Dem emenürten P'arrer Dzicrzon, dem bekannten Vater der neueren Bienenzucht , welcher sich gegen das Unfehlbar- keitsdaama erklärt hatte, ist s. Zt. Seitens dxs Fürstbischofs von Breslau die Pension gestrichen worden, obwohl D. durch dis betreffenden Beiträge zur Diözesan-Pen- ffonskaffe volles Anrecht auf die Pension bat. Man betrachtete ihn indeß in der fürstbischöflichen Residenz als formalen Ketzer und entzog ihm die Pension. Pfarrer D. ttaate, und das Stadtgericht in Breslau vcrnrtheilte den Fürstbischof zur Zah- lung der Pension nebst Zinsen und Kosten.
Württemberg.
Stuttgart, 31. Mai. Auf dem Festplatze für das Vf deutsche Bundesschießen gewinnen die Dinge allmalig Gestalt. An der Festhalle ist die Ans- dchnnng bereits deutlich zu erkennen, die Küchen, das Mittel- und das östliche Seitenschiff sind unter Dach; die Wege zur Festhalle, der Platz für die Fontänen, der Gabe,itempcl u. s. w. find ausgesteckt; die Schießhalle ist nahezu vollendet. Eine große Bicrhalle ist soweit fertig, daß sie beliebig eröffnet werden könnte; eine zweite (Elsässer) Bierhalle an der Neckar- straßc und am Eingang in die Sickstraße gelegen, ist gestern für zahlreiche» Besuch eröffnet worden.
Calw, 30. Mai. Gestern wurde dem Gemeindevorstand, Hrn. Stadlschult- beiß Schuld!, das von dem König ihm aus Anlaß seines vierzigjährigen Amts- jubilänms verliehene Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens durch Hrn. Ober- amtmaun Doll feierlich übergeben. Eine sehr zahlreiche Versammlung hiesiger Einwohner batte sich zu diesem Feste im Saale des Gaslhof zum Waldhorn cinge- sunden und wurde der Jubilar in Reden und Toasten hoch gefeiert.
Die Vorstellung der Militärpflichtigen bei den K. Oberersatz-Eommissioncn findet statt u. A. in den Aushebungsbezirken: Böblingen am 10. Juni, Maul- b r o n n am 12. Juni, Vaihingen am lü. Juni, Freudenftadt am 13. Juli,! R a a o l d am 30. Juli, Herren berg am 2. August, Calw am 4. August, R euen b nrg 6 August.
MisMen.
Aie kleine Schwarze.
Soldaien-HnmoreLke von A. v. Winterseld.
(Fortsetzung.)
„Sie erwiedcrt seine Liebe", jubelte ihre Seele; „sie hat ihn auch vorbeigeben sehen . . das wird wirklich eine Ehe, die im Himmel geschlossen ist."
Aber eS war jetzt keine Zeit zu ferneren Betrachtungen, sondern zum Aufsteben. Der Alle klapperte auch schon ln seinem Zimmer herum, und der allerliebste kleine Fähnrich konnte auch jeden Augenblick komm-», mit seinem süßen berauschenden Geständnis;. — Was sollte er woh! davon denken, wenn seine Angebetete, anstatt
ihn sehnsüchtig zu erwarten, noch im Bette lag!
„Mädchen!" rief sie dann mit leiser Stimme, beinahe als wenn sie sich furch, tete, den süßen, unschuldigen Schlummer zu stören.
Keine Antwort.
„Kinder!"
Die jugendlichen Körper regten sich, die Brust alhmete tiefer, die Köpfe legten sich auf die andere Seile und schliefen im nächsten Moment ruhig weiter.
„Kinder ! — Ihr müßt jetzt ausstehen !"
Und dabei klaschte sie mehrere Male in die kurzen, fleischigen Hände.
DaS half! Mil einem Ruck, als wenn der Papa eommaudirt hätte, fuhren die vier Mädchen in eine sitzende Stellung empor, rieben sich die verlcklafeuei! Augen und blickten dann verwundert aus die Mama.
„Kinder p es ist Zeit, Ihr müßt ausnebeii! sagte diese; es kommt gleich Besuch."
„Besuch? — Wer denn?"
„Das werdet Ihr schon sehen, wenn es so weit ist. Run »ui heraus aus den Federn und schnell hübsch gemacht; ich werde Euch ein Bischen helfen."
Die Mädchen waren wiederum wie auf Commaudo mit den Beinen aus dem Bett, und nun ging es Hals über Kopf an die Geschäfte der Toilette, wobei in dem kleinen Zimmer bald der größte Trouble entstand.
„Aber, Leontine, Du stehst schon zehn Minuten vor dem Spiegel; das geht doch unmöglich!" rief die kleine Johanna, die mit Hülse der Mama schon am Vollständigsten angekleidet war.
„Nach Leontine komme ich erst!" sagte Marhil.de ; „ es gehl strenge nach der
Anciennetät!"
„Laß sie nur, Hanncheu, tröstete die Mutter; ich mache Dich weit hübscher, auch ohne Spiegel!"
Und daun nahm sie einen Kamm, kümmle ihrem LieblingSkiude daS lauge, schwarze Haar, wickelte die einzelnen Strähne» mit wunderbarer Geschicklichkeit jum den linken Daumen und hatte aus diese Weise in kürzester Frist den hübsche stcn Lockentopf hrrgestrllt, den mau nun sehen konnte.
Wir wollen aber nun nicht länger die Toilette der jungen Mädchen belauschen, sondern einmal sehen, was der Herr Oberst »lacht.
Der war ebenfalls schon fix und fertig augekleidet und schien sich in großer Ungeduld zu befinden. Er ging, die Arme auf dem Nucken, im Zimmer auf und ab, und jedesmal wenn cr eine Hin- und Rücktonr vollendet, stellte er sich aus Fenster, lebnte die alte, runzlige Stirn an die kalten Scheiben und verdrehte den Hals, um so weit wie möglich die Straße rechts hinunter blicken zu können.
Wenn er aber nichts entdeckte, machte er abermals seine Tour durchs Zimmer, und je oster dies geschah, desto ungeduldiger und aufgeregter wurde er.
„Es ist gleich halb ach!'', brummte er vor sich hin; und um sieben sollte er doch kommeii . . Das heißt, um sieben hatte ich mir gedacht, daß er kommen würde . . . denn wenn ein junger Mensch sagt,
daß er morgen früh zu seiner Geliebten kommen will, dann versteht es sich doch von selbst, daß dies so früh wie möglich geschieht. — Und da er um halb sechs schon seinen Beritt inspirirt hat, so müßte er es doch eigentlich vor Ungeduld gar nicht mehr anshalten können. — Es ist freilich noch nicht ganz hell, aber doch schon ganz anständig schummerich) so daß cr seine Johanna mit keiner der drei Anderen verwechseln würde . . . aber der Mensch hat nun einmal etwas Sonderbares an sich, und das muß man nun schon mit in den Kauf nehmen ... in der Hauptsache ist es ja auch eigentlich dasselbe . .
ES wurde dreiviertel auf acht . . es wurde acht . . es wurde halb neun . . aber der Fähnrich kam nicht. Der alte Oberst, dem vom vielen Auf- und Niedergehen schon die Beine weh thaten, fetzte sich in seinen harten ledernen Sorgenstuhl, um ein wenig auszurnhen.
Das. ist ein verfluchter Bengel! rai- sonnirte er vor sich hin, wenn er nicht meine Tochter heirathen wollte, würde ich ihn wegen Unpünktlichkeit einspunnen. — Wenn ich ihn aber unter den obwaltenden Verhältnissen einspunnte, dann würde er gar nicht kommen, und das wäre noch weit schlimmer. — DaS hat man davon, wenn man Töchter hat! . . Sogar seiner dienstlichen Würde muß man sich entkleiden und sich in die Launen eines Fähnrichs fügen, dem ein heiliges Donnerwetter in die Knochen fahren . . .
(Fortsetzung folgt.)
sMittheilung der Deutschen Gesellschaft !zur Rettung Schiffbrüchiger, j Bremen, 23. April 1875. Am 13. April gegen 6 Uhr Morgens machte der Bürger R. Pochen die Meldung, daß östlich von L>.ba ein Schiff gestrandet sei. Der Naketen-Apparal wurde sofort zur Strandungsstelle gebracht und ans der Hinfahrt »och ein zweites Schiff, das gestrandet war bemerkt. Das erste Schiff, die norw.egische Bark Firdar Kapitän G. Petersen, mit Salz von St. UbiS nach Danzig befrachtet, mar etwa Meilen östlich von Leba gestrandet, die aus 11 Manu bestehende Besatzung hatte sich aber beim Eintreffen des Apparats bereits theils mit dem Schiffsboole, theils schwimmend, gerettet. Der Apparat wurde daher zum zweiten, etwa 1 Meile östlich von Leba gestrandeten englischen Schooner- schiffes Rankeiler, Kapitän Robert Stewart, welches mit Steinkohlen von Dundee nach Königsberg befrachtet war, gebracht und in Thüiigkeit gesetzt. Gleich mit der ersten Rakete erreichte die Raketenleine das Schiff und die ans 6 Mann bestehende Besatzung wurde durch den Apparat glücklich an Land gebracht.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. M eeh in Neuenbürg.