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Nionik.

Deutschland.

Pforzheim, 19. März. Ein uner­fahrener junger Bursche aus einem be­nachbarten badischen Landstädtchen gerieth letzten Samstag Abend in einer hiesiegen Bierwirrhschaft in die Hände einer Bau-- ernfängergesellschaft. Von derselben zum sog. Kümmelblättchenspiel verleitet, gelang es den säubern Vögeln, dem Burschen seine geringe Baarschaft, sowie die Taschen­uhr abzuschwindeln, woraus sich die Gesell­schaft entfernte. Wie wir hören, soll die Polizei bis jetzt einen der Schwindler er­mittelt haben, der nun seiner Bestrafung entgegensieht; hoffen wir, daß die Anderen bald Nachfolgen. (Pfb.)

Württemberg.

Vom Lande den 17. März. Sowohl die protestantischen als auch die kaihol. pensiouirten Schulmeister haben beim K. Ministerium des Kirchen-und Schulwesens sowie auch bei der hohen Ständeversamm. lung Petitionen um Erhöhung ihrer Ru­hegehalte eingereicht. Auch um eine zeit­gemäße Erhöhung der Pensionen der Hin­terbliebenen der Volksschullehrer wurde von den Vaterland. Lehrervereinen wieder­holt gebeten, indem eine Pension von 100 fl- in unserer Zeit doch gar zu gering und zur Bestreitung der allernothwendigsten Le­bensbedürfnisse weitaus nicht hinreichend ist.

Calw, 16. März. Eine botanische Merkwürdigkeit bietet, wie wohl nicht all­gemein bekannt sein dürfte, der Luftkur­ort Zavelstei» mit feinen prachtvollen Cro- cus, welche zwar in den Voralpen der Schweiz und Bayerns häufig, bei uns aber nur iu Zavelstein gefunden werden. An der Ostsette der romantischen Ruine, auf den Wiesen an den Vizinalwegen nach Calw, Sommenhardt und Röthenbach ist die Pflanze am verbreiletsten^und kommt die Blüte in der Regel schon um die Mitte des März, manchmal unmittelbar nach dem Abgang des Schnees in solcher Menge zum Vorschein, daß der Boden wie mit einem bunten Teppich bedeckt scheint. Eben­so merkwürdig wie die Reichlichkeit ist das prachtvolle Farbeuspiel der Blumen vom zartesten Weiß bis znm tiefst en Violett, so daß man bei genauer Betrachtung an je­der Blute wieder eine besondere Eigenart findet. Cs ist deßhalb nicht zu verwundern, daß die Zeit der Crocusblüte jedes Jabr eine Menge von Besuchern aus Nah und Fern herbeisührt. Dieselbe bat vor eini­gen Tagen begonnen und hält in der Re­gel etwa 14 Tage an.

Neuenbürg, 21. März. Die Feier des Geburtsfesles Seiner Majestät des Deutschen Kaisers wurde der Char- woche wegen gestern schon begangen durch ein Abendessen und gesellige Vereinigung bei sehr zahlreicher Betheiligung. In dem Trinkspruch auf den Kaiser wurde hinge- wiesen wie die Verwirklichung der Ideale der edelsten Geister und Kräfte der Nation mit seinem Namen untrennbar in der Ge­schichte verbunden bleiben werde, und in Kürze der Ereignisse erwähnt, weiche seit 1813 die zersplitterten Stämme auf die

Vereinigung mit dem rein deutschen und lebenskräftigen Stamm, Preußen, zu einem neuen achtunggebietenden Reiche hinführten dann der hohen Verdienste gedacht, um welche sich des Kaisers eigene Person den Dank des Vaterlandes erworben hat durch in weiser Voraussicht getroffene Vorberei­tung und eingreifende eigene Arbeit im Krieg, wie im Frieden, insbesondere durch die vortreffliche Wahl seiner zur Mitwirkung an dem großen Werke berufenen Männer u. s. w. Diesem Trinkspruch folgte der auf Seine Majestät unfern König Karl dem treuen Bundes-Genossen des Kaisers im neuen Deutschen Reiche. In lebhaften Hochs fanden diese Toaste allseitige Zustim­mung und noch lange hielt die festliche Stimmung die Versammelten bei einigen patriotischen Gesängen in traulicher Unter­haltung beisammen.

Miszellen.

DaS Gemetzel von Acapulco.

ImMessager franco-americain" vom

25. Februar finden wir einige Angaben über die Protestantenmetzelei, welche am

26. Januar dieses Jahres zu Acapulco stattsand und der Hr. Hutchinson, Super­intendent der Presbyterianer Mission in Mexiko nur durch ein Wunder entging. Der Protestantismus hatte in dieser Stadt ziemlich bedeutende Fortschritte gemacht. Der Polizeivorsteher und seine ganze Fa­milie, der Herausgeber eines Lokalblattes und einige fünfzig andere Personen waren vom Katholizismus abge fallen und hatten eine alle als Magazin dienende Kap elle gekauft und nach den Bedürfnissen der neuen Gemeinde eingerichtet. Am 24. Ja­nuar wurde dieselbe unter dem Vorsitze des Hrn. Hutchinson eingeweiht.

Schon einen Monat vor der Inaugu­ration deS neuen Tempels war Hr. Hut- chiuson vyn einem Amerikanee benachrich­tigt worden, es wäre gut, keinen Abend­gottesdienst abzuhalten. denn er wisse von einer mexikanischen Frau, ihr Mann wolle mit einer Bande feiner Glaubensgenossen die Kirche angreisen. Die Kirche war nicht angegriffen worden; indessen wurde die Intoleranz bald ausss Aeußerste gesteigert durch einen der Cures von Acapulco, der von der Kanzel herab die protestantische Bewegung mit solcher Leidenschaftlichkeit bekämpfte, daß ihm die Behörden bedeuteten wenn er diese Sprache fortsetze, werde er zur Rechenschaft gezogen werden. Er er­widerte hierauf, er werde fortfahren, die K-tzer zn denunziren, und wenn man ihn verhafte, würden die treugläubigen Indi­aner von allen Seiten herbeieiien, ihn zu befreien.

Am Abend des 26. Januar hatte der Gottesdienst wie gewöhnlich stattgefunden. Allein Hr. Hutchinson war krank und hatte demselben nicht beigewohut, An diesem Tage war kein Zeichen der Feindseligkeit bemerkt worden; als aber die Familie, bei welcher Hr. Hutchinson wohnte, nach der Kirche gegangen war, erfaßte diesen eine schlimme Ahnung. Er schlqß Thüren und Fenster des Hauses, in dem er sich noch mit einem Dienstboten und einigen

Kindern befand. Die Ahnung war leider gerechtfertigt denn kurz nachher begehrte eine Bande von Männern zu wissen, ob er da sei. Man antwortete ihnen, Alles sei in die Kirche gegangen. Dort aber trug sich eine entsetzliche Scene zu.

Kaum hatte der Gottesdienst begonnen als ganz ruhig einige Individuen in die Kirche kamen. Unter ihnen befand sich ein junger Indianer, der den Arm und den, Dolch in ein Tuch gewickelt hatte. Er ging auf das Pult zu, an demHr. Dias, der Zeitungsverleger faß und versetz:« ihm einen Dolchstich. Nun wurde die Verwir­rung allgemein. Die Genossen des India­ners stürzten sich ans die Kirchengänger und die bisher draußen gebliebene Haupt­bande begann hereiuzudringen. Da stürzten mehrere Mitglieder der Gemeinde der Thüre zu und es gelang ihnen dieselbe zu schließen. Ein Amerikaner, langjähriger Bewohner der Stadt, glanbte seinen Ein­fluß auf die Menge geltend machen zu können und sprach zu ihr; allein er wurde, gleich einem andern, der seinem Beispiele folgen wollte, ouf der Schwelle der Kir- chenlhüre gelödlet. Im Innern der Kirche dauerte der Kampf noch immer fort. Der junge Indianer hatte Hrn. Dias von neu­em angegriffen und ihm drei Dolchstiche in den Kopf versetz; und zwei Finger ver­stümmelt. Die Frau des getödteleu Ame­rikaners leistete zuerst Widerstand, sie er­griff eine Pistole, tövtele den Indianer und kämpfte wie eine Tigerin. Die Gegen­wehr orgcnisirte sich und es gelang, der Mörderbande die Spitze zu bieten, Endlich erschien die Garnison und machte der Metzelei ein Ende. 50 der Angreifer wur­den verhaftet und die übrigen ergriffen die Flucht.

Die Zahl der Opfer besteht aus den beiden an der Schwelle der Kirche getöd- teten Gemeindegstederu, vier andern im In­nern der Kirche Getödteleu und neun Schwerverwundeten. Der Polizeivorsteher hatte vier Wunden erhalten. Die Angrei­fer verloren drei Mann; dreizehn ihrer Verwundeten sollen sich ins Gebirg geflüch­tet haben und fünf derselben schon gestor­ben sein. Hr. Hutchinson wurde heimlich an Bord eines amerikanischen Schiffes gebracht, kam am 12 Januar in San- Francisco an und begab sich ron da nach New-Dork. Als er Mexico verließ, vernahm er. der Gouverneur Alvares sei mit fünf Kompagnien Slaatsmilizen und einem Re­giment Bundestruppen in Acapulco einge­rückt. Die Untersuchung gegen die Schul­digen schleppte sich langsam fort, wahr­scheinlich ist der Cure von Acapulco nun verhaftet worden.

R-ttungsanstalten für verwahrloste Kinder besitzt die Schweiz 45, von de­nen nur 5 Staatsanstalten, die andern 40 sämmtlich Früchte der Privatwohl- thätigkeit sind. Sie besitzen ein Vermögen von mehr als 4 Millionen Franken und erziehen stets über 2500 Knaben und Mäd­chen. Bemerkenswerth ist, daß gerade die Kantone, welche sich in den grellsten Schein der Frömmigkeit nach römischen Grundsätzen kleiden, fast gar keiue solche Anstatt besitzen.

Redaktion, Druck und Verlag von 2ak. Meed in Neuenbürg.