610

einer nicht ebenbürtigen Ehe des Prinzen Alexander stammt. Allen diesen Muthmaßun- gen ist nnnmekr durch die Verladung des Prinzen Wilhelm mit einer Prinzessin von Wa!deck ein Ziel gesetzt.

Die General-Ordens-Kommission in Berlin erlaßt sollende Bekanntmachung :

Ungeachtet der in den öffentliche» Blättern wiederholt erlassenen Bekannt­machungen' hat sich eine beträchtliche An- zahl Inhaber des Eisernen Kreuzes aus dem Feldzüge 1870/7 l zum Empfange des Zeugnisses über den rechtmäßigen Besitz dieser Auszeichnung noch nicht gemeldet. Es werden deßhalb die gedachten Inhaber hierdurch nochmals ausget'ordert, sich mit Angabe ihres gegenwärtigen Wohnorts und idres früheren Verhältnisses, in wel­chem sie das Eiserne Kreuz erworben ha­ben, bei dem betreffenden Landwehrbezirks- kowMM-do unv.rzüglich mündlich oder schriftlich zu melden.

Nach Berliner Mittheilungen sind in einigen preußischen Provinzen falsche Zwanzigmarksliicke, Hamburger Gepräges, mit der Jahreszahl 1876 in den Verkehr gekommen. Die Falschstücke, welche stark vergoldet sind, sollen aus Silber oder sonstigem Weißmellall hergestellt sein und einen ganz guten Klang habe».

Württemberg.

Calw, 14. Dez. Bei der gestern stattgehnbten Wahlverhandlung ist Herr Fabrikant Julius Stalin von hier mit 2754 von 3007 im Ganzen abgegebenen Stimmen als Landtagsabgeordneter aus der Urne hervorgegangen.

An dem K. Polytechnikum in Stutt­gart besinden sich im laufenden Winterhalb­sahr 459 Studirende, worunter 228 Würt- temberher und 231 Nichtwürttemberger.

Neuenbü r g, 10. Dez. Wie wir hören,"beabsichtigt der Schüzenverein wie in frffhery. Jahren am Stephan-Feiertage eine Weihnachlfeier mit Christbaumgaben- Lerloofllng und Concert.Mvsik zu veran­stalten. Es wird dieser beliebten Weih­nacht-Unterhaltung an Theilahme nicht fehlen.

Ausland.

Die Kosferenzaussichten sind nach wie vor nebelhafte. Selbst in der Voraus­setzung, schreibt dieK. Z." daß sich die aus Wien und Konstantinopel ein­treffenden und nicht nur in den Blättern enthaltenen Angaben über eine angebliche Annäherung zwischen Rußland und England auch wegen der Okkupation bestätigen sollen, würde es sich doch nicht um eine Besetzung handeln, wie sie Rußland bis in die letzte Zeit beabsichtigt hatte. Ueber Form und Modus gehen die Meldungen auseinander.

Miszellen.

Doktor und Apotheker.

Motto: Hildebrand und sein Sehn Hadubrand. Tüb. Com- wersb.

Der Amtmann Fröhlich feiert seinen Geburtstag und hat mit vielen andern Freunden auch den Doktor Tieftrunk und seinen Intimus, den Apotheker Schlucker, zu einem Glase Wem zum Abend einge^ laden. Man ist heiter und guter Dinge,

und natürlich bleibt^es nicht bei einem Glase, eine gehörige Anzahl leerer Flaschen, die auf dem Tilche stetstn, und eine gehörige Anzahl voller Gäste, die unter dem Tische liegen, deuten vielmehr darauf hin, daß hier dem Gotte Bacchus ganz ungewöhn­licheTrankopser" dargebracht wurden.

Zu der untern Tischgesellschaft gehört nun unter Auoern auch unser guter Apo­theker Schlucker, der indeß schon längst keinen Schluck mehr trinken kann und selig entschlafen ist, nährend sein Freund, der eine bessere Klinge schlagende Doktor Ties- irunk, in voller Thäligkeit und Rüstigkeir mit Wenigen »och am Tische saß.

Endlich in später Naa,t muß aber doch zum Ausbruch geschritten werden und der Doktor, welcher nun das Schlachtfeld Übersicht und unter den dasselbe Bedecken­den auch seinen, durch einenHieb" schwer verwundeten Intimus erblickt, denkt bei sich .Du kannst doch Deinen guten Freund, den armen Schiucker, hier nicht im Stiche lassen."

Er rüttelt also denselben mit vieler Mühe wach, beladet sich mit dem Schwer­geladenen und will ihn so nach Hause bringen. Unterwegs wird dem mackern Doktor aber doch die Last zu schwer und ihm fällt ein, daß er den Apotheker, dessen Wohnung überdies ziemlich entfernt liegt, ja ebenso gut auch könne nach Hause fahren lassen. Er tritt demnach zum ersten besten Droschkenkutscher, übergiebi und empfiehlt demselben seinen taumelnden Freund, ver­fehlt aber nicht, recht vorsichtig hinzufügen : Ta der Zustand dieses Herrn durch die Bewegung des Fahrens der Reinlichkeit Ihres Wagens möglicherweise nachtheilig werden kann, so kommen Sie nur morgen früh zu mir, was Sie dann verlangen, werde ich Ihnen bezahlen." -Schon gut Herr Doktor, versteh'," erwiederte der Kutscher mit pfiffigem Augenzwinkern,soll allevs schönstens besorgt werdin."

Der Doktor, über das Schicksal seines Freundes beruhigt,geht nach Hause, während der Kutscher seinen schweren Passagier »ach dessen Wohnung befördert.

Am andern Morgen erscheint derNoffe- lenker beim Doktor, um - sich das Fahr­geld zu holen.Na, Kutscher, wie viel macht die Geschichte?"Eine Mark Herr Doklor, macht der ganze Krempel." Wie. blos eine Mark?" fragte der Dokior verwundert,Kat denn mein Freund der Reinlichkeit Ihres Wagens keinen Scha­den bereitet?"Ach nee, Herr Dok­tor, dazu is der Herr Apotheker gar nicht gekommen; denn gleich, wie ich ihn in den Wagen gebracht, Hab ich ihm sofort den Kops in den Futterbeutel gesteckt.

(B. Fl. Bl.)

Berlin. Seltene Ehrlichkeit. Ein armes Dienstmädchen, das seil einiger Zeit ohne Stellung war, mußte einen Theil ihrer Sachen verkaufe», um ihr Leben zu fristen. Unter den verkauften Gegenständen befand sich auch ein Winterkleid, das sie vor eini­gen Monaten von ihrer Mutter, die bald darauf gestorben war, erhalten hatte. Als sie ganz betrübt in dem Stübchen saß, io sie in sogenannter Schlafstelle war

und sich Vorwürfe darüber machte, daß sie sich von diesem lieben Andenken gelrennt, trat plötzlich die Frau, weiche ihr die Sachen abgetanst, bei ihr ein, und hatte das Kieid auf dem Arme.Ich bin eine arme Wittwe und muß mich sehr quälen, um meine 3 Kinder zu ernähren", sagte die Frau zu dem Dienstmädchen,aber unredlich kann ich nicht sein; hier, nehmen Sie das Kleid zurück". Das Dienstmädchen wußte zwar nicht, was diese Worte bedeuten, aber sie griff voller Glückseligkeit nach dem Kleide.

Sie muffen mir aber die zwei Thaler zurück geben, die ich Ihne» für das Kleid gezahlt habe; ich kann nichts schenken, denn ich muß drei Kinder ernähren." Das arme Dienstmädchen stand ganz railstos da.

Hier von dem Gelde, das in dem Kleide eingenäht war, können Sie die 2 Thaler bezahlen." Das Dienstmädchen konnte sich vor Staunen kaum fassen.

«Jo, ja, hier sind 100 Mark", fuhr die redliche Frau fort, und auch ein Paar Zeilen von Ihrer Mutter, worin sie Ihnen schreibt, daß sie das Geld mühselig zu­sammengespart hat, damit ihr Kind einen Nvthgroschen hat," Das arme Mädchen fühlte sich wie erlöst und , versprach der ehrlichen Frau ewige Dankbarkeit. Bis jetzt hat sie treulich Wort gehalten, denn als sie bald darauf eine Stellung erhi-lt, hat sie manch' erspartes Markstück zu Ge­schenken für die Kinder dieser braven Frau verwendet.

Eigenlhümliche Vergiftung. Der 19- jährige Sohn einer unbemittelten Wittwe in Berlin, welcher in der Güterkammer eines Bahnhofes beschäftigt ist, klagte vor Kurzem über heftiges Reißen im Arm. Derselbe schwoll über Nacht vom Hand­gelenk bis zur Schulter sehr stark an, und bedeckte sich gleichzeitig mit einer so be­denklichen Menge kleiner Pickeln und BläS- cben, daß schleunigst ärztliche Hülfe in An­spruch genommen werden mußte. Nach­dem der zugczogene Arzt den kranken Arm untersucht hatte, fragte er den Patienten, ob er in letzter Zeit vielleicht mit leben­den oder lobten Thieren in unmittelbare Berührung gekommen wäre. Dies war zwar nicht der Fall, dagegen gab der Kranke an, daß er in der letzten Woche auf dem Güterschuppen häufig Thierfelle expedirt hätte, welche aus überseeischen Ländern hierher gekommen seien. Das war es, was dem behandelnden Arzte die Gewißheit gab, daß hier eine Ansteckung von Milzbrand vorliege. Glücklicher Weise gelang es diesmal noch, dem Uebel derart zu begegnen, daß der Patient ans aller Ge­fahr ist, wenn er auch voraussichtlich noch an harten und langwierigen Nachwehen der schrecklichen Blutvergiftung zu leiden haben wird. Das vom Arzt ausgestellte Zeugniß lautet demTgbl." zufolge astf Milzbrand, hervorgeruien durch Ansteckuitg beim Verladen von Fillen.

Goldkurs der k. Statskafsen-Berwaltung

vom 8. Dez. 1876.

20-Frankenstücke . . . 16 20 ^

Redaktion. Druck und Verlag von Jak, Me e h in Neuenbürg. (Markt- und Thalstraße.)