224

Neuenbürg, An die 22 Feuer­wehrmänner: Der Art. in Nr. 51 ist sachlich berechtigt und wie die daran ge­knüpfte Mahnung und Hoffnung persönlich gewiß gut gemeint. Sind die Gründe Ihres Austritts auch objektiv gerechtfertigt, lhun Sie nicht wohl daran, auf demselben zu beharren, weil damit die Sache nicht besser wird; denn 22 Stimmen sollten doch einiges Gewicht in die Wagschale legen und so viel Einfluß gewinnen können, daß Wünsche wie die in Nr. 53 angedeuteten sich in Bälde realisiren ließen. Schließlich wollen wir bedenken, daß man das Gute nicht thut um des Dankes, sondern um deS Guten willen.

Ein alter Freund der Feuerwehr.

Kronik.

Deutschland.

Aus der Gegenwart.

Der deutsche Kaiser wird bald nach Berlin zurückkehren, um dort den Kaiser von Rußland zu empfangen. In des Czaren Begleitung wird sich der russische Reichs­kanzler Fürst Gortschakoff befinden, woraus hervorgeht, daß der diesmalige kaiserliche Besuch in Deutschland auch eine politische Bedeutung hat, die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme wird dadurch erhöht, daß auch der österreichisch-ungarische Kanzler, Gras Andrassy, um dieselbe Zeit nach Berlin kommen wird. Natürlich kann nur die orientalische Frage den Gegenstand der deß- sallsigen Verhandlungen bilden. Es kann jetzt als sicher betrachtet werden, daß der hessische Ministerpräsident Hoffmann der Nachfolger Delbrücks im Reichskanzleramts- präsivium sein wird. An Geschäftskenntniß, Vielseitigkeit und amtlicher Leistungsfähig­keit überhaupt, wird er schwerlich seinen Vorgänger übcrtreffen, wogegen mau aus seinen als Bundesbevollmächtigter im Reichs­tage gehaltenen Reden vielfach den Schluß zieht, daß er, mehr als Delbrück geneigt sein könnte, der liberalen Reichstagsmehrheit eventuell schroff gegenüberzutreten. Die Eisenbahnvorlage hat im preuß. Abgeord- ueten-Hause am 2. Mai ihre endgültige Annahme gefunden und zwar mit einer Mehrheit von über 40 Stimmen; dafür stimmten die Nationalliberalen und die Neuconservativen, dagegen die Fortschritts­partei, die Polen, die Ultramontanen und die Allkonservativeil. Die preuß. Negierung ist sonach binnen Kurzem in der Lage, dem Reiche seine Staatsbahnen und die sonstigen Rechte des Staates an Eisenbahnen zum Kaufe anbieten zu können. Der Reichs­kanzler soll jedoch gesagt haben, daß dem Reichstage erst im Jahr 1877 ein deß fallsigcr Gesetzentwurf unterbreitet werden kannte. Der Exkönig von Hannover, des Lebens auf monarchischem Boden mitde. ist mit Kind und Kegel, wie mau sagt, für immer, nach der Republik Frankreich übergesiedelt.

Am 1. Mai endlich haben sich die un­garischen und österreichischen Minister über die Ausgleichsfragen geeinigt. Das Mini sterium Tisza und der Kanzler Andrassy, der ebenfalls mit seinem eventuellen Rück­tritte gedroht hatte, werden sonach im

Amte bleiben. Oesterreich will das ganze 6. Armeekorps mobil machen und an die bosnische Grenze schicken.

Berlin, 2. Mai. Die Post schreibt: Der bevorstehenden Zusammenkunft der drei Kanzler in Berlin wird allseitig eine große Bedeutung beigelegt. Auch nach der Weiterreise des Kaisers von Rußland am 13. Mai verbleiben die fremden Kanzler noch einige Tage hier, um mit dem Fürsten Bismarck über die orientalische Frage zu kouferiren.

Württemberg.

Stutz art, 4. Mai. (57. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Wir enl- nebmen aus der fortgesetzten Berathung des Rechenschaftsberichts V. Ablh. behan­delnd die Prüfung der Staatsfinauzver- waltung von 1873/74, Departement der Finanzen, den Wildbad betr. Passus. Die Restmrttel führen eine Summe von 98,000 fl. zu Gunsten von Wildbad auf. Beutler spricht für die Verwendung der noch verfügbaren Restmittel für Wildbad, Verbesserung der Anlagen, Herstellung von Sälen, bedeckten Glasgängen u. s. w. Auch fehle es an einer Trinkhalle. Dem sollte womöglich bald abgeholfen werden. Mit den vorhandenen Mitteln werde man ziem­lich weit kommen und bitte er den Finanz minister um deren baldige Verwendung, v. Renner: Die verfügbaren 98,000 fl. seien für eine Trinkhalle bestimmt, zu der schon das Reservoir errichtet sei. Zu wei­terem reiche die Summe nicht und müsse man zur Vollendung der Trinkhalle mit einer ueuenAorderung kommen. Vorredner habe selbst zugegeben, daß in den letzten Jahren Vieles in Wildbad geschehen sei. Es sei aber schwer dort rasch Bauten her­zustellen, da man nur die kurze Bauzeit vor und nach der Badesaison zur Verfügung habe. Schuldt unterstützt die Bitte Beutters um Ausführung der noch fehlenden Ein­richtungen. Minister v. Renner: Die vor­handene Trinkhalle sei gar keine Trinkhalle: eine solche soll erst erbaut werden und zwar auch als Kurhalle. Redner führt auf, was im Laufe der Jahre zu Gunsten von Wild­bad planmäßig geschehen. Was zunächst erforderlich sei, habe er schon bezeichnet. Beutter berührt nochmals die zunächst vor­liegenden Wünsche, und zweifelt nicht daran, daß das hohe Haus für diese Perle Würt­tembergs weiters Exigenzen verwilligen werde. Frhr. v. Hofer macht Beutter darauf aufmerksam, daß die vorhandenen Restmittel nur zu dem verwendet werden könnSn, zu was sie ursprünglich verwilligt worden sind. Retter fragt an, ob die Einnahmen Wild­bads bei den bedeutenden Ausgaben hiefür feit 1862 auch mit der Rente in Einklang stehen. Der Berichterstatter kann ihm da­rüber keine genaue Auskunft geben, hält aber alle Ausgaben, die man für Wildbad macht, für vollständig, gerechtfertigt. Hebt m Weiteren den Mangel einer ordentlichen Trinkhalle, sowie eines bedeckten Spazier­gangs hervor. Er habe allerdings vernom­men, daß letzterem Bedürfniß abgeholfen werden solle, glaube aber, daß alle die Punkte, die Beutter ansührt, der Berück- llchiigung zu empfehlen seien, v. Nenner

vergleicht Wildbad mit anderen Bädern die Kammer habe früher eingebrachte Exi­genzen nicht verwilligt. Die Herstellung der Gänge werde erfolgen und dann erst könne man an weitere Einrichtungen denken. Die in Frage stehende Summe werde bei weitem nicht reichen; eine weitere Exigenz werde im nächsten Etat erscheinen. Das von Beutter berührte Glasdach werde nicht von allen Seiten für zweckmäßig erkannt, wenig­stens nicht an der von Beutter bezeichneten Stelle. Gegen Retter bemerkt der Minister, daß die Bavpreise in Wildbad noch sehr mäßige seien und daher auch dem Unbe­mittelten den Besuch leicht gestatten. Trotz« dem seien die Einnahmen solche, daß die gemachten Ausgaben für diese Perle des Landes, wie der Abg. von Neuenbürg ge­sagt habe, sich rechtfertigen lassen. Wächter: Das lasse sich nicht läugnen, daß andere Bäder, die mehr Comfort bieten, auch mehr in Aufnahme kommen, so daß Wildbad nothleiden könnte. Eine provisorische Trink­halle könnte doch keine so großen Kosten verursachen. Es ist durchaus nicht erfor­derlich, daß der Finanz-Minister auf per­sönliche Wünsche in Wildbad Rücksicht nehme. Es möge derselbe das Interesse des Ganzen im Auge behalten. Beutter: Frhr. v. Hofer scheine ihn mißverstanden zu haben. Er habe sagen wollen, die hohe Kammer werde der Bewilligung einer Nachexigenz für die von ihm angeführten Objekte nicht abgeneigt sein. Hörner erklärt Retter, daß die Einnahmen Wildbads über 50,000 fl. betragen, also den Zins einer Million re- präsentiren. Folglich seien auch die Aus­gaben gerechtfertigt, wie die Bitte Beutters an den Finanzmiuister, für die Errichtung der noch fehlenden Gebäude bald Sorge tragen zu wollen.

Waldsee, 3. Mai. Soeben durch­läuft die SchreckenLkunde unsere Stadt, daß vergangene Nacht die etwas abgelegene Mühle in Jggenau sammt sechs Personen ein Raub der Flammen geworden ist. Der Eigenthümer und der Schweizer-Knecht wurden, als sie das Vieh loslassen wollten, durch das Rutschen der Strohbedachung und das Wiedereindrängen des befreiten Viehes vom Feuertode ereilt. Zwei Kinder, von denen eines nicht zu Hause war, stehen vor den Trümmern von Haus und Hof, in denen ihre unglücklichen Eltern und Geschwister, die alte Großmutter und ein treuer Dienstbote als verkohlte Leichen be­graben liegen. (N. T.)

Biberach, 2. Mai. Seit heute Morgen 6 Uhr fällt eine solche Masse Schnee, daß man glauben könnte, wir befinden uns im tiefsten Winter. Unsere prächtig blühenden Bäume und Sträucher brechen unter der Last und von den gestern noch im reinsten Goldglanze strahlenden Nepsfeldern findet heute das Auge keine Spur mehr, so winterlich bedeckt ist die ganze Gegend geworden.

Stuttgart, 1. Mai. Die Bäcker- Genossenschaft hat beschlossen, daß künftig das Brod dem Gewicht nach verkauft wer­den soll. Man begrüßt diese Neuerung mit Freuden, da man jetzt weiß, was man mit seinem Gelbe bezahlt.

Redaktion, Druck und Verlag von 2«'. Meeh in Neuenbürg. (Markt- und Thalstr.)