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Dichtung nach Weilderstadt, auf das sich die zurück­gehenden württ. Truppen konzentrieren und in dessen Nähe möglicherweise die Manöver zu End« geführt werden. In unserem Bezirk sollen die Ueberxänge über den Schwarzwald von Neuweiler und Ober­reichenbach her stattfinden; die Truppen werden Teinach, Calw, Hirsau, Liedenzell und Unterreichen­bach betreten. Wahrscheinlich wird bei Liebenzell- Unterreichenbach eine Brück« über die Nagold ge­schlagen werden.

^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Se. Majestät der König haben durch allerhöchste Ordre vom 29. v. Mts. das Dienstehrenzeichen 2. Klasse dem Bezirksfeldwebel Buchholz im , Landwehrbezirk Calw zu verleihen geruht.

' -s Breitenberg, 29. Aug. (Unlieb

- ^ verspätet.) Wie von anderen Orten berichtet, so gestaltete sich auch bei uns die Uebergabe der aus Anlaß der diesmaligen OberamtS-Visitation unserem Schultheißen Kübler verliehenen silbernen Ver­dienstmedaille zu einem Fest- und Freudentag für die hiesige Gemeinde. Nachdem Hr. Oberamtmann Völker auf dem Rathaus in feierlicher Ansprache unter Hervorhebung all der Verdienste, welche sich Hr. Schultheiß Kübler in seiner nunmehr 31jährigen Thätigkeit in hiesiger Gemeinde erworben hat, dem­selben die Medaille überreicht hatte, gingS in statt­lichem Zuge ins festlich geschmückte Gasthaus zur Krone, wo ein Essen zu 20 Gedecken stattfand, wäh­renddem mehrere Toast« ausgebracht wurden. Möge «S unserem Schultheißen Kübler vergönnt sein, dieser Auszeichnung sich noch lange erfreuen und noch recht . lange zum Wohl unserer Gemeinde wirken zu könnet ^ ^ ^ JnNeuhengstett wurde bei der "am

^^"4. dS. zum 3. Mal vorgenommenen S chultheißen- ^ wähl der zweimal mit großer Mehrheit gewählte jedoch nicht bestätigte Gemeinderat und Wirt Wein­mann wiedergewählt. Weinmann erhielt 43, Talmon 18 und Gärtner Lutz 13 Stimmen.

Stuttgart, 2. Sept. Zur Feier des S edanStages vereinigten sich am Samstag abend eine größere Anzahl Damen und Herren im Konzert­saal der Liederhalle. Das Podium des Saales war mit den Büsten der Kaiser Wilhelm I. und II. und des Königs geschmückt. Der Vorsitzende Prof. Dr. Herzog hieß die Erschienenen willkommen. Die heutige Feier gelte der Einigung Deutschlands und der Dankbarkeit gegen die Kämpfer von 1870/71. Die Festrede hielt Archivrat Dr. Schneider. Er führte u. a. aus, die Feier des Tages solle dazu dienen, unser Nationalbewußtsein zu stärken. Lieber wollen wir Hurrahpatrioten sein, als gar keine. Die Rede schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Kaiser und Reich, König und Heimatland, worauf der allgemeine GesangDeutschland, Deutschland über alles" angestimmt wurde.. Feldprobst Blum führte aus: Nur einen Tag feiern wir, dieser aber ist ein dramatischer Tag; die Jugend soll sich begeistern an den Helden jener Tage. Vertrauensvoll schauen wir auch heute auf das Heer und seine Führer. ES wirkt erziehend in nationaler und sozialer Hinsicht. Unser Heer, nicht der Reichstag, stellt die Einheit deS deutschen Reiches dar.Das deutsche Heer, das Volk in Waffen lebe hoch!" (Lebhafter Beifall.) Es folgte der Gesang dieWacht am Rhein" und darauf

noch Musikvorträge der Cannstatt» Kurkapelle und patriotische Deklamationen.

Rennes, 5. September. In der heutigen geheimen Sitzung werden die letzten allgeheimsten Beweise vorgelegt werden. Trotzdem sind die An­hänger Dreyfus zufriedener als seit langem. Durch die Vorladung eines Ausländers seitens der Ankläger hat die Verteidigung die Möglichkeit erhalten, im letzten Notfälle das Zeugnis des Auslandes anzurufen.

Rennes, 5. Sept. (Prozeß Dreyfus.) Die heutige Sitzung begann um 6 Uhr 35 Minuten und wurde bis um 7 Uhr 45 Minuten unter An­schluß der Oeffentlichkeit verhandelt. Man beschäftigte sich nur ausschließlich mit dem Studium des geheimen Dossiers. Der gestern vernommene Zeuge Cernuschi wurde noch nicht verhört. Bei Beginn der öffentlichen Sitzung um 8 Uhr legt Labori einen Antrag vor, in welch,m er auf das Verhör eines fremden Offiziers von Seiten des RegierungS-Kommissars hinweist und beantragt, kommissarisch oder auf diplomatischem Wege die fremden Attaches verhören zu lassen. Er begründet seinen Antrag damit, daß die Anklage sich nicht ge­scheut habe. Fremde in die Debatte zu ziehen und sieht sich deshalb veranlaßt, an die französisch« Regie­rung die Forderung zu stellen, auf diplomatischem Wege die fremden Attaches über das Bordercau ver­hören zu lassen und von den betreffenden Regierungen die im Bordereau angeführten Schriftstücke zuiückgiben zu lassen, um an der Hand derselben die Unschuld DreyfuS feststellen zu könne». Carriöre erklärt, er wisse nicht, ob eS möglich sei, das Verlangen der ^Verteidigung zu erfüllen. Sicher sei, daß eS sich um einen sehr delikaten Punkt handle. Vielleicht könnte man die Offiziere um Hergabe von Dokumenten bitten, wenn dieselben existirten, aber er glaube nicht, daß die Regierung das könne. Der Vertreter des Ministers des Aeußern, Paleologue, kann die Wichtigkeit nicht verstehen, welche die Verteidigung den Noten des BordereauS beimeffe. Der von der Verteidigung beantragte Schritt sei vom diplomatischen Standpunkte aus nicht zulässig. Nächster Zeuge ist Redakteur Basset vom Malin. Derselbe bekundet, Esterhazy habe ihm in London in einer Unterredung gesagt, er sei der Autor des BordereauS und habe dasselbe auf Befehl SandherS geschrieben, der einen faktischen Beweis von der Schuld deS DreyfuS haben wollte. Labori fragt den Zeugen : Welches war die materielle Situation EsterhczyS, als der Zeuge ihn sah? Bosset sagt: beim «rstenmale schien er mir reichlich mit Geld versehen, bei einer späteren Begegnung schien er Mangel zu leiden. General Roget verlangt das Wort. Er sagt, er habe einen Brief von Esterhazy erhalten, dessen Original er am 9. August dem Präsidenten Jouaust überreicht habe. Er besitze nur noch die Copie des Briefes, ober er habe noch später weitere Briefe von Esterhazy erhalten, die er uneröffnrt dem Präsidenten des Kriegsgerichts übergeben habe. Labori bittet um Verlesung der Briefe, worauf Präsident Jouaust meint, dieselben seien von gar keiner Wichtig­keit. Labori bleibt bei seinem Verlangen, worauf Präsi­dent Jouaust erwidert, er werde die Briefe zu den Akten geben. Auch RegierungS- Commissar Carriöre bemerkt, er habe ebenfalls Briefe von Esterhazy erhalten, er habe die­selben aber nicht gelesen. Auf eine Frage Laboris erklärt General Roget, noch seiner Ansicht sei dem Geständnis

Esterhazy's kein Wert beizurmssen. Er hege die Mei­nung, daß Esterhazy ein Strohmann sei. Ueber letz­tere Aeußerung drückt Labori sein Erstaunen aus.

Auch Verteidiger Demange findet -e selrsam, daß man erst so spät behaupte. Esterhazy sei ein Strohmann.

Labori fragt: Warum, wenn Esterhazy «in Stroh­mann war, hat er denn nicht im Zola-Prozeß ein Geständnis abgelegt. Roget: Das weiß ich nicht.

Ich habe die Meinung, daß Esterhazy ein Strohmann sein könne, daraus erhalten, daß Esterhazy absichtlich Briefe umher liegen ließ, welche gefunden werden und den Generalflab kompromittieren sollten. Labori ver­langt, daß der Rapport des Generals Zurlinden über die Enquete, welche gegen Esterhazy geführt worden ist, verlesen werde, um zu sehen, ob «s die Sprache sei, wie man über einen Strohmann spreche. Die Verlesung erfolgt. Nach unwesentlichen Bekundungen deS Generals Zurlinden und des Redakteurs Defezet »

vom TempS wird der Senator Trarieux aufgerufen.

Er ist von den bisher geladenen der letzte Zeuge der Verteidigung. Er spricht mit großer Wucht und lauter Stimme. Er erzählt, daß auch er nach der Verurteilung deS DreyfuS erst an dessen Schuld ge- zweifelt habe, daß er aber später infolge der rein antisemitischen Angriffe gegen Dreyfus beunruhigt worden sei. Er habe mit Hanoteavx und Scheurer- Kestner über die Affaire gesprochen. Zeuge schildert alsdann die Machenschaften, mit denen man die Re­vision zu Hintertreiben suchte. Später sei er, Tra- rievx. zu dem Botschafter einer frnndcn Macht (Italien) gegangen und habe ihn um nähere Auskunft gebeten.

Der betreffende Botschafter habe wiederholt gesagt,

Dreyfus sei unschuldig. Die französische Regierung habe einen Irrtum begangen. Nicht nur, so sagte der Botschafter weiter, hat keiner unserer Attaches jemals Verbindung mit Dreyfus gehabt, sondern auch keiner unserer Offiziere kannte auch nur seinen Namen.

Ferner habe der betreffende Botschafter ihm erzählt, daß er 1898 in den Händen PanizzardiS einen Brief ^

gesehen habe, worin der Agent A. (Schwär tzkoppen) genau die Vorgänge mitteilte. Der wahre Verräter war Esterhazy. Nachdem noch der Gerichtshof in der Frage, ob die Dokumente des BordereauS auf diplo­matischem Weg« erbeten werden sollen, sich für in- eompetent erklärt hat, wird die Sitzung geschloffen.

Psrmischtes.

Der praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau veröffentlicht in seiner neuesten Num­mer einen Obsterntebericht aus Nord­amerika. Nach diesem hat Canada, das gelobte Land des Obstes, eine recht gute Ernte zu erwarten die Ausfuhr wird auf 400000 Tonnen geschätzt gegen .300000 Tonnen im Vorjahre. Dieser für Deutschland bedenkliche Ueber fluß wird aber aufgehoben durch eine schlechte Ernte in den Vereinigten Staaten. Die HauptauSfuhrflaaten New-Aork, Michigan und Missouri dürften nicht den eigenen Bedarf decken und bei den vortrefflichen Wasserverbmdurrgen ist anzu­nehmen, daß sie die canadische Ausfuhr vollständig aufnehmen werden. So ist das für die deutschen Obstzüchter drohende Schreckgespenst der amerikanischen übergroßen Einfuhr wieder für ein Jahr verscheucht. Die Angaben des praktischen Ratgebers stützen sich ausschließlich auf die amtlichen Bericht«.

Nicht lange sollte sie sich der stillen Ruhe freuen. Die Musik begann j wieder, und tanzlustige junge Herren kamen und baten mit lispelnder Stimme um diesen oder jenen Tanz. In kurzer Zeit hatte sie über keinen Tanz mehr zu verfügen; die Kunde von der wunderbaren Leichtigkeit und Elasticität, welche das neue Hoffräulein zu einer wahren Terpsichore stempelten, hatte sich mit zauberhafter Schnelligkeit unter dem gesamten Herrenpersonal verbreitet und eine allgemeine Extase hervorgerufen. Fast war es, als schätze jed« der anwesenden Cavaliere eS sich zur Ehre, mit der Dame getanzt zu haben, welche in dem Rufe stand, ein Liebling der Fürstin zu sein. So rückte die Mitternacht heran,^und die Pause trat ein. Die auserlesensten Erfrischungen und Leckereien standen in den kleinen, zu reizenden Lauben eingerichteten Nebenkabi­netten, bereit für diejenigen Gäste, welche nach den Anstrengungen des Tanzes das Bedürfnis fühlten, sich bei den Genüssen einer wohlbesetzten Tafel im ver­traulichen Gespräche zu erholen.

Diesen Moment wollte HaideröSchen benutzen, um sich still und unbemerkt aus den glänzenden Räumen zu entfernen. Glaubte sie doch jetzt am besten ab- kommen zu können, da Niemand auf sie achtete, jeder Einzelne in die angeknüpfte Unterhaltung verloren schien. Sie mußte dabei an dem reichbesetzten Tische vor­über, an welchem die Fürstin in der Gesellschaft ihr» vornehmen Gäste Platz genommen hatte. Mit einer ehrfurchtsvollen Verbeugung wollte sie rasch vor­üb» gehen, aber die Fürstin hatte sie bemerkt und winkte das junge Mädchen mit einem freundlichen Lächeln zu sich heran.

Warum hast Du Dich nicht zu Deinen Gefährtinnen gesetzt, HaideröSchen?"

Durchlaucht!" erwiderte das Mädchen,Sie sind so gütig gegen mich, daß ich mich fast schäme, Ihnen die Wahrheit zu gestehen, ich halte eS jedoch für meine Pflicht, Ihnen nichts zu verhehlen. Ich bin bei meinen Colleginnen nicht besonders beliebt, Durchlaucht!"

DaS kann ich mir denken," sagte die Fürstin lachend,ist das Dein größter Kummer?"

O nein, ich habe größeren Kummer," sagte HaideröSchen leise, während ihr Auge «inen feuchten Schimmer annahm,aber um so tiefer fühle ich den Schmerz, daß mein Hiersein auch noch anderen Menschen zum Kummer gereichen muß."

Erkläre Dich deutlicher, mein Kind!" sagte die Fürstin.

HaiteröSchm erzählte, wie sie von den übrigen Hofdamen nur in Gegen­wart der Fürstin mit Freundlichkeit behandelt werde, wie man ihr dagegen bei jed» anderen Gelegenheit mit Kälte und Geringschätzung begegne, obgleich sie Niemanden auch nur das Geringste zu Leide gethan, vielmehr stets liebreiches, gefälliges und bescheidenes Benehmen gezeigt habe.Ich habe bis jetzt ge­schwiegen, Durchlaucht!" schloß sie,weil ich der Dankbarkeit für das, was Sie an mir gethan, dieses Opfer schuldig zu sein glaubte. Jetzt aber kann ich e« nicht länger ertragen. So vereinsamt zu stehen in diesem glänzenden Kreise mit dem tiefen Weh in der Brust, keine kefreundete Seele zu haben, der man sich Mitteilen dorf, für so etwas ist ein Herz, wie das meine, nun einmal nicht ge­schaffen." Eie hielt erschöpft inne und zerdrückte eine Thräne, die ihr ins Auge getreten war.

Du mußt nicht sentimental sein, Kind," sagte die Fürstin,wer wird nur gleich Alles so ernst nehmen? Das macht alt vor der Zeit."

HaideröSchen hatte sich schnell gefaßt. Sie fühlte, wie thöricht eS sei, vor diesen oberflächlichen Naturen ein tiefes Gefühl zu zeigen. Sie begnügte sich damit, eine einfache Verbeugung zu machen, und sagte nur:

Wie Durchlaucht befehlen!"

(Fortsetzung folgt.)