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des Däne, Engländer, Schotte. Holländer, sie trinken zur Erwärmung ihres leiblichen Menschen, zur Besiegung der kühlen Meeresluft und des feuchten Nebels, den schweren südländischen Wein oder gar das ekle gebrannte Wasser. Die wärmen aber sie steigen in den Kopf, sie machen schwer und dumpf und wenn der Deutsche davon nach heimischer Weise trinkt, so wird er betrunken. Diese Südländer oder der Branntwein, sie sind eben nicht „süffig", um ein biederes rheinisches Wort zu gebrauchen.
Der Süoländer dagegen, der Franzose, Spanier und Italiener, sie verstehen auch nichts vom Wein Schon der Franzose mischt sich leinen Wein mit Wasser, wie die Helden Homers, die schon ausbündiger Mengen solch kläglichen Getränkes bedurften, um in eine halbwegs heitere Stimmung zu kommen. Das ist naturgemäß; der Portwein, Xeres,. Marsala, sie erhitzen das heiße Blut des Südländers noch mehr und er greift zum Wasser.
Ich will damit nicht Schlimmes sagen über die Weine unser Nachbarn, der Franzosen; daß sie solch' guten Wein ziehen, habe ich immer als eine Hanptliebenswür- digkeit von ihnen betrachtet. Ein edler Burgunder oder Bordeaux verdient alle Achtung, vorab deßhalb, weil er unter den Fremdlingen mit unserm Rheinwein noch die meiste Aehnlichkeit hat. Der Champagner dagegen ist ein dummes Getränk, ihn zu genießen ist ein Beweis von Geistlosigkeit und Großthuerei, meSbalb es zumeist in Gegenden geschieht oder von solchen, die vom echten Wein nichts verstehen. Der Champagner ist kein Wein, sondern nur Kunstprodukt, ein mit Zucker und Alkohol zurecht gemachter, werthloser Rebensaft, man fragt nicht, wo er gewachsen ist, sondern wer ihn gemacht hat. Die edelcn Herren von Hochheim, Nüdisheim, Johannisberg besitzen ihren Weltruf seit Jahrhunderten und werde» ihn auch ferner besitzen. Die Wittwe Cliquot, Mumm und Rüderer sind Fabrikantennameu, vergänglich wie der bunte Zettel auf ihrer Flasche, wie der prickelnde Schaum ihres Weines.
(Schluß folgt.)
(Die Geschichte einer serbischen Mutter.) Der im Hauptquartier des Fürsten Milan sich aufhallende Korrespondent der „Daily News" erzählt in einem Schreiben vom 20. vorigen Monats folgende Geschichte: „Im Laufe meines nachmittägigen Rittes führte mich der Weg gestern in ein Dorf, in welchem ich eine Schaar Weiber, Kinder und Greise vor der Thür eines Hauses versammelt sand. Auf der Lank unter dem vorspringcnden Dache saß ein Weib, ko!tz- bedeckt, elend und verloren; ein Knabe von etwa 12 Jahren stanv neben ihr nud rund herum bildeten die Lutte einen Kreis, indem sie, in auffallendem Stillschweigen verharrend, znschauten. Auch das Weib schwieg; sie saß da in dem gefühllose» Hinbrüten der Verzweiflung, die Augen ans dep Boden geheftet und den einen Arm um den Knaben geschlungen. Eines der Weiber lispelte meinem Begleiter, einem serbischen Offizier etwas zu und in seinen ernst werdenden Mienen konnte ich d'e
Wirkung der leisen Erzählung erkennen. Er stieg ab, näherte sich dem Weibe und weckte sie durch eine Ansprache ans ihrer Versunkenheit. Anfänglich schien sie bei seinen Reden ganz betäubt und bewußtlos zu sein und an gar nichts theilzunehmen. Bald aber gericth sie in Aufregung und mit fliegender Hast stieß sie die entsetzliche Geschichte ihrer Leiden hervor, die mir mein Gefährte in der Eile und bruchstückweise übersetzte. Die Gewallthaten, denen sie persönlich unterworfen worden war, können mit ihren fürchterlichen Nebenumständen nicht schriftlich geschildert werden. Ihre Hütte war vor ihren Augen.niedergebrannt ; morden. Von ihren drei Kindern sah sie das jüngste, einen Säugling, von einem > Soldaten zum andern geschleudert und zuletzt in die Flammen fliegen; was mit dem zweiten Kinde geschah, weiß sie nicht; das dritte, der Knabe, der sich nun bei ihr befand, war rechtzeitig entwischt und mit jihr in einem Gehölz zusammengetroffen, nachdem ihr gestattet worden war, sich von dem Schauplatze dieser teuflischen Untbat wegzuschleppen. Ihre Verwandte» leben in einem der Weiler des Hochlandes von Golubinje und sie war so weit zu Fuß , gewandert, um dort eine Zuflucht zu suchen. Ihr Mann war gleich in den ersten Tagen ! des Krieges zum Heer gegangen, und sie ! wußte nicht, wo er sei. Ihre Hütte halte 'auf dem Hochland nächst dem Grumada ^Paß gestanden. Nicht weit vor diesem Punkte der äußersten Südostgrenze von Serbien lag der Ort Lojun, wo, wie Oberst Prolich gestern aus Alexinatz meldete, die Kirche, die Schule und alle Häuser nieder- ' gebrannt worden sind. In ähnlicher Weise ' ist dort auch das Dorf Voljana zerstört worden.
(Ern Gymnasiast als Schützenkönig.) Auf dem Schützenfest zu Betzdorf bei Singen wurde einer der anwesenden Schützen nach dem „W. Frdbl." abgerufen und übertrug es 'seinem Sohne, einem etwa 16jährigen Menschen, wenn sein Name aufgerufen würde, für ihn zu schießen. Der Zufall will es, daß besagter Knabe den Vogel abschießt und somit als Schützenkönig proklamirt wird. Da derselbe der Singener Realschule als Sekundaner an- gehört, mußte der Valer erst telegraphisch beim Direktor anfragen, ob fein Sohn auch diese Würde übernehmen und als Schützen könig fungiren dürfe. Die Antwort lautete bejahend; der kleine Held wurde feierlichst gekrönt und hielt demnächst seine Rede, indem er ein Hoch auf den deutschen Kaiser und das denlsche Reich ausdrachte, das mit der gelungenen Wendung schloß: Möge das deutsche Reich an seiner Spitze niemals einen so jugendlichen und unerfahrenen Herrscher haben, als die Bctzdorfer Schützengilde jetzt in mir besitzt.
(Ein Zeichen der Zeit.) Eine Statue ides berühmten Rennpferdes „L.m«riean Oirl^, welches eine (engl.) Meile in 2 Minuten I6V2 Sek. zurücklegte, wurde kürzlich unter entspechenden Feierlichkeiten im Rennparke zu Elmira, N. A., enthüllt. Dazu sagt die „N. A. Handelsztg.": „Der
zur Vollendung des Washingtoner Monuments des „Vaters des Vaterlandes" erforderliche Betrag ist dagegen trotz aller Anstrengungen bis dato noch nicht aufgebracht worden."
(Fegen der Feuerröhren bei Lokomobilen und Dampfkesseln.) Hierzu empfiehlt R. Weiling in den Mittheilungen des Magdeburger Vereins für Dampfkeffelbetrieb eine Vorrichtung, welche einfach in einem etwa 5 Millimeter weiten, etwas zugespitzteil Knpferrohres besteht, das an einem Holzgriff befestigt und von einem beliebige» Punkte des Dampfraums durch ein Gummi- rohr den Dampf in die Röhren leitet. Das Gummirohr wird an das Kupferrohr unter Einschaltung eines kleinen Hahnes befestigt und beim jedesmaligen Fegen der Röhren aut ein kleines Endchen Rohr gestülpt, welches an dem auf dem Kessel befindlichen Dampihahn befestigt ist. Man nimmt den etwa 1 Meter langen Holzgriff unter den rechten Arm und führt das Kupferrohr, (welches so lange sein muß, daß es durch die Feuerbüchse oder die Rauchkiste reicht) etwa 20 Millimeter weit in das zu fegende Rohr. Hierauf öffnet man den unteren Hahn und bewegt das äußere Rohr an der Peripherie des Feuerrohrs einmal herum. Der ausflrömende Dampf fegt das Rohr vollständig rein, und zwar in sehr kurzer Zeit und in der allerbequemsten Weise, ohne den Betrieb des Kessels zu stören und ohne Belästigung des Heizers durch Rauch, Schmutz oder Hitze. (W. N.)
(Ein Klebmittel, welches an Weiße und Haltbarkeit sogar Gummi arabicum über- lrifft.) Man bringt Milch durch Essigsäure zum Gerinnen und löst den mit reinem Wasser gewaschenen Niederschlag von Casein in kalt gesättigter Boraxlösung auf und erhält am diese Weise eine klare Flüssigkeit von dicklicher Cnsisteirz, welche sich durch eine große Klebkraft und hohen Glanz auszeichnet. Dieses Klebemittel ist den Herren Galanteriearbeiler, Kunsttischlern und Malern bestens zu empfehlen.
(Thierschutz.) Um Pferde und Ochsen gegen die große Plage der Bremsen zu schützen, bringe ich aus dem Rücken, am Bauch und Hals Tücher von allen Kunstdüngersäcken an, die ich mit Erdöl befeuchte Kopf und Hintertheiie wasche ich mit dem „Bremsenöl", und meine Thiere sind völlig gegen die bekannte große Qual geschützt. Vor der Anwendung von Erdöl auf der Hau! der Thiere möchte ich dagegen warnen. Berneä, den 27. Juli 1876. Gült- liugen. (C. W.)
Auflösung Lcr Rälhfrl in Nr. 94.
1 .
Giengen, Stadt an der Brenz im Oberamt Heidenheim mit 2300 Ew.
2 .
Themse — Ems.
O.
Mahon, Stadt auf der Insel M- norka mit 17,000 Erv. — M a c 0 11, Stadt in Burgund mit 12.000 Ew.
Goldkurs der k. Staatskassrn-Verwaltung
vom 8. August 1876. 20-Frankenstücke ... 16 16 ^
Redaktion, Truck und Verlag von Jak. Meeh in Rerrenbürg. (Markt- und Thalstr.)