern Karten spielte. Eine Partie Boston oder Whist läßt sich rasch arrangiren und ich selber würde ihn mit Vergnügen darin unterstützen, aber diese unfruchtbare Leidenschaft!"
„Wir sind seines Besuches nie gewiß!" flüsterte Elisabeth, da die Beisitzer km Coupe die Ohren zu spitzen begangen. „Er kommt spät, oder geht frühe, daran hat er uns schon gewöhnt, er zieht aus einem Gesangverein in den andern, sein Tenor ist überall beliebt, diese Berühmtheit ist mein Unglück!" „Selters hat es sogar schon durchgesetzt, in der Oper Vormittags Probe zu singen !" fügte die Mama mit tiefer Entrüstung hinzu.
„Uno scheint durchgesaüen zu sein?" fragte ich mit der nölhigen Vorsicht.
„Die Stimme war nicht stark genug, und der Vortrag ließ Manches zu wünschen übrig", beschönigte Elisabeth den verunglückten Ehrgeiz des Säugers. „L ie werden mir als vernünftiger Mann zugeben, daß es eben so unerträglich ist, wenn ein Bräutigam fortwährend auf dem Sprunge steht, als wenn man ihm, um seine verehrte Gegenwart zu genießen, eine» Mänuerchor, oder doch ein Quartett einladen muß," sagte Mad. Pfeffer, „es sind damit zu viele Unbequemlichkeiten verbunden. Ich bin weit von aller Knickerei entfernt, aber sicher feindliche Einquartirung, als Sänger. Soldaten kann man satt machen, aber Sänger . . . ."
„Liebe Mama, ich bitte Dich! flehte Elisabeth, mit einem ängstlichen Blicke auf die Nachbarschaft.
„Ich spreche die reine Wahrheit! sagte die unermüdliche Mad. Pfeffer, „durch die Gesangsliebhaberei Deines Herrn Bräutigams würden wir am Ende vom Lieds noch in Hungersnoth gerathen. Welche Bresche hat sein Männerquartelt schon in unser altes Flaschenlager gelegt!"
_ (Fortsetzung folgt.) _
Mit einer Beilage,
welche einem Theil der Auflage nachfolgt.
Redaktion, Druck und Lerlag von Zäk. Meeh in Neuenbürg.