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Württemberg.

Stuttgart, 19. Okt. Der König und die Königin werden dem Vernehmen nach am Samstag den 26. ds. von Fried­richshasen wieder in hiesiger Residenz ein- treffen.

Stuttgart, 21. Okt. Die Eisen­bahndirektion bringt zur Kenntniß, daß mit dem 31. d. M. die Ausgabe von Retour- billeten nach Paris endigt, da der Schluß der Weltausstellung aus 10. k. M. festge- slellt ist.

Stuttgart, im Okt. 1878. In aller Stille hat sich im September des vorigen Jahres am Geburtstage Ihrer Majestät der Königin, deren Allerhöchstes Interesse diese neue Schöpiung aus dem Gebiete werkthätiger Liebe von Anfang an sich erfreuen durste, ein Verein konstituirt, welcher, trotz der kurzen Zeit seines Be­stehens, schon eine bemerkenswcrthe Stelle in der Reihe unserer Wohlthätigkeitsan- stalten einnimmt. Wir meinen damit den Verein von Kinderfreunden, von welchem man wohl da und dort schon gehört hat, über dessen Bestreben und Wirksamkeit bis jetzt aber durch die Presse noch nichts Näheres an die Orffentlichkeit gelangt ist, da der Ausschuß wohl erst selbst seine Er­fahrungen machen, ehe er an die Teil­nahme eines größeren Publikums appelliren wollte. Heute aber, nachdem ein Jahr seit der Bildung des Vereins verflossen ist und er auf Resultate zurückblickt, welche ebenso sehr seine Lebensfähigkeit wie die Frage des Bedürfnisses dokumentiren, macht der Staatsanz. Nr. 246 mit einer Anstalt bekannt, deren segensreiches Wirken Anspruch auf alle Beachtung und die wärmste Unter- Nützung verdienen. Der Verein wurde von einer Anzahl Kinderfreunden Damen und Herren aus den verschiedensten Ge­sellschaftskreisen ins Leben gerufen in der Absicht, zunächst in kleinem Maßstabc den Versuch zu machen, ob die erschreckend große Kindersterblichkeit in Württemberg nicht durch rationelle, ärztlich geleitete Pflege namentlich einer gewissen Klasse von Säuglingen vermindert werden könnte. Seit dem 1. August dieses Jahres ist das Asyl von Stuttgart nach Rommelshausen (Station Fellbach oder Waiblingen) verlegt worden und es konnte sich das Konnte um so eher zu dieser Translokation entschließen, als die Verpflegung kleiner Kinder in der frischen Landluft leichter und billiger ist als in der Stadt. Sollte der Eine oder der Andere unserer Leser gelegentlich an dem Anwesen vorbeikommen, so wird er in der leitenden Diakonissin eine freundliche Führerin finden und gewiß befriedigt diese wirkliche Wohlthätigkeitsanstalt verlassen.

Stuttgart, 19. Okt. Vor einigen Tagen wurde in einem Hause der Wolframs­halde in einer Dachkammer versteckt ein 16 Jahre alter Bäckerlehrling gefunden, welcher in diesm Versteck 4 Tage und 4 Nächte, ohne jegliche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, zugebracht hatte. Derselbe halte die Absicht, sich auszuhungern, weil er an einigen Haussieren Thierquälereien vorge- nommen hatte, und sich der Strafe entziehen wollte. Derselbe wurde aber noch recht­zeitig und bei vollem Bewußtsein gesunden.

Freudenstadt, 19. Okt. Die Bahnbaulen zwischen hier und Dornstelten gehen ihrer Vollendung entgegen. An Hochbauten auf unserem Bahnhofe ist noch nichts sichtbar, als ein Güterschuppen, welcher nächstens unter Dach kommen wird; das Bahnhofgebäude selbst wird einpro­visorisches" und aus Holz erstellt werden. Auch die Arbeiten an unserer Zufahrts­straße schreiten bei der günstigen Witterung rasch vorwärts. Unser neuer Stadtbau­plan soll bis zum Bahnhof erweitert wer­den , da bezügliche Baugesuche jetzt schon vorliegen.

Eßlingen, 19. Okt. Bahnhof: Hess. 4 -4L 60 bis 5 ^ per Zentner. Markt: 5 «FL 80 L per Zlr. 1 Pfund Trauben 24

Heilbronn, 19. Okt. Auf heutigem Markte Mostobst 5 -4L 30 ^ bis 6 -4L 50 ^ per Ztr., Tafelobst zu 2 -4L 30 bis 50 L per Simri. Kartoffeln rolhe und gelbe 3 -/)L 4080 blaue 4 -4L 50

Miszellen.

Ein Verbrecher.

Aus den Aufzeichnungen eines Criminalbeamten.

Es war im Jahre 1837 in einem Dorfe hart an der preußisch-hannoverschen Grenze. Das Dorf selbst war preußisch. Der Herbst­wind fuhr schon seit Wochen über Fluren und Felder, die Bäume waren fast gänz­lich entlaubt und man wartete nur auf den ersten Nachtfrost, damit er die Stiele der letzten noch hartnäckig hängenden Blätter löse. Der Winter konnte jeden Tag mit Frost und Schnee Hereinbrechen, allein das Weiter war noch auffallend heiler und mild. Nur die kurzen Tage verriethen, daß man sich schon im November befand.

Ziemlich am Ende des Dorfes lag ein kleines, nur einstöckiges Haus. Eine kleine Stallung war daran gebaut. Dahinter befand sich ein Garten, der auf das Feld führte. Er war ziemlich groß. Wie ans den Dörfern dortiger Gegend gebräuchlich, wurde er von dem Besitzer nur benutzt, um Kartoffeln und Fnlter sür's Vieh in ihm zu bauen. Für Blumen fehlte der Sinn und auch wohl die Zeit zu ihrer Pflege.

Dies Haus gehörte dem Waldhüter Hans Steingruber. Er bewohnte es allein, da es für zwei Familien kaum Raum bot. Er selbst halte zwar nur eine einzige Toch­ter, allein er lebte nicht gerade in drücken­den Verhältnissen und es lag ihm daran, in seinem Hause zu sein.

scheste Mädchen im Dorfe und in ihrem frischen Gesichte, in den großen leuchtenden Augen, dem kleinen, fein geschnittenen Munde lag ein eigenthümlicher Reiz. Sie konnte kaum erst achtzehn oder neunzehn Jahre zählen, dennoch lag in ihrem Wesen etwas Festes, Entschlossenes.

Hinter dem Ofen saß ihre Mutter, eine durch Krankheit ergraute und gekrümmte Frau. Sie hatte den Blick auf ihre Tochter geheftet und cs entging ihr nicht, daß Marie ungeduldig auf jedes Geräusch lauschte und wiederholt durch das Fenster schaute, als vermöchte sie die völlige Dunkelheit, welche draußen jetzt hereingebrochen war, zu durchdringen.

Glaubst Du, daß er heute kommen wird?" fragte die Frau. Marie richtete ihre Angen aus ihre Mutter, blickte sie einen Augenblick schweigend an, als ob sie deren Gedanken und Befürchtungen erraihefl wollte, und erwiederte dann ruhiger:Ge­wiß, er wird heute kommen."

Hat er es Dir versprochen?

Das nicht allein er ist seit mehreren Tagen nicht hier gewesen."

Die Frau erwiderte lachend:Das ist er freilich nicht!"

Wieder blickte Marie ihre Mutter for­schend an.Weßhalb lachst Du?" fragte sie.Was weißt Du über Heinrich?"

Nichts, nichts, als daß Du eine Närrin bist, die glaubt, der Bursch liebe sie und nur sie allein. Hahaha!"

Was hast Du, Mutter?" fragte das Mädchen noch einmal, und ihre Stimme klang scharf, fest.

Haha ! Nichts, nichts ! Ich wollte Dir nur sagen, daß er ani letzten Sonntage den ganzen Nachmittag und die ganze Nacht wieder geianzt hat, mit anderen Mädchen natürlich. Und lustig ist's hergegangcn. Haha!"

Auf Marie schienen diese Worte nicht den Eindruck zu machen, den die Frau er­wartet halte, denn ruhig erwiderte sie: Da ich nicht zum Tanz gehen darf, muß er wohl mit anderen Mävchen tanzen. Und weßhalb soll er nicht lustig sein? Deßhalb kann er mich doch lieb haben."

(Fortsetzung folgt.)

In letzter Woche kam ein'Stadtpost­brief, welcher am 24. April 1874 in Darm­stadt aufgegeben worben, an seine Adresse. Er war an eine Putzmacherin gerichtet, trug auf der Adresse den VermerkEilt sehr" und es bat darin eine Dame um schleunigste Fertigung ihres Sommerhutes allein eigner Herr j Die Rückseite trug den amtlichen Vermerk »In der Mauerritze vorgefunden." Als

Um diese Zeit saß in der Stube dieses Dämlich kürzlich der Briefkasten am alten kleinen Hauses Marie, des Waldhüters Postgebimde entfernt wurde, fand man den Tochter. Der Abend war hereingebrochen, i Brief zwischen Kasten und Mauer.

Sie hatte die kleine Lampe angezündet j__

und setzte sich nun, nachdem sie noch einen " .

flüchtigen Blick durch das Fenster geworfen Frankfurter Course vom21.Oktbr. 1878. hatte, wieder hinter den Rocken, an dem, Geldsorten.

sie schon vorher gesponnen. Wie sie so dastand und etwas vornüber gebeugt durch das Fenster schaute, konnte man ihre schlanke und doch kräftige Gestalt deutlich sehen. Sie galt mit Recht als das hüb-

20-Frankenstücke . . Englische Souvereigns Ruß. Imperiales - . Holland. 10 fl.-Stück .

Dukaten.

Dollars in Gold . .

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S

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18-22 40 O. 66 -71 65 O. 5762 17 - 20

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Aleeh in Neuenbürg.