646

zu gerne gesehen, wenn es mit Spanien zu einem Konflikte und zur Annexion der Perle der Antillen gekommen wäre. Be­züglich dieses Punktes ist es übrigens noch nicht aller Tage Abend.

(Die Explosion in Bremerhavens

Die Zahl der Opfer vergrößert sich noch immer. Noch zuverlässiger Mittheilung beträgt sie an Todten und Berwundeten 170. Am schwersten von alle» wurde wohl eine Familie mit ihren nächsten Verwandten betroffen, die Familie Eimer. Herr Eimer sen. sowie der ältere Sohn desselben welcher über Southampton nach Westindien reisen wellte, und darum von allen seinen Angehörigen zum Dampfer begleitet wurde, sind todt. Gleiches muß auch von dem jüngeren 13jährigen Sohn gesagt werden, dessen Leiche bis jetzt nicht aufgcfunden ist Frau Eimer sen. wurde der Arm gebrochen Sie liegt im Hospital. Einer der Töchter des Hrn. Eimer Vater, Frau Christian Clanssen, mußte die rechte Hand abgenom­men werden, während eine zweite verhei- rathete Tochter, Frau W. Glauert, leicht an Händen, Gesicht und Beineu verwundet wurde, und eine dritte Tochter ebenfalls nur ungefährlich verletzt ist. Ein Schwieger­sohn, Christian Claussen, ist todt. Ein anderer Schiegersohn, W. Glauert, erhielt eine schwere Verletzung im Unterleib. Kou- rad Glauert, Bruder des letzteren ist todt. Fräulein Glauert endlich mußte kur linke Fuß abgeuommen werden und es wurde ihr außerdem der rechte Arm beschädig! Endlich gehört noch zu den Verwandten der Familie der vermißte Zahlmeister Bonn hoff. Zu dem Geständniß des Passa­giers Thomas bemerkt die Frkf. Z.:An ein derartiges Verbrechen zu glauben, fällt dem menschlichen Geiste unendlich schwer, was wollen alle Mordthaten der Habsucht und Rache, die uns die Gerichtsaktcn ent­hüllen, gegen einen io entsetzlichen Plan sagen, wie er sich aus den Aussagen des Passagiers Thomas in schauernerregender Unmenschlichkeit kundgibt! Hoffen wir noch zur Ehre der Menschheit, daß eS Fieber- gedaukcn sind, die aus dem durch selbst- mörderische Kugel verletzten Gehirn des Mannes sprechen, und daß das Komplott, von welchem er spricht, nur in seiner durch die furchtbare Katastrophe zerrütteten Phan­tasie existirt. Wäre das Entsetzliche wahr, so würde es Alles hinter sich lassen, was die Blätter der Geschichte an Ausgeburten verbrcchischerer Seelen zu verzeichnen wissen.

Das Innere des Leicheuhauses in Bremerhaven bietet nach einer Schilderung derWes.-Ztg." einen furchtbaren Anblill. Ein großer Korb, welcher von 4 Männern getragen werden mußte, ist voll menschlicher Gliedmaßen. Eine Anzahl Köpfe liegen da, und werden von Zeit zu Zeit von Leuten, die irgend einen Angehörigen suchen, besichtigt. Hier steht ein alter Mann, ein Arbeiter, den ein harter Ver­lust getroffen hat, da sein Sohn vermißt wird; eine Frau aus Lehe kommt, ganz in Trauerkleidern, um eine theure Leiche zu empfangen. Bauernwagen stehen zum Transport der Leichen, welche in Leinwand genäht werden, bereit. Von Zeit zu Zeit

bringt man Särge heran, und ein Tischler läßt durch Anschlag bekannt machen, daß er dringend außerordentlicher Arbeitskräfte bedürfe, um die bestellten Särge zu liefern. Die Zahl der Opfer vergrößert sich noch immer. Nach zuverlässiger beträgt sie an Todten und Verwundeten 170

Württemberg.

Ravensburg, 10. Dez. Zollver­walter Egner dahier erhielt von seinem bei dem Stranden des SchiffesDeutsch­land" geretteten Sohne einen Brief, deni wir entnehmen : (Schluß )

Die Maaren wurden über Bord geworfen, um das Schiff zu erleichtern. Diese Situa­tion dauerte bis Morgens 2 Uhr, da kam ein Osfisier und sagte:das Wasser werde nun auch in die Kajüte kommen, es werde aber nicht gefährlich werden, wir sollen auf die Tische sitzen und später darauf stehen" ; ich traute aber nicht recht, sondern folgte einem andern Offizier, der sagte:wir sollen auf den Mastbaum klettern." Das Wasser ,.ieg unterdessen in der Kajüte immer höher, wer darin blieb, ist ertrun­ken ; es waren meistens Weiber und Kinder. Einem Mädchen aus Böhmen gab ich einen Riemen, daß sie sich anschnallen konnte am Verdeck, sie wurde gerettet. Einer Dame aus New-Aork wollte ich ihren kleinen Knaben abnehmen, allein sie konnte und wollte sich nicht von ihm trennen und ist mit ihm ertrunken. Ich befahl mich in Gottes Schutz und kletterte die Strickleiter binauf, oben band ich mich mit meinem Rettungsring fest. Das war mein Glück, denn nach 2 Stunden war ich (durchnäßt wie ich war) unter dem eisigen Winde nicht mehr im Stande, mich zu halten und wäre unfehlbar herabgestürzt. Diejenigen Leute, welche nicht auf die Masten geklettert waren, hielten sich auf dem Verdeck an irgend einem Gegenstände fest. Das Schauspiel, das sich nun unter meinen Augen abspielte, werde ich nie vergessen. So oft eine Welle über das Schiff hinfegte, waren einige weniger unten, sie wurden weggeschwemmt, ein paarmal an die Barriere oder Mast rc. angeschlagen und dann über Bord gefegt. Einer Frau wurden zwei Kinder aus den Armen gerissen, sie selbst wurde gerettet. Die beiden Frauen, die ich oben ermähnte, welche auf Besuch in Deutschland waren und zu ihren Männern nach Amerika woll­ten, sind mit ihren Kindern ertrunken.

Da konnte man den Charakter eines Men­schen erkennen. Die meisten Männer bete­ten ein kurzes stilles Gebet, worunter auch ich, und suchten sich dann auf jede Weise zu retten. Einige winselten und heulten Mittheilung s wie Kinder. Eui Manu schnitt sich vor meinen Augen die Pulsadern ab und ver­blutete sich. Mehrere machten ihre Revol­ver fertig, um sich zu erschießen. Die fünf Nonnen knieten auf dem Boden, während sie beteten:O Herr mache es kurz!" kam eine Welle an die Kajüte und machte es kurz, alle fünf sind todt. Nachdem mir bis 8 Uhr, also 6 Stunden auf dem Mast gehangen hatten, Hörle der Sturm auf, zugleich trat Ebbe ein und man konnte aui das Verdeck gehen. Kajüte und Zwischen­deck standen unter Wasser. In der Kajüte bot sich einem ein grauenhafter Anblick, da lagen die Leichen der wie in einer Mäusefalle Ertrunkenen, eS war schrecklich. Mein rechter Fuß ist bis au den großen Zehen erfroren, ich konnte kaum stehen; den Hut halte es mir vom Kopfe geschwemmt. Eine zweite Fluth konnte weder unser Schiff aushalteu, noch wir. Endlich kam der englische DampferLiverpool" gerade zur rechten Zeit. Nachdem wir hinausge- schaffl waren, bekamDeutschland" einen fingerdicken Riß gerade durch die Mitte; das Schiff sah traurig aus. Von sechs Rettungsboten war keines mehr vorhanden. Ich gräme wich keine Sekunde um das viele verlorene Gepäck, ist doch das Leben gerettet; ich werde mich an die Gesellschaft wenden, damit ich wenigstens etwas ersetzt bekomme. Ich hatte Geld in der Brief­tasche bei mir, welches mir sehr zu Statten kommt. Von hier reise sich nach Southamp­ton, von wo ich nächsten Dienstag nach New Jork abreisen werde. Es sind ca. 3o Seeleute und über 40 Passagiere ertrunken, über 70 Leute.

Vom 1. Jan. k. I. an ist das Postamt Mühlacker wieder zum Extrapost- und Estafetten-Dienst eingerichtet.

Miszellen.

Ein Kenner. Gast:Das ist ein­mal ein Wein, da kann man darau schwören, daß das ein Naturwein ist." Wirth :Woher vermuthen Sie das ?"" Gast:Der Kerl ist so sauer, daß man das künstlich herzustellen gär nicht im Stand' ist." (Fl. Bl.)

Calw. Notizen über Preis und Gewicht der verschiedenen Getrcidegattungen nach dem Schrannen-Erarbniß vom 8. Dez 1875.

Quantum

Gattung

Gew

höchstes

icht per Simri mittleres ^niederstes

P

höchster

reis per Simri mittlerer ^ niederster

Pfd.

Pfd.

Pfd.

^5

-Z

1 Simri

Kernen .

33

32'/-

32

3

66

3

55

3

21

Dinkel .

19

18

17

1

73

1

45

1

24

Haber

21

21

20

1

60

1

54

1

41

Gerste

Bohnen .

Erbsen .

--

Linsen

Wicken .

-

"

Roggen .

!

--

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg. (Markt- nnd Thalstr.)