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Treiben statt. 8 Uhr 25 Min. kamen das 1. und 2. Bat. des 6. bad. Jnf.-Reg. an. Die Mannschaft wurde mit Kaffee, Bier, Wurst und Brot bewirtet. Die Musik schmetterte ihre schönen Weisen in die Nacht hinein. 9 Uhr 30 Min. fuhr der Zug, der die Soldaten nach Konstanz bringen sollte, unter Gesang und Musik der Mannschaft, begleitet von den Hochrufen der zahlreichen Zuschauer, ab. Einige Minuten später gelangte sodann das hies. Bataillon in Gemeinschaft mit dem 3. Bat. des 6. bad. Jnf.- Reg. an. Unser Bataillon, dessen Mannschaft sich einer guten Gesundheit erfreut, rückte sofort mit klingendem Spiel« in die Kaserne ein. Di« Badener, die ebenfalls auf dem Bahnhof bewirtet wurden, fuhren um 10 Uhr 25 Min. ihrem Bestimmungsort Konstanz zu. Die Kompagnie derselben, die in dieser Nacht noch den Hohenzollern erreichen mußte, fuhr später mit einem gewöhnlichen Zug von hier ab.

Honau, 12. Septbr. Eine unheimliche Fahrt hatten, wie der Reutlinger Generalanzeiger berichtet, kürzlich die Reisenden des 9 Uhr 52 Min. abends von Reutlingen hieher abgehenden Personen- zugS mitzumachrn. Der Lokomotivführer W., welcher diesen Zug zu führen hatt-, befand sich nämlich infolge zu reichlichen Genusses von Alkohol in einem derart aufgeregten Zustand, daß er unfähig war, seinen Dienst zu verrichten. Trotzdem übernahm er die Maschine, aber nur zu bald sollten sich die Folgen seines Zustandes zeigen. Auf freier Stätte ließ er den Zug plötzlich halten fuhr ein Stück rückwärts, dann wieder vorwärts, wie «S ihm gerade in den Kopf kam. Der Zugmeifier, die Gefahr erkennend, in welcher der Zug bei einer derartigen Führung schwebte, forderte den Lokomotivführer aus, seinen Posten dem Heizer zu übergeben, erhielt aber zur Antwort:Der Erste, welcher an meinen Platz kommt, den steche ich nieder!" Schließlich blieb der Zug ganz stehen; da der Lokomotivführer versäumt hatte, die Maschine mit Wasser zu speisen, versagte sie den Dienst. Es blieb nun nichts anderes übrig, als von hier eine Hilfsmaschine zu requirieren, die den Zug, der nach dem Fahrplan um 10 Uhr 23 Min. in Honau eintreffen sollt«, um 1 Uhr 20 Min. endlich hierher brachte. An der Lokomotive, die zum Teil ausgebrannt ist, soll ein beträchtlicher Schaden entstanden sein. Die Aufregung oer Paffagrere uver diesen Vorfall

war groß; mit Recht fragten sie: Wie war eS möglich, daß man in Reutlingen einem Mann in total be­trunkenem Zustand einen Eisenbahnzug anvertrauen konnte? Der betreffende Lokomotivführer versieht gegenwärtig Heizerdienst.

München, 13. Sept. Die Isar hat den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht. Auf der von zwei Armen der Isar gebildeten Insel, auf der sich die Sportsausstellung befindet, ist das Erdreich mit den Bäumen fortgeriffen und ein Haus eingestürzt. Die übrigen Häuser wurden durch die Feuerwehr ge­räumt. Sämtlich« hölzernen Brücken, die über die Isar führen, sind polizeilich gesperrt. Besonders be­droht sind das neue VolkSbad und die Elektrizitäts­werke. Einzelne Teile der Sporlausstellung sind gefährdet. Die Isar führt eine große Menge von Baumstämmen und Trümmern mit sich.

München, 14. Sept. Heute Nachmittag 5 Uh« 20 Minuten ist hier di« aus Stein und Eisen erbaute Prinz-Regenten-Brück», welche erst vor wenigen Jahren hergestellt wurde und eine Zierde Münchens bildete, unter donnerähnlichem Krachen vollständig eingestürzt. AuL den noch immer hochgehenden Wogen ragt lediglich ein Pfeiler hervor.

München, 14. Sept. Die K. Polizeidirek­tion giebt bekannt: Heute nacht wurde infolge eines Wehrbruchs der Gisen der Pfeiler der Flußbrücke bei Kilometer 65,9 zwischen Mühldorf und Rohr­bach unterwühlt. Der Zug 977 ist an dieser Stelle abgestürtzt. Derselbe sitzt 3 Meter tief im Wasser. Da« Zugspersonal, mit Ausnahme des Wogenwärter» Neuhäuser, welcher angab, daß sich keine Reisenden im Zuge befanden, ist verunglückt. Der Lokomotivführer Löchner, der Heizer Obrrmaier, der Hilfsheizer Brendl, Zugführer Waldbrunn, di« beide« Schaffner Jahn und Lotz, sämtliche sechs sind aus Rosenheim.

Berlin, 14. Sept. Der Kaiser ist heute früh 7 Uhr auf der Wildparkstation wieder eingetroffen und hat sich sofort nach dem Neuen Palais begeben. Um 8'/> Uhr vormittag» ist er mit der Kaiserin nach

HubertuSstock abgereist. Die Kaiserin empfing und erwiderte gestern den Besuch der Königin von Württem­berg. An der Abendtafel der Kaiserin nahm di« Königin und die Herzogin Philipp von Württemberg und Umgebung teil.

Berlin, 14 Sept. Nach den neuesten Be­stimmungen trifft das Zarenpaar von Kopenhagen kommend am Samstag den 16. dS. M. zum Besuch der Prinzessin Heinrich in Kiel ein. Am Sonntag erfolgt voraussichtlich die Weiterreise nach Darmstadt.

Berlin, 14. Sept. Infolge d«S gestern den ganzen Tag anhaltenden Regens sind die Flüsse in Schlesien, Sachsen, Oberboynn und Oesterreich weiter gestiegen und haben dadurch unberechenbaren Schaden angerichtet. Aus Görlitz wird gemeldet, daß die Neisse in der letzten Nacht ihren höchsten Stand erreichte und zwar 3,12 Meter. Seit heute fällt das Wasser. In Gleiwitz, RoSdzin und in Ziegenhals stehen viele Gebäude unter Wasser. In Plauen im Vogtlands nimmt da» Hochwasser bedroh­lichen Charakter an. Auf weite Strecken sind die Feldfrüchte vernichtet. Auch von Zwickau werden Ueberschwrmmungcn gemeldet. Die Mulde ist um 3 Meter gestiegen. AuS Dresden wird telegraphiert, daß infolge Aufhörens des Regens die Wasserläuft wieder fallen. Nur die Elbe ist noch im Steigen. Der Schaden, den das Hochwasser in München an­gerichtet hat, beträgt mehrere Millionen. Heute hat der Regen in München nachgelassen. Die Isar fällt langsam, aber vom Gebirge wird ein neuer Wolken­bruch gemeldet, sodaß ein weiteres Steigen der Flüsse zu befürchten ist. Ein Telegramm aus Breslau meldet, daß an den Oberläufen aller schlesischen Flüsse das Hochwasser zurückgeht, und daß di« Bewohner der gefährdet gewesenen Ortschaften in ihre Wohnungen zurückkehren. Auch aus Oesterreich lauten die Mel­dungen recht betrübend. In Gmunden steht der Bahnhof unter Wasser. Die Brücken sind eingestürzt. Bei Klein-München unweit Linz ist eine Damm­rutschung erfolgt. Sämtliche Traunbrücken in Ischl sind zerstört. In Steyr steht die ganze Woffsnfabrik unter Wasser. Der Schaden ist sehr beträchtlich. Nach allen Orten wurde Militär zur Hilfeleistung entsandt. Den letzten Meldungen zufolge fällt jedoch das Wasser lanasam.

Wien, 13, Sept. Sämtliche Nebenflüsse der Donau sind erheblich gestiegen. Der Wafferstand der Donau steigt stündlich um 10 ew. Sicherheits­vorkehrungen werden getroffen. Vorläufig ist das Wien-Flußgebiet nicht in Gefahr. AuS Ischl wird gemeldet: Sämtliche Traunbrücken sind zer­stör t (s. o.). Aus PayerLbach (Niederösterreich) wird gemeldet: Infolge Hochwassers ist die Eisenbrücke über die Schwarza eingestürzt; dabei wurden 10 Personen von den Fluten mit fortgeriffen. In Gmunden steht der Seebahnhof unter Wasser, die Brücken sind eingestürzt.

Wien, 14. Sept. In PaierSbach stürzte gestern Abend di« eiserne Fahrbrücke über die Schwarza ein. Zur Zeit des Einsturzes befanden sich zahlreiche Personen auf der Brücke. Einig« konnten sich retten, die übrigen fielen ins Wasser und ertranken. Die Zahl der Umgekommenen ist noch nicht festgestellt.

Paris, 14. Sept. Guörin hielt heut« auf dem Dache seines Hause» eine Truppenschau über seine 12 Mann zählende Besatzung ab. Eine Dame, welch« aus einem gegenüberliegenden Fenster sich mit Guerin mittelst Zeichensprache unterhielt, wurde ver­haftet.

Paris, 14. Sept. Regierungs-Kommissar Carriere und der Gerichtsschreiber des Renner Kriegs­gerichte» überreichten gestern dem Vertreter deS Re­visionsrate» da» gesammte Aktenbündel im DreyfuS-Prozeß. Der Regierungs-Kommissar und der GerichtSschreiber de» Revisionsrates nahmen die Akten entgegen. Die Vollzähligkeit der Schrift­stück« wurde in einem Protokoll festgestellt und das Aktenbündel in einen großen Geldschrank «ingeschlossen. Dann erstatteten Carrier« und der Gerichtsschreiber des Kriegsgerichts dem KriegSminifler über ihre Mission Bericht. Carrier« kehrte nach Renne», der GerichtSschreiber nach seiner Garnisonstadt ChalonS zurück.

Brüssel, 14. Sept. General M«reier, der nicht mehr aktiv ist und deshalb frei in seinen Handlungen ist, beauftragt« den bekannten hiesigen antisemitischen Senator und Advokaten mit Erhebungen über all« belgischen Blätter, welch« während des

DreyfuS-ProzisseS dem genannten General wenig schmeichelhafte Dinge gesagt haben.

Aus Newyork wird über den verstorbenen Cornelius Vanderbilt geschrieben: Vanderbilt war Präsident der Newyork und Michigan Central Railway Company, aber es hieß, daß er in der amerikanischen Eisenbahn« und Finanzwelt viel weniger Einfluß hatte, als sein Vater und Großvater. Den ersten Schlaganfall hatte er vor 4 Jahren nach einem Streit mit seinem Sohn Cornelius Vanderbilt M., der bekanntlich gegen den Willen seine» Vaters ge­heiratet hatte. Eine Versöhnung zwischen Vater und Schn fand erst im letzten Jahr kurz nach der Geburt einer Enkels statt. Der verstorbene Vanderbild scheint in dem Besitz seines ungeheuren Vermögen» nicht viel Befriedigung gefunden zu haben. Er soll einst auf eine diesbezügliche Frage geantwortet haben:Ein Reichtum wie meiner ist eine zu schwere Bürde für einen einzigen Mann. Sein Gewicht drückt mich nieder und lötet mich. Ich habe kein Vergnügen von diesem Reichtum und kann keinen Gebrauch von ihm machen. In welcher Beziehung bin ich in Wirklich­keit besser gestellt, als mein Nachbar, der nur eine halbe Million Dollars besitzt? Er genießt eher als ich alles Glück deS Lebens; sein Haus ist so luxuriös auSgestattet wie meines; er ist gesünder als ich, weil er weniger den Qualen der Unruhe unterworfen ist. Er wird wahrscheinlich länger leben als ich und vor Allem er darf seinen Freunden trauen."

Herbstnachrichten.

Stuttgart, 13. Sept. Dem Mostobst­ur arkt auf dem Nordbahnhof wurden laut amtlicher Aufzeichnung H ute zugeführt: 1 Waggon aus Württenberg, 2 aus Holland und 2 aus Italien, die im Großen zu 10001050 per 10 000 Kilo und im Kleinen zu 5 ^ bis 5 50 ^ per

50 Kilo verkauft wurden.

Stuttgart, 14. Sept. (Kartoffel- und Krautmarkt) Zufuhr auf dem Leonhards­platz : 400 Ztr. Kartoffeln, Preis per Ztr. 3 H bis 3 30 -H. Zufuhr auf dem Marktplatz:

2500 Stück Filderkraut, Preis per 100 Stück 20

bis 22

Tübingen, 13. Sept. Auf der städt. Wage wurden gestern 30 Ballen Hopfen zum Verkauf abgewogen. Der Zentner kostete 6070

Calw.

Liegenschastsverkehr.

Es wurden verkauft:

am 21. Aug. von Friede. Roller, Fabrikarbeiter, an Christian Mohr, Maschinenstricker hier, 12 qm von P. Nr. 164/a, Gras- und Baumgarten um 36

am 23. Aug. von Christian Ganzhorn, Amtsdiener in Alzenberg, an Martin Lörcher, Fabrikarbeiter in Alzenberg, P. Nr. 2192/1 16 ar 83 qm Acker im Hasel um 300

am 29. Aug. von Christian Mohr, Straßenwärter an Christian Mohr, Maschinenstricker, Geb. Nr. 257 42 qm am Weidensteigle um 200 ^

am 30. Aug. von Fabrikant Karl Stalin Witwe, an Julius Stalin, Fabrikant hier, die Hälfte an: Geb. Nr. 510, 1 ar 48 qm an der Hirsauer Straße, P. Nr. 2110 2114/2 und 2120, 31 ar 53 qm Garten allda, P. Nr. 2111 21 ar 51 qm Garten allda, P. Nr. 2114 12 ar 47 qm Wiesen am Ka- pelleuberg, um 6000 ^

Standesamt Kak».

Geborene:

3. Sept. Marie, Tochter des Jakob Friedr. Schühle, Schneidermeisters hier.

5. Emil Rudolf, Sohn des Albert Kn oll,

Maschinenstrickers hier.

7. Hermann Hellmuth, Sohn des Heinrich Perrot, Großuhrenmachers hier.

12. Emil Georg, Sohn des Georg Jak. Schön­

hardt, Zimmermanns hier.

12. Bertha Marie, Tochter deS Friedr. Haydt,

Engelwirts hier.

Gestorbene:

10. Sept. Karl Münz, Sohn des Friedrich Münz, HilfSgüterschaffnerS hier, 15 Tage alt.

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am 16. Sonntag nach Trinit., 17. Sept.

Vom Turm: 361. Predigtlied 383: Bei Dir Jesu rc. 9'/» Uhr: Vormittags-Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit de» Söhne». 2 Uhr; Bibelstunde im VereinShauS, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Aeiertag Matthäi, 21.

9'/r Uhr: Predigt, zugleich Beichte, Herr Stadtpsarrer Schmid.

Sept. ,

Vorbereitung und