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Numik.

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Deutschland.

Berlin, 6. Juli. Bulletin. 10 Uhr Vormittags. Bei Sr. Majestät nimmt die Beweglichkeit der Arme in erfreulicher Weise zu. Das allgemeine Befinden unverändert gut.

Der in den Zeitungen mitgetheilte Briefwechsel des Kaisers und des Kronprinzen mit dem Papste erregt berechtigtes Aufsehen. Der Schwer­punkt des ganzen Briefwechsels liegt in dem Schreiben des Kronprinzen. Der Papst hatte in seinem Briefe vom 17. April der Hoffnung auf Erneuerung des früher bestandenen guten Einverneh­mens wiederholt Ausdruck gegeben und als Mittel zur Erreichung desselben die Abän­derung verschiedener in Preußen bestehen der gesetzlicher und verfassungsmäßiger Be­stimmungen bezeichnet. Darauf erwidert nun der Kronprinz:Dem in Ihrem Schrei den vom 17. April ausgesprochenen Ver langen, die Verfassung und die Gefetze Preußens nach den Satzungen der römisch- katholischen Kirche abzuändern, wird kein preußischer Monarch entsprechen können, weil die Unabhängigkeit der Monarchie, deren Wahrung Mir gegenwärtig als ein Erbe Meiner Väter und als eine Pflicht gegen mein Land obliegt, eine Minderung erleiden würde, wenn die freie Bewegung ihrer Gesetzgebung einer außerhalb dersel­ben stehenden Macht untergeordnet wer­den sollte."

Diese entschiedene Zurückweisung der päpstlichen Forderung, die Gesetze zu än­dern, ist eine Bürgschaft dafür, daß die Rechte des Staates in dem immer noch nicht beigelegten Streite »ach wie vor sorg­sam gewahrt werden. Indessen hat der Kronprinz im Verlauf seines Briefes die Hand zu einem moclus vivendi darge- doten. Die Frage ist »un, ob und wie Leo XIII. sie ergreifen wird. Persönlich hat der Papst in seinen Briefen allem Anschein nach eine entgegenkommende Ge­sinnung erkennen lassen; aber wird es in seiner Macht stehen, dieser Gesinnung auch praktische Geltung zu verschaffen? In dem Briefe des Kaisers vom 24. März war die Hoffnung ausgesprochen worden, daß der Papst mit dem mächtigen Einflüsse, welchen ihm die Verfassung der römisch- katholischen Kirche aus alle Diener derselben gewährt, dahin zu wirken geneigt sein werde, daß auch diejenigen unter den letz­teren. welche es bisher unterließen, nun­mehr den Gesetzen des Landes, in dem sie wohnen, sich fügen werden. Nach der Antwort des Papstes vom 17. April glaubt ab.r der Kronprinz annehmen zu muffen.

bis gegen die Thäler der Flüsse, die sich in der Nähe von Janina und Larissa be- finden. Beacousfield habe sich gegen dies Theilung der Türkei ausgesprochen und eine direkte Verständigung zwischen Grie­chenland und der Pforte empfohlen. Alles in allem hat Griechenland für seine Be­strebungen im Kongreß keine günstige Stätte gefunden.

Berlin, 3. Juli. DieProv.-Kor- resp." enthält einen längeren Artikel, beti­teltDie Negierung und die -virthichastli- chen Interessen des Volkes", welcher fol­gendermaßen schließt:Die Steuerreform setzt voraus, daß Regierung und Volksver­tretung aufrichtig und wahr mit einander verfahre», daß man mit voller Offenheit im einzelnen sich darüber verständigt, welche Erleichterungen für die Bundesstaaten durch Mehreinnahmen im Reiche erzielt werden ollen. Es kann durch die Steuergesetze elbst dafür gesorgt werden, daß die höheren Erträge der Reichssteuern den Einzelstaaten nach einem gewissen den Verhältnissen und dringlichen Reformen entsprechenden Theile zu Gute kommen. In allen diesen Dingen ist eine Verständigung leicht, wenn nian den ernsten Willen hat, sich mit der Regier­ung zu verständige». Die Slaatsregierung will weder auf dem politischen, noch auf dem Steuer- und Wirthschafls Gebiete die Reaktion, will vielmehr auf ollen diesen Gebieten eine vernünftige Entwickelung. Gegen Zuchtlosigkeit und Erschütterung der monarchischen, konstitutionellen, gesellschaft­lichen und Eigenthums-Ordnung will sie energisches, Kultur, Gesittung und den Fortschritt der industriellen Arbeit schützen­des Eingreifen. Bezüglich der Steuerver­hältnisse will sie eine vernünftige, Reich und Eiuzelstaaten fördernde, dem Volke die Ausbringung der Steuern erleichternde Re­form. Den handelspolitischen Fragen ge­genüber will sie Wahrung der nationalen Gejammtinteressen im Sinne der Entwickel­ung seit 1818 und seit Gründung des Zollvereins, ohne Voreingenommenheit durch Lehrsätze volkswirthschastlicher Parteien, die über der vermeintlichen Folgerichtigkeit ihrer Meinungen die praktisch n Interessen der Nation übersehen. Auf diesem Wege darf die Regierung hoffen, daß die Nation ihr folgt und Männer wählt, die des Ernstes der Lage bewußt und von der Nolhwen- digkeit eines festen, praktisch fruchtbringen­den Zusammengehens der Regierung und Volksvertretung unter den so schweren Ver­hältnissen des Vaterlandes durchdrungen sind. Alle Wähl-r, denen das Gedeiben und der Aufschwung des Volks und Va­terlandes über das bloße Partei Interesse geht, mögen daher mit aller Entschlossen- ^ heit und Zuversicht an ihrem Theile dazu

unbedeutenden Folge.

Abschlag des Brodes zur

In

daß der Papst jene Hoffnungnicht glaube Helsen, eine Reichstagsmehrheit zu sichern,

erfüllen zu können'" Der Kern des Streites ist also nach wie vor der alte.

Berlin, 5. Juli, Abends. Der Kon­greß erörterte heute die griechischen Ange­legenheiten. Im Allgemeinen ward die

welche nicht blos in der zunächst dringlichen Abwehr der Gefahren für Staat und Ge­sellschaft, sondern ebenso sehr auf dem Ge­biete der Wirthschaftsreform der kaiserlichen Regierung volles Vertrauen und festen

Autonomie der griechischen Provinzen der Willen zu freudigem Zusammenwirken ent Türkei angenommen gemäß Art. 15 des gegenbriugl."

Stefanovertrags. Außerdem sollen die Dur lach, 3. Juli. Die hiesige Mächte der Türkei eine Grenzberichtigung Bäckergenossenichast hat sich seit dem 1. für Griechenland empfohlen haben, etwa d. M. aufgelöst und hatte dies einen nicht

Württemberg.

Folge der auf den 30. Juli d. I. angeorduelen Reichstagswahlen sind die Vorstellungen der Militärpflichtigen pro 1878 in nachstehenden Aushebungsbezirken des Landes auf die beigesetzlen Tage ver­legt worden: in Hall auf den 29. Juli, Neuenbürg und Göppingen auf den 31. Juli, Möhringen (Stuttgart Ami) auf den 2. August, Stuttgart Stadt auf den 6., 7., 8. und 9. August.

Einem bei der Direktion der K. württ. Hofvank eingetroffenen Schreiben über, die außerordentlich n Erfolge der Hilssthätig- keit zur Lind-rung von Noth und Elend der türkischen Flüchtlinge ent­nehmen wir den Ausdruck des Dankes des internationalen Komites. Das Resulat der Sammlungen hat die besten Erwartungen übertroffen. Das internationale Komite hat die Gaben nützlich und in jeder Be­ziehung zweckdienlich verwendet; es hat seit seinem Bestehen beinahe l'/z Millionen Rationen an die Geflüchteten vertheilt, hat 750 Betten angeschaffl und 6 Spitäler errichtet und eingerichtet, die sich heule noch in voller Benützung befinden; es sind damit Tausende von Menschenleben vom Hungertode und durch ärztlichen Beistand von gefährlichen Krankheiten gerettet worden.

Calw, 3. Juli. Die schon erwähnte, auf Anregung der Pforzheimer und Dur- lacher Beamten hier abgehaltene Interna­tionale war eine äußerst gelungene. Die Gäste wurden von den Calwern Vormittags auf dem Bahnhof in Empfang genommen und auf einen prächtigen Aussichtspunkt geleitet, wo den Fremden ein famoses Mün­chener Bier gereicht wurde. Das Mittag­essen wurde im Saale des Gasthauses zum Waldhorn" eingenommen, der mit den Büsten des Kaisers, des Königs von Würt­temberg und des Großherzogs von Baden, grünem Tannenreis u. s. w. dekorirt war. Während des Essens begrüßte Oberamts­richter Schuon von Calw in längerer Rede die erschienenen deutichgesinnlen Männer von Nah und F-rn und freute sich, daß die so zahlreiche Versammlung die nationale Zu­sammengehörigkeit pflege. Oberamtsrichter Mors von Pforzheim dankte hierauf in fließender Rede. Der frühere Reichsbote, Landtagsabgeordneter Stalin von Calw, loastirle auf den deutschen Kaiser und feine beiden Getreuen, den König von Württem­berg und Grobherzog von Baden. Ober­amtsrichter Böller von Herrenberg leerte sein Glas auf die deutsche Einheit und die Harmonie der Württemberger und Badener. Mit vielem Humor sprach noch Oberamts- rlchter Dietz von Durlach über die Schwa­ben. Nachmittags wurde der bekannten herrlichen Klosterruine Hirsau ein Besuch gemacht und dort dem Dichter und deut­schen Mann Uhland ein feuriges Hoch ausgedracht, aus Oberamtsrichter Schuon von Calw aber ein Salamander gerieben. Abends war Bankett im Waldhornsaal.

Herrenalb, 4. Juli. Die dritte Knrliste beziffert einen Zugang von 120 Per>onen.

Redaktion, Truck und Verlag von Jak. M e e h, Neuenbürg.