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Leiden zu Grabe getragen. Ein jüngerer, kaum ISjähriger Bruder derselben, welcher an demselben Orte als Bierbrauer in Ar­beit fteht und weder mit seinen Eltern, noch mit Brüdern und Schwestern in Zwistigkeit lebt, ließ sich durch Niemand und Nichts bestimmen, der Gestorbenen das letzte Geleite zu geben, während von der Ferne auswärtige Geschwister gekommen waren und allgemeine Theilnahme aus der Rahe sich kundgab. Dagegen vergnügte er sich über die Zeit der Beerdigung auf der Schlittenbahn, wo er an den von der Feier Zurückkehrenden fremd und gleichgiltig vorüberfuhr. (Schw. M.) (Auch hier wäre Nennung des Namens am Platze gewesen.)

Bebenhause n den 28. Januar. Seit letzter Woche trieb sich ein angeblich evangelischer Missionar von der Missions- gesellschafl Basel hier herum und hielt in einigen Häusern Borträge als Missionar. Gestern Nacht nun gelang es dem hier stationirten Landjäger Möck Kiesen angeb­lichen Missionar in der Perion eines beur laubten Soldaten und Maurers zu ent­larven und, da dieser Schwindler auch weitere pekuniäre Betrügereien hier verübt hatte, über die Nacht in den Ortsarrest zu verbringen und ihn heute an das K. Oberamtsgericht Tübingen einzuliefern.

A us d e m H o r b e r O b e r a m t, 3l. Januar. Am 20. d. M. wurde in Baisingen, die mit sehr bedeutenden Kosten erbaute Wasserleitung durch den Staatstechniker Ehmann der Gemeinde über­geben , was den bürgerlichen Kollegien einen erwünschten Anlaß bot, hiermit eine Festlichkeit zu verbinden. Ein ansehnlicher Festzug, voran Abteilungen der Feuer wehren von Ergenzingen und Mötzingen, zog durch den Ort, der sich diesem Feste zu Ehren in reichen Schmuck gehüllt hatte, zum Reservoir und den verschiedenen Brun uen. Ein treffliches Diner vereinigte hier­nach die zahlreichen Gäste, woselbst inan bei gutem Wein das Wasser leben ließ. Manch' sinniger Toast ward hierbei aus­gebracht, zunächst vom Pfarrer des Ortes, der auch Herrn Ehmann den warmen Dank der Gemeinde aussprach. Eine andere Anerkennung ward Herrn Inspektor E. Seitens des Ortsvorstandes durch die Ueber- reichung eines schönen silbernen Pokals gezollt, wofür derselbe in herzlichen Wor. ten der Gemeinde dankte.

Vorstadt Berg 3. Febr. In der Maschinenfabrik von Kuhn würde heute einem gerade 25 Jahre in der Fabrik an- gestellten Drechsler, Louis Wagner, eine wohlverviente Anerkennung zu Theil, indem Prinzipal und Mitarbeiter sich ver­einigten, um den pflichttreuen Arbeiter, und Freund zu diesem Tage mit Geschenken zu überraschen.

Isny 2. Febr. In dem benachbar ten waldumkränzten Orte Eisenach ist gegenwärtig in einem Statte eine Heerde von etwa 10 jungen Rehen zu sehe», weiche während der grimmigen Kälte- und Schneefall des vorigen Monats.mit Leich­tigkeit gefangen und so vor dc.m-Ty.d? des Erfrierens oder Verhungerns oder-Berzehrt- iverdens durch Füchse bewahrt wurden. Die seltenen Pfleglinae sollen sich ganz

wähl befinden in ihrem Kosthause; mitj Eintritt des Frühlings werden sie der Frei­heit und dem schönen grünen Walde zu- rückgegeben.

Ausland. i

Nachrichten aus Schanghai (China) vom 3. Febr. zu Folge zerstörte eine Feuersbrun st das Frauen- und Kin­derasyl zu Tientsin, wobei mehr als 2000 Menschen umgekommen sind.

Vom Krieg.

Wien, 5. Febr. Deutschland, England und Frankreich haben die österreichische Einladung zur Konfe­renz bereits zu stimmend beant­wortet. Zeit des Zusammentritts noch unbestimmt. Die Feststellung des Zeit­punktes erfolgt nach Beendigung der Adria- nopeler Verhandlungen in Betreff der Frie­densgrundlagen.

Petersburg 3. Februar. Ans Adrianopel vom 3 t. Januar, Abends 6 Uhr, wird amtlich gemeldet: Die Friedensgrundlagen sind von der Pforte angenommen und so eben vom Großfürsten Niko­laus und den Bevollmächtig­ten des Sultans unterzeichnet worden, ebenso der Waffen­stillstand. Der Befehl zur Einstellung der Operationen wird sogleich an alle De­tachements, sowie nach dem Kaukasus ent­sendet. Alle D o n a u f e st u n g e n und auch Erzerum werden von den Türken geräumt.

Athen 3. Febr. Gestern über­schritten die g r i e ch is ch en Trup­pen unter Soutzo die Grenze. Die türkischen Grenztruppen zogen si d nach Dhomok 6 (Thaumakoi) zurück. Mau nimmt an, die Griechen marschiren auf Dhomslo, (im südl. Thessalien) dessen Gar­nison 2000 Mann stark ist.

Miszelle».

Der Kuß des deutschenKron Prinzen. Man schreibt aus Rom: Die Geiühie des Vatikans wurden sehr stark in Aufruhr versetzt durch denKuß des deutschen Kronprinzen". Es ist der Kuß, den der Sieger von Weißenburg und Wörlh auf die Wangen des jungen Prinzen von Neapel gedrückt hat, als er ihn aus dem Balkon des Quirinals dem jubelnden Volke zsigte, - was dem Vatikan einen Schmerz bereitet hat, den man achten dürfte, wenn er sich nicht in so niedriger Weise äußerte, wie in derVoce della Berits". Dieselbe schreibt eine ganze Geschichte des Küssens, die in den Knß des Judas ausläuft. Dem gegenüber wird von Uulerrichteteu erzählt wie zufällig und ohne absichtliche Jnsceni rung die Sache gekommen ist. Der deutsche Kronprinz, der sich noch in den vom Platze weil zurückliegenden .Gemächern des Quir: »als bei der italienischen Königssamilie de fand, als die.Ceremonieiimeister meldeten daß das vor demselben versammelte Vol!: sein, Königspaar zu seh.-n begehre, war anfangs durchaus nicht Willens gewesen das . letztere aus den Balkon zu begleiten Nur aus dringendes Bitten von Humbert und Gemahlin irat er mil Veni lden hervor

und sah neben sich de» in der Aufregung von den Eltern nicht beachteten kleinen Erbprinzen vergeblich an der Brüstung zappeln, um über dieselbe hinüberzuschaneii. Da erbarmte er sich des Kleinen und nahm ihn ans seine Arme, der zukünftige Kaiser des deutschen Reichs den zukünftige» König von Italien, und der fast instinktive Akt eines väterlichen und kinderfreundlichen Gemüths war unbeabsichtiger Weise zum bedeutungsvolle» Symbol. Man begreift die Begeisterung des Volkes wie die Wuth derer, die dasselbe ihren Händen so ganz enischlüpsen sehen.

Von den vielen Anekdoten aus de ni Leben König Victor E m a n u e l s sei folgende ermähnt: Der König schoß einmal in der Nähe von Nom auf einen Hasen, als gerade auch ein schmeerdäuchiger Bürger, der dort dem Jagdvergnügen huldigte, ans Lampe sein Gewehr abschoß. Mein Herr, den Ha­ien habe ich geschossen, ries der König. Gehen sie doch, das könnie jeder Narr iagen, schrie der Andere. Mir gehört er, ich nehme den Hasen. Das möchte ich doch sehen! Der König ballte die Fäuste, aus seinen kleinen Auge» sprühten Blitze, und es begann eine förmliche Bal­gerei, in welcher, tüchtige Püffe austhei- lend und empfangend, der Eroberer bei­der Sicilien Sieger blieb. Der Bürger ergriff die Flucht, im Laufen den von ihm nicht erkannten Könige alle möglichen Titu- aturen an den Kops werfend. Beim Süd- thore Roms befahl der König dein Wachl- kommandanlen, dem unterlegenen Bürger ns zu seiner Wohnung zu folgen und über ihn Bericht zu erstatten. Nach einer Stunde meldete dcr Officier, der unbekannte Jäger sei ein ehrlicher Tischlermeister bei der Porta del Populo." Auf Befehl des Königs ward er mittels eines Hofwagens in den Quirinal gebracht. Der wackere Mann konnte sich nicht erklären, was der König eigentlich von ihm wolle, und be­klommenen Herzens ließ er sich auf den eidenpolstern nieder. Im Palaste ange- komme», erkannte er zu seinem Schrecken in dem König seinen Gegner. Meister Salvini, sprach der König zu dem an allen Gliedern Zitternden, ich ließ Sie zu mir bitten, weil ich in dem Hasen fremde Schrotkörner gefunden. Wir Beide sind im Rechte. Wissen Sie was? Essen wir den Haien miteinander! Und schon öffnete sich die Thür des Speisezimmers, wo zwischen zwei Gedecken der streitige Hasenbraten dampfte.

Gegen die Diphteritis, diese mörderisch? Kinderkrankheit, soll sich nach Versuchen, welche Medizinalrath Dr. Fiedler in Dres­den aiistellte, feuriger spanischer oder por­tugiesischer Wein als sehr wirksam erwei­se». Bereits im Todeskampfe liegende Kinder wurden durch das Feuer, welches der Portwein in ihre Adern trug, so er­wärmt, daß binnen Kurzem ein heftiger Schweiß ansbrach und durch den Mund alle Schleimhaut Ablagerungen, die sonst den Erstickungstod herbeigeführt haben würden, ausgefloßen wurden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.