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soweit es die eigentlichen Fabrikarbeiter betrifft, sind, ergibt sich daraus, daß unter den Bedürftige», welche sich um Unterstützung an die städt. Behörden, bezm. an die bestehenden Hilfskassen gewendet haben, »ach einer neuerlichen Erhebung nur eine ver- hältnißmäßig geringe Zahl ist, welche der genannten Kategorie augehörl. (2. M.)
Württemberg.
Am 13. April wurde von der Ober- schülbehörde
die zweite Schulstelle in Wiidbad dem Schulmeister Leukhardt in Laihingen a. E., übertragen.
Stuttgart, 18. April. Den interessanten Schluß des Piervemarktes bildet der Verkauf der Pferde aus dem K. Landgestüte, sowie aus d>m Kgl. Leib stall und den K. Privat „e- st ü l e n. Der elftere Verkant fand statt am Dienstag Nachmittag. Aus 18 vorge- sührten Pierden wurde die Summe von 21,830 als Erlös erzielt.
Stuttgart. Pferdemarkl-Lotterie. Die Abgabe der Gewinne wird nächsten Samstag, Montag und Dienstag von 9—12 j »nd von 2—5 Uhr, an den folgenden Tagen je von 11—12 Ubr im Königsbau statt-! finden. Die Gewinner von Pferden haben ihre Loose gleichfalls bei der betr. Kommission im Königsbau abzugeben und erhalten von ihr eine Anweisung, mit welcher versehen sie ihren Gewinn im Kgl. Marstall adholen können.
Vom Fuß der Achalm, 17. April. Die Viehpreise erhalte» sich in gleicher Höhe und bringt warmes Wetter bald Klee und Viehfutter, so werden sie eher steigen. Auf dem Markt am Freitag kostete in Tübingen das Paar Milchschweine 25—33 oK Biele Händler waren anwesend.
Rottweil, 16. April. Die umfangreiche Pulverfabrik hier zieht in ihrer ausgedehnten Thäligkeit immer weitere Kreise. Dem Direktor dxrselben Dul- te »Hofer ist eS in wiederholten persönlichen Besprechungen mit dem Fürsten Bismarck gelungen, van demselben ein großes Areal auf dessen Besitzuugeu nicht ferne von Hamburg auf die Dauer von 25 Jahren pachtweise zu erhalle». Auf dem- selben wird, als Znu iganstalt der Fabrik hier, eine neue Pulverfabrik erbaut, in welcher mittelst ein-r Dampfmaschine von 100 Pferdekräflen tätlich 100 Zentner Pulver producirt werden sollen, sie wird sich besonders mit Ferligung d-s prismatischen Pulvers befassen. Die Wahl der Anlage der Fabrik in der Nabe der Elbe und der Nordsee darf wegen Bezugs der nöihigen Materialien und der Aus'uhr der Fabrikate eine glückliche genannt werden. Der Bau und der Betrieb stehen unter Leitung des Direktors. , (S. M.)
Neuenbürg. 20. April. Unter den durch ihre Stellung >m öffentlichen Leben auch in weiteren Kreisen bekannten und geachteten, Männ-rn, welche in den letzten Wochen nach längerem Wirten in Slavt und Bezirk durch den Tod abnerufen
wurden, ist auch Hr..Rechtsanwalt Dr. L u tz
zu zahlen, der beute znr Erde bestattet
wird. Hier geboren und erzogen, ließ er sich nach vollendeten rechtswissenschafllichen Studien Ende d^r ZOer Jahre als Anwalt hur nieder und kam damit manchem zuvor empfundenen Bcdurfliiß entgegen. Dieser Beruf, in welchem er nahezu 40 Janre unverdrossen wirkte, machte ihn zu einer in allen Kreisen der Bevölkerung bekannten um-.änglichen Persönlichkeit, deren uner^ wartet rasch eingetrelener Tod weiterhin hemerkt werden wird. Während er srü her am öffentlichen Leben regen Antheil nahm, brachten ihm die im Gefolge unserer veränderten staatlichen Verhältnisse eilige iretenen neuen Rechtsordnungen und Gesetze weiteres Studium und so lebte er fast ausschließlich den vernuhrte» Pflichten seines Berufs, dem er bis wenige Tage vor seinen, Ende noch oblag. (Die Redaktion des Enzthälec batte sich mehrerer der historischen Beilräue über Vorgeschichte und interessante! Begebenheiten von Htadt und Bezirks deren Kunde er mit Vorliebe pflegte, inj wohlwollender Weise von ihm zw erfreuen.) Möge ihm »ach des Tages Lasten zum Feierabend die Erde leicht sein.
Ausland.
Petersburg, 17. April. (Officiös.) Die Abreise des Kaisers steht unmittelbar bevor. Nach bisheriger Bestimmung tritt er die Reffe nach Kischinew am 18. ds. Abends an. General Jgnalieff begleitet! denselben. Der Zar nimmt nicht an der Cam-! pagne Theil und wird nur die Truppen ^besichtigen. Ein Befehl des Kaisers de» Krieg zu erklären, ist bisher nicht erlaffen. Die gegenwärtige Lage zwingt Rußland gewissermaßen zum einseitigen Handeln. Rußland allein hat mobilisüt. Die schroffe Art, womit die Türkei das Protokoll verwirft, würde von Rußland einen Rückzug verlangen, der sich durch nichts moüvrren ließe. Die Türkei will den Konflikt, sie drängt zum Kriege und Hut nicht blos in ihrer letzten Cirkularnote das Protokoll Zerworfen, souderii überhaupt den Mächten das Recht und die Möglichkeit, irgend in ! der Türkei innere Re >ormen zu veranlasse», zu gewährleisten und zu beaufsichtigen, labgcsprochen. Damit ist eine völlige neue Lage geschaffen, die sogar den Boden der ^ früheren Konferenz beseitigt.
Miszellen.
Wirkung verschiedener Be- leu chtu n g s a rt eii auf dasmensch- l i ch e A u g e. Ein Sachverständiger in St. Petersburg hat bei genauer Unter suchung gefunden, daß unter denjenigen Schülern, welche bei Heller Gasbeleuchiuug arbeiten, 20 Prozent, unter den fügend- lichen Arbeitern bei Petroleumbeleuchtung 29 Prozent, und unter denen, die sich mit Rübölflammen begnügen mußten, sogar 50 Proz. Kurzsichtige waren. Im Allgemeinen sinv'hi'uläiigliche L chtmenge, ruhiges, gleichmäßiges Licht und Abschwächmig blendenden Lichtes als die drei wichtigsten Erfordernisse der Augendiat erkannt worden.
! Km wilden See.
(Von Carl Weitbrecht.)
I.
Im liefen Wald am wilden See Da sitzt des Försters junges Weib,
Jbr Anilitz ist gebleicht von Weh,
Ein schwarz Gewand umhüllt den Leib.
Sie läßt die Hä' de ruhn im Schoß,
Sie blickt i»'s Wasser starr und stumm — Der See liegt schwarz und regungslos.
Es schweigt der Tannwald um und um.
Der Wald ist weil, der See ist tief —
Im See ertrank ihr einzig Kind;
Wie laut es nach der Mutter rief.
Hier hört es niemand a!s der Wind.
Nun sitzt die Mutter Tag für Tag Am wilden See mit irrem Sinn,
Starrt fragend auf das Wasser hin — „Wann wohl mein Liebling kommen mag?"
II.
An dem User sitzt sie wieder,
Tvränenleer ihr Auge ruht Aus dem See, und hoch hernieder Streift ein Sonnenstrahl die Fluth.
Stille rings, nur aus de» Lüften Kommt des Habichts wilder Schrei,
Mit des Haidekraukes Dritten Zieh» die Winde still vorbei.
lieber» See die Wellen gleiten, -
Und die Winde starker wehn —
Da aus einmal rarffcht's zur Seiten,
Wo die Heidelbeeren stehn.
Und ein Knabe kommt gegangen, ,
Doch die Irre sieht ihn nicht —
Blonde krause Locken hangen
Um ein rosig frisch Gesicht. -
Und er stellt sich zu der Bleichen Schaut sie an aus Augen blau.
Und er spricht mit kinderweichen Lauten leis: „was fehlt dir, Frau?"
Und sie wendet sich und breitet Jubelnd ihre Arme aus:
„Bist du endlich da, mein Liebling?
Komm geschwinde, komm nach Haus!"
III.
Der Förster staunt, wie mit dem blonden
Jungen
Des Tagelöhners sie nach Hause kehrt. Doch abnt er schnelle, was sie will und wehrt Dem Wahne nicht. Sie hält das Kind ! umschltingen,
Sie herzt es, küßt es — und seil Jahren
wieder
Rinnt ihr zum erstenmal die Thräne nieder.
Und wie das Kind sie pflegt und nährt
und kleidet
Mit Mutterlieb und Sorge Tag für Tag, Weicht auch die Nacht, die auf dem Sinn
ihr lag,
Weicht Schritt um Schritt zurück, und endlich
scheidet
Das Dunkel ganz. Doch nimmer weicht
ihr Lieben,
Des Kindes Mutter ist sie stets geblieben.
(Schw. Lieder-Chr.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.