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türkischen Truppen verfolgten den in Un­ordnung fliehenden Feind bis Hainbog- Haz. Suteiman Pascha besetzte dieses Defilö. Die russischen Verluste sind be­trächtlich, 2 Kanonen und eine große Menge Montirungsstücke wurden von den Türken erbeutet.

St. P etersburg, 4. Aug. Heute wurde ein kais. Ukas über die Berufung von 188,600 Landwehrmänner erster Klasse veröffentlicht.

Konstantinopel. 5. Aug. Ein Edikt des Sultans setzt den Gehalt aller Beamten um die Hälfte bis zum Kriegsende herab.

Miszellen.

Johannisberger KabineL-

Humoreske von W. Böhm.

(Fortsetzung.)

Die Excellenz ermannte sich zuerst.Ist Er verrückt geworden?" schrie sie, alle noble Haltung und Würde ganz vergessend, den unglückseligen Jean an.

Excellenz werden verzeihen" ver­suchte dieser seinen Bericht zu beginnen, aber weiter kam er nicht, der Seifenschaum übte beim Oeffnen und Schließen deS Mundes wieder seine ätzende Kraft aus das Wort blieb ihm in der Kehle stecken.

Hinaus und reinige er sich zuerst!" befahl der Minister.Dann komme er wieder und mache seine Meldung, und wehe Ihm, wenn dieselbe nicht dazu an- gethan ist, mich den angerichteten Schaden vergessen zu machen. Und Er," wandte er sich zu dem bestürzten Barbier,der durch Seine Tölpelhaftigkeit das Unglück milverschuldet hat, mache rasch, daß Er mich rasirt und dann sortkommt."

Beides geschah schnell und ohne weiteres Unheil.Jean," rief der Mini­ster, der Gerufene trat ein und überreichte, zum Referiren aufgefordert, statt aller Worte einen Brief, wie der Leser er- räth, denjenigen des Geheimraths Wehlau.

Der Minister las.Herrlich!" rief er nach kurzer Zeit, eine Gelegenheit, wie sie mir sobald nicht wieder erblühen dürste! Jean! Ihm soll wegen des guten Inhalts des Briefes und der damit ver­bundenen Sendung, über die er offenbar rapportiren wollte, die vorhin angerichtete Konfusion und Schadenstiftung verziehen sein. Aber jetzt werfe Er sich in die Gala- livree, Er muß zu Seiner Hoheit dem Erbprinzen! Aber schnell! Ich werde in­zwischen schreiben."

Auf's Höchste überrascht und zugleich erfreut, so über alle Erwartung gnädig davon zu kommen, eilte der Kammerdiener hinaus.

Dafür kann ich den Spiegel opfern," hob der allein gebliebene Minister an, das trifft sich in der That wie gerufen. Jetzt ist mir die Grasenkrone sicher. Erst gestern äußerte sich Seine Hoheit unwillig über die Meldung des Kellermeisters, daß die Marke Johannisberger Kabinet ausge­gangen sei. Er empfängt heute den auf Besuch an unserem Hofe weilenden Prinzen

Alexander zum Diner, und da wäre der Johannisberger, des erlauchten Gastes Lieblingswein, kaum noch zu beschaffen gewesen. Der Geheimrath ist ein Engel; freilich, ich merke es schon, er will sich, dadurch in meiner Gunst wieder restituiren.! Nun, die soll ihm werden verhilft er mir doch dadurch zur Grafenkrone! Zu­nächst werde ich ihn zum diplomatischen Diner einladen aber der edle Johan­nisberger soll die Kehlen der Diplomaten nicht ausspülen, der geht an den Erb­prinzen. Die Politik befiehlt mir, mich dem Erben des Thrones verbindlich zu erweisen es ist die erste günstige Gele­genheit dazu er kennt meinen Lieblings- wunsch kt xarole ä'dvnllkur! er wird mir zu seiner Erfüllung verhelfen!"

Seine Excellenz hatten während dieses Selbstgesprächs geschrieben und den Brief gesiegelt. Jean erschien, erhielt den Be fehl, damit zum Palais Seiner Hoheit des Erbprinzen zu gehen und entfernte sich wieder. Triumphirend hob der Mini­ster das Petschaft empor.Bald, wenn ich dich wieder gebrauche, wirst du mit den Initialen meines Namens eine Gra­fenkrone abdrücken." Er sah auf den zer­trümmerten Trumeau.Und du wirst, restaurirt, das Bild eines Grafen wieder- fpiegeln. Pah! ein kleines Opfer für ein großes Glück!

(Fortsetzung folgt.)

(Gesundheits-Nück s ich t en bei der Auswahl von Tapeten.) Man begegnet noch immer der verkehrten Ansicht, daß nur lebhaft grüne Tapeten wegen Arsengehalts der Ge­sundheit schädlich seien; es enthalten aber auch jezuweilen nachgewiesenermaßen Ta­peten von anderer Farbe, z. B. rothe, braune, blaugrüne, das bezeichnete Gift. Das etwaige nachträgliche bedrucken hell­grüner Tapeten (Ladenhüter) mit mattgrü­ner, unschädlicher Farbe ändert ferner an der Gesundheitsschädlichkeit nichts, denn nicht nur das Einathmen des von Wand und Tapeten sich ablösenden arsenhaltigen Staubs, sondern auch die gasartige Ent­wickelung von die Zimmerluft durchdrin­gendem Arsenwasserstoff (durch Einwirkung der Feuchtigkeit und von Klebmitteln auf arsenhaltigem Anstrich und derartige Tape­ten) veranlaßt oft ernstliche Erkrankungen, daher bei der Tapetenwahl die größte Vor­sicht und Zuziehung von Sachverständigen geboten ist.

Mondfin sterniß. Am 23. d. M. haben wir wieder eine totale Mondfinster- niß, ähnlich der, welche am 27. Februar cr. beobachtet wurde. Die Finsterniß beginnt am 23. August 9 Uhr 50 Minuten Abends, erreicht ihren Höhepunkt um 11 Uhr 48 Minuten und endet Morgens 1 Uhr 46 Minuten.

Sternschnuppenfall. Wir bringen unfern Lesern in Erinnerung, daß in den Abend- und Nachtstunden vom 9. bis 12. d. M. bei heiterem Himmel, wie alljährlich, ein großer Sternschnuppenfall beobachtet werden kann. Die ersten Stun-

ben nach Mitternacht sind die an Stern­schnuppen reichsten.

Me alle Leier.

Aon Jenseits des Mein«.

So hat das Schweigen endlich er gebrochen, Herr Mac Mahon, der Mann deS Septennats;

Ihr laset, was in Bourges er gesprochen Zum Trost der Seinen und zum Wohl des

Staats.

Auch er schon setzt als Neiie-Agitator Sich auf die Bahn und redet frank und frei Zum Lande, wie vordem der Impera­tor

Frankreich will Neues, doch Das ist nicht neu!

Kein Freund der Kön'ge und kein Knecht der Pfaffen

Es bürgt dafür sein ehrliches Gesicht Als ein Soldat, ergraut im Dienst der Waffen,

Kann er nur reden einfach, wahr und schlicht. Nach außen will erhalten er den Frieden, Und diesem Vorsatz glaubt es bleibt er treu.

So sagt er. Gut gesagt. Jedoch entschieden Will Frankreich Neues, und Das ist nicht neu!

Als Mann der Ordnung an der Spitze schreiten

Der Ordnnngsmänner sagt er ist sein Ziel;

Den Leidenschaften, die dich irreleiten,

O Frankreich, stört er das frivole

Spiel.

Den Radikalen wird er stets mit Strenge Entgegentreten ohne Furcht und Scheu. Der Marschall fpricht's Und schweigend hörl's die Menge

Frankreich will Neues, doch DaS ist nicht neu!

Dann kommt er endlich denn das darf nicht fehlen

Aufder Bevölkerung gesunden Sinn"; Auf diesen kann er zweifelsohne zähle», Und dieser reicht als Stütze für ihn hin. So wird er denn, dem Hasser und dem

Neider

Zum Trotze, kühn und mächtig wie ein Leu, Den Wahlkampf wagen. Also sprach er leider

Will Frankreich Neues, umd Das ist nicht neu!

Daß hie und da ein großes M zu lesen, Könnt' neu erscheinen; da jedoch vorher Schon L und N mitunter dagewesen.

So gilt das M selbst kaum als Neuheit mehr. Still blieb das Volk, kaum ein gedungener Schreier

Ermannte sich zu schüchternem Geschrei. Mit einem Wort: es war die alte Leier. Frankreich will Neues, und Er ist nicht neu!

(Kladderadatsch.)

Goldkurs der Staatskasscnvrrwaltung

vom 1. August 1877. 20-Frankenstücke . . . 16 ^ 24 L

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Reuenbürg.