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leicht rotirender Erschütterung des Erdbodens. — Man ist gegenwärtig sehr iw Sorgen der regnerischen Witterung wegen. Wir haben eben alle Tage und Nächte Negenwetlcr, so daß der Früchte re. wegen, de äußerst üppig dastehen, dieselben gerechtfertigt find. Die höchste Tagestemperatur ist seit 14 Tagen 12° k., am letzten Montag sank der Thermometer auf 3° R. (Morgens 4 Uhr.) (S. M.)
Ausland.
Orleans, 4. Juli. Aus dem Departement Loire et Cher wird gemeldet, daß ein wanzenartiges Insekt, vermuthlich der Gattung Phyllocoris angehörig, verschiedene dortige Weinberge angegriffen und ernstlich beschädigt hat. Das Thier frißt die jungen Trauben direkt an, Stiele und Knospen, und ruft dadurch ein schleuniges Absterden der Gescheine hervor.
Miszellen.
Der Ummeister von Straßburg.
Historische Novelle von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung).
Forschend betrachtete ihn Brigitta und schüttelte dann den Kopf.
Ob der Bürgermeister seinen Wildfang und Pathensohn Adrian Dominicus Dörnach auch nicht wieder erkennen sollte nach zehnjähriger Abwesenheit?" setzte der Fremde leise hinzu.
„Herr mein Gott!" rief Brigitta jetzt überlaut, erstaunt die Hände zusammenschlagend, „Ihr seid Adrian Dörnach, »eines Eheherrn liebstes Pathenkind?"
„Still, still, Frau Brigitta! Ihr ver. derbt mir die Freude —"
Doch da öffnete der Bürgermeister schon die Thür, er hatte den Namen gehört, warf einen forschenden Blick auf das männliche Antlitz des Fremden und breitete auch sogleich mit dem Ausruf: „Grüß Dich Gort, mein Sohn Adrian!" die Arme nach ihm aus.
Adrian Dörnach stürzte an seine Brust nutz wurde dann von dem erfreuten Bürgermeister in's Zimmer gezogen, während Frau Bchzitta sich lächelnd und sichtbar befriedigt »der diese Dazwischenkunft des Fremden zu ihrer Tochter begab.
„Erst einen Becher Wein zur frHen Ankunft," sprach Herr Dominicus, den junge» Mann sanft in einen Sessel nieder drückend, „nachher plaudern wir über Bergungen beit und Gegenwart."
Er wollte einer Magd rufe», da trat ihm schon die älteste Tochter mit Wein entgegen. Es war ein reizend schönes Wesen, von ungefähr 20 Jahren, einfach und sittsam in der deutschen Tracht damaliger Zeit, eine echt germanische Erscheinung.
Adrian's Blick weilte mit sichtlichem Wohlgefallen aus der Jungirau, welche leuien ehrerbielenden Gruß erröthend erwiderte und dann rasch das Zimmer wieder verlassend wollte.
„Ei, Armgard!" sprach der Vater lachend, „fürchtest Du Dich vor dem Gespielen Deiner Kindheit? — Gelt, Dir ist
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der lustige Adrian Dörnach auch aus dem Gedächtniß gekommen, seitdem er die getreue und liebe Vaterstadt ganz vergessen zu haben schien."
„Das ist Armgard?" rief der junge Mann, erstaunt aus sie zutretend und ihr die Hand enlgegenstreckend, „ei, hätte ich doch nimmer in dieser stolzen und doch so deutschen Ericheinung meine kleine über- müthige Gespielin, die mit dem tollen Adrian über Stock und Stein setzte, wieder- erkannt."
„Zehn Jahre machen aus dem Kinde eine fittige Jungfrau, aus dem brausenden Jüngling einen verständigen Ma»n," lächelte Armgard mit Purpurroth im feine« Amltz.
„So ist's," nickte Adrian, die kleine Hand festhaltend, welche sie ihm verschämt zu entziehen suchte, „man vergißt den Flug der Zeit und verwundert sich dann, wenn sie uns ein anderes Spiegelbild zeigt. Doch Gott sei gelobt," setzte er, den Blick auf die Gestalt der Jungfrau heftend, hinzu, „daß ich die liebe Vater stadt noch so deutsch und einfach wiederfinde, wie ich sie vor zehn Jahren verlassen, daß wälsche Tücke und wälscher Tand sie noch nicht überwältigt uud dem deutschen Vaterlands entfremdet haben; daß die Jungfrau noch deutsch sich kleidet und nicht in die unsittliche Tracht wälscher Mode, wie ich leider zu meinem stillen Ingrimm so vielfach in Deutschland gefunden."
(Fortsetzung folgt.)
Die ueue Münze und die Wecken.
(Aus dem Gewerbeblatt für Württemberg.)
Nachdem aus unserer Guldenwährnng die Markwährung und das früher zu 35 Kreuzer im Umlauf gewesene Zehnsilbergroschenstück als Mark nun in hundert Theile — Pfennige — getheilt worden ist, welche anstatt des Kreuzers fortan als kleinste Münzeinheit für den Verkehr zu dienen haben. 7 Kreuzer aber der kleinste Betrag ist, der sich in einer ganzen Zadl sowohl von Kreuzern als von Pfennigen, nämlich in 7 und in 20 ausdrücken läßt, weiter herab aber bei der exakten Vergleichung sehr ungeschickte Bruchttheile ent stehen, mit welchen im Kleinverkehr nicht gerechnet werden kann, so galt es, für die Uedergangsperiode und die Umwechslung bei den öffentlichen Kassen abgerundete (ganze) Zahlen festznsteüen, nach welchen Pfennige und Kreuzer sich gegeneinander vergleichen. Man tarifirle deßhalb von Obrigkeitswegen das Einkreuzerstück zu 3, die 2 Kreuzer zu 6. den süddeutschen Groschen oder die 3 Kreuzer zu 9. dagegen aber die 4 Kreuzer zu 11, die 5 Kreuzer zu 14, und das Sechskreuzerstück zu 17 Pfennigen, für die gegenseitige Abrechnung von diesen Stücken gegen die letzter». Genau gerechnet wäre
1 Kreuzer — V? von 20 — 2'/r
mit 3 L also zu hoch um '/?
2 Kreuzer — '/, von 20 L. — 5^/,
mit 6 L also zu hoch um '/?
3 Kreuzer — '/? von 20 — 8*/,
mit 9 also zu hoch um '/r
4 Kreuzer — */, von 20^, — 11'/,^,
mit l 1 ^ also zu nieder um '/r Z,
5 Kreuzer — °/, von 20 L, — 14'/,
mit I4L also zu nieder um '/,
6 Kreuzer — '/, von 20 L. — 17'/, Z,
mit 17 also zu nieder um'/,
Daß man im Verkehre nicht mit Siebentels-Pfennigen rechnen kan», sieht Jedermann ein. Die Vergleichung zeigt aber auch, daß der Mehr-Differenz beiden 1, 2 und 3 Kreuzern dieselbe Minder« Differenz bei den 6, 5 und 4 Kreuzern gegenübersteht, was im baaren Austausch der neue» Kupfermünze gegen die alte Scheidemünze mehr oder wewger zur gegenseitigen Ausgleichung führe» wag.
Anders ist es im Waarenverkaufe. Pfennig auf 1 Kreuzer macht 1 Pfennig auf 7 Kreuzer, und 5 Pfennige auf 35 Kreuzer, welche gleich 100 Pfennigen sind, also 5 Prozent aus. Wer anstatt deS Kreuzers, Halbdatzens, Groschens, das neue Kupfer anstatt der alten Scheidemünze gegen Waare gibt, gibt also 5 Prozent mehr Werth, hat sonrt auch Anspruch auf 5 Prozent oder '/,» mehr Waare; dagegen zahlt man bei 11 Pfennigen anstatt 4 Kreuzern um 4 Prozent, bei 14 Pfennigen anstatt S Kreuzern um 2 Prozent, und bei den 17 Pfennigen anstatt 6 Kreuzern um 1 Prozent weniger als bei dem alten Gelbe, einschließlich der Sechser, hat also dabei auch um ebensoviel Prozente weniger an Waare anzuspreche». Dem läßt sich nun wohl gerecht werden, wenn man leicht theilbere Waare kauft, der Verkäufer kann sich ausrechnen, und der Käufer kann es controliren. wieviel er beim kreuzrrweisen und wiesiel er beim pfennigweise« Einkauf, wenn es sich um Langwaaren handelt, Centimeter oder gar Millimeter, und wenn es sich um heilbare, dem Gewichte nach zu verkaufende Stoffe, wie Mehl, Cerealien, Schnupftabak n. dergl. handelt, wieviel er Gramme oder gar Centigramme nach dem fixirten Preis anzusprechen hat. Nicht so verhält eS sich mit unheilbaren, bisher Kreuzer-, Groschen-, Batzen- oder Sechser- weise verkauften Gegenständen.
(Fortsetzung folgt.)
Eine amerikanische B n t t e r s a br i k, in welcher künstliche Butter fabricirt wird, soll in Potsdam demnächst eingerichtet werden. Die Unternehmer sollen, wie das Potsd. Tgbl. meldet, Amerikaner sein und hie künstliche Butter in derselben Weise wie in ihrer Hetmath Herstellen. Das Verfahren ist kurz folgendes: Als fettige Substanz wird Rindstalg in Anwendung gebracht; dasselbe wird in großen Retorten ausgelassen und alsdann in große Reibmaschinen gebracht, wo das Fett zu Sahne gerieben wird. Hierauf wird die Sahne einem chemischem Verfahren — Geheimniß des Erfinders — unterzogen, nach welchem alsdann die Butter gewaschen, gesalzen und in Blöcken eingcschlagen wird. Der Preis der Butter soll sich, bei vorzüglichstem Geschmack auf die Hälfte des Preises der jetzigen stellen.
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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.