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Kranit;.
Deutschland.
München, 3. Juli. Heute Vormitttag 8 Uhr SO Min. ist I. M. die Königin von Württemberg in Begleitung der Staatsdame Baronin v. Massenbach und des Majors von Baldinger im strengsten Inkognito hier angekommen. Im Bahnhof von dem k. württemb. Gesandten Frhrn. v. Soden und seiner Gemahlin sowie von dem kaiserl. russischen Gesandten v. Ozerow empfangen, fuhr I. Mas. nach dem Hotel zum bayerischen Hof, wo sie ihr Absteigequartier nabm. Obwohl die Königin, von Jugenheim kommend, die ganze Nacht hindurch gefahren war, erschien sie, sehr wohl aussehend, schon um 10 Uhr im Glaspalast und blieb daselbst bis gegen
1 Uhr Mittags. Sie besichtigte vor Allem die württembergischen Ausstellungsräume, hielt sich dann einige Zeit bei hervorragenden Bildern auf und begab sich hernach in die Alterthumssammlung, wo sie von dem Direktor Dr. v. Hefner-Alteneck und dem Konservator Kuhn geleitet, die genaueste Besichtigung vsrnahm. Der hohe Gast wird mehrere Tage hier bleiben und dieselben ausschließlich der Ausstellung und dem Besuch der hiesigen Kunstschätze widmen.
Baden, 3. Juli. Es ist im Werk, zwischen hier und Gernsbach eine Omnibus- verbindung, in der That ein längst gefühltes Bedürfniß, herzustellen. Es scheint, daß die beiderseitigen Gemeinden sich bereit finden lasten werden » einen Beitrag aus der Stadtkaste zu leisten, um diese für einen lebhafteren Verkehr mit dem Murgthal sehr nothwendige Omnibusverbindung in's Leben zu rufen.
Frei bürg, 3. Juli. In der letzten Sitzung des Bürgerausschußes dahier kam der palastähnliche Bau der höheren Bürgerschule zur Sprache. Der Vau hat nicht weniger als 353,612 fl. 25 kr. gekostet. Es ist nicht zu läugnen, das Haus ist ein untadelhafter und architektonisch großartiger Prachtbau.
Württemberg.
X Höfen, 4. Juli. Seit gestern Mittag gegen 4 Uhr wurde hier ein über
2 Jahre altes Knäblein vermißt und lag sofort die Permuthung nahe, dasselbe sei in einem unbewachten Augenblick in die Enz gefallen und vom Master fortgeristen worden. Die bis in die späte Nacht hinein angestellten Nachforschungen waren ohne Erfolg. Heute Mittag nun wurde das Kind unter einem im untern Sägmühlewaag hängenden Floße vorgefunden. Wiederholt eine Warnung für Eltern zur Beaufsichtigung ihrer Kinder.
Obstreich.
Wien, 4. Juli. Nach der Polit. Korrespondenz aus Bosnien wird durch einen telegraph. Befehl des Sultans die Bewaffnung aller Mohamedaner vom 17. bis zum 70. Lebensjahre angeordnet. Wie derselben Korrespondenz aus der Herzegowina berichtet wird, sind gestern bei Pod- goritza die montenegrinischen Vorposten von den Türken überfallen worden; nach blutigem Kampfe hätten beide Theile ihre Stellungen behauptet.
Ausland.
Semlin, 4. Juli. Dem Kriegsministerium in Belgrad ist heute Nachts die Meldung zugekommen, daß General Tschernajeff an der Spitze zweier Brigaden ein zur Verstärkung der um Nisch sich konzentrirenden türkischen Armee herbeieilendes türkisches Korps, größtentheils aus asiatischen Truppen bestehend, südöstlich von Nisch nach mehrstündigem Ringen zersprengt und in die Flucht geschlagen habe. Auf beiden Seiten starke Verluste.
Die türkische Armee. Reguläre Truppen: 80,000 Mann Infanterie der Nizam und 90,000 Mann Infanterie der Redif oder Reserve; 30,000 Mann Kavallerie der Nizam (Linie) und 10,000 Mann Kavallerie der Redif; 10,000 Mann Feldartillerie der Nizam; dann 1200 Mann Gendarmen zu Fuß und zu Pferde, welche eine Elitentruppe bilden; und 3000 Mann Genietruppen, also im ganzen ein reguläres Heer von ungefähr 200,000 Mann, wenigstens einigermaßen in taktischen Bewegungen geübt. Irreguläre Truppen: I) Baschi- Bozonks zu Fuß 50 bis 55,000 Mann, zu Pferde 8 bis 9000 Mann; 2) berittene Beduinen aus Asien und Afrika etwa 10,000 Mann; 3) albanesische Miliz, 2000 Mann Schützen; 4) Miliz der bosnischen Maho- medaner 1-1,000 Mann zu Fuß und 2—3000 Mann zu Pferde. Hiezu kommen noch 3—4000 Mann tüchtiger Soldaten zu Fuß und zu Pferde, aus eingewanderten Tscherkessen bestehend; im ganzen also ungefähr 100,000 Mann.
Die serbische Armee. Jeder Serbe ist vom 18. bis 50. Jahre zum Militärdienst verpflichtet. Die Ausbildung zum Wehrdienst erfolgt in jeder Gemeinde an Sonn- und Feiertagen durch beurlaubte Soldaten der Linie, welche selbst nur aus 3500 Mann besteht. Im Frühjahr findet zweimal und während 2 Tagen jedesmal, die Sammlung aller Militärpflichtigen in ihren Kompagnie- und Batallionsbezirken statt, und im Herbst werden die Wehrmänner auf 14—20 Tage zum großen Manöver einberufen. Für die Miliz gibt es zwei Aufgebote. Serbien mit 1,250,000 Einwohnern und einem Kriegsbudget von 800,000 Fl. stellt 70 Bataillone, 20 Eskadronen, 100 Geschütze und 30,000 Mann Reserven in's Feld. Die Wehrmänner Serbiens in der Nationalarmee erhalten nur Waffen und Munition, aber keinen Sold.
Miszellen.
(Fatales Mißverständniß.) Ein sehr bekannter reicher Bankier in Wien, dessen Name mit F. ansängt, ließ einen Wazen- lackierer kommen, um demselben den Auftrag zu geben, eine Kutsche neu zu malen. „Machen Sie die Sache ganz einfach," sagte er, „ohne allen Glanz. Ich will kein Aufsehen machen, ich hoffe das. Bringen Sie auf der Thüre deswegen auch durchaus kein kunstreiches Emblem, keine Krone, keinen Namenszug an, sondern nur ein kleines nettes F'chen." — „Gut," sagte der Lackierer, „es soll nach Wunsch geschehen." Und richtig nach 4 Wochen kommt, die Kutsche an, ganz einfach, mit keinem
Emblem, aber auf dem Kutschenschlag hatte der geniale Lackierer statt dem bestellten „kleinen netten F'chen" ein Aeffchen niedlich hingemalt.
(Sonderbare Sitte.) Aus Odessa berichtet der „Now. Tel.": Neulich sah man auf der Hospitalnaja eine alte Frau, Peitsche, und Zügel in der Hand haltend, in einem Korbe, von einem Manne in mittleren Jahren an einem Strick gezogen. Dieser originellen Equipage folgte em Haufen Odessaer Gamins. Bei einer Brücke siel der Korb um und die Alte flog auf die Straße. Das die Stelle des Zugthiers vertretende Individuum hob sie wieder auf und weiter ging dieFahrt^bis zur nächsten - Schenke, in welche sich sowoblZuglhier als Lenkerin begaben. Der Berichterstatter erfuhr, über diese sonderbare Szene Erkundigungen einziehend, eine Volkssitte verlange es, daß nach der Taufe eines Kindes am anderen Tage der Taufpathe die Hebamme in der eben beschriebenen Weise in die Schenke fahre und daselbst bewirthe.
(Was New-Dork gekostet hat.) Das Eiland, auf welchem jetzt die Stadt New- Uork steht, verkauften im Jahre 1668 die Indianer an die Holländer für 10 Hemden, 30 Paar Strümpfe, 10 Gewehre, 30 Kugeln, 30 Pfund Pulver, 30 Beile, 30 Kessel und eine kupferne Bratpfanne, und beide Theile glaubten, einen guten Handel gemacht zu haben. Der eine Theil hat entschieden Recht gehabt.
Eine Konservirungsart der Fluß- und Seefische ist folgende: Mit Anwendung von sehr wenig Zucker ist man im Stande, verschiedene Arten Fische lange Zeit vollkommen frisch zu erhalten und nach dem Kochen schmecken sie gut, als ob man frisch gefangene angewandt hätte. Der Fisch wird bloß geöffnet, auf den fleischigen Theil Zucker gestreut und 2—3 Tage wagrechl gelegt, damit der Zucker durchdringe. Lachs, der auf diese Weise vor dem Einsalzen und Räuchern behandelt uird, hat einen weit angenehmeren Geschmack, als nach der gewöhnlichen Behandlung. Ein Eßlöffel voll Zucker ist hinlänglich für einen 5—6pfündigen Lachs.
(Ein Mittel um Gurken lang frisch zu erhallen.j Zu diesem Behufs sagt die „N. Allg. Ztg." suche man beim Abnehmen der Gurken die schönsten und vollkommensten Exemplare aus und sehe besonders, daß dieselben dicht an der Ranke abgekniffen werden, damit der Stiel an der Gurke bleibt, um sie später daran aufhängen zu können. Alsdann reinige man die Gurken in Wasser mittelst einer weichen Bürste sehr sorgfältig vom Schmutz und trockne sie gut ab. Hierauf bestreicht man dieselben mit Eiweiß und zwar so, daß keine Stelle verfehlt wird; das Eiweiß hält die Luft ab. So behandelte Gurken läßt man lufttrocken werden und hängt dieselben an einer Schnur in einem trockenen Raume auf. Auf diese Weise kann man sich Gurken bis zu Weihnachten frisch erhalten.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meehin Neuenbürg.