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nehmen. Die britische Regierung hat in Folge dessen die nöthigen Instruktionen nach Singapore abgehen lassen.

Wie vortrefflich unsere Armee während des letzten Krieges mit Karten von Frank­reich versehen war, beweist auch folgendes interessante Beispiel, welches wir in dem neuesten Heft des General st abs- Werkes angegeben finden. Ein Ordon­nanzoffizier erhielt am 31. August im kaiserlichen französischen Hauptquartier zu Sedan den Befehl, daß General Vinoy sein gelammtes Corps bei Meziäres verei­nigen solle, wohin sich auch die Haupt­armee zurückziehen werde. Der Kaiser Na­poleon , welcher noch besonderes Gewicht darauf legte, daß den Deutschen das Vor­handensein der Straße von St. Menges und St. Albert und Vrigne aux Bois unbekannt sei und sie daher einen Ab­zug der französtschen Armee auf- zieres nicht vermulhen würden, zeich­nete in Gegenwart des Ordonanzoffiziers die eben erwähnte Straße eigenhändig in eine vorliegende Karte, auf weicher sie bisher nicht eingetragen war. Er war aber in so fern im Jrrthum schreibt das Generalstabsmerk als sich jene Straße auf der bei der deutschen Armee ausgege­benen Karte allerdings bereits eingezeichnet fand.

Kaiserslautern, 31. Jan. Vor dem hiesigen Zuchtpolizeigcricht wurde heute das Unheil gesprochen in dem vielgenann­ten Bindemittelprozeß. Das freisprechende Unheil des Polizeigerichts wurde abgeän­dert, indem die sieben angeschuldigtcn Metz­ger des Feilhaltens verfälschter Lebens­mittel (begangen durch Beimischung von Stärkemehl zu Würsten) für schuldig er­klärt und säiumtliche verurtheilt wurden, und zwar Jakob Veenards, der schon oster wegen solcher Dinge verurtheilt worden ist, zu 6 Tagen Haft, die übrigen, Thielmann, Seng, Liebrich, Späth, PH. Spatz und Fischer) zu je 3 Thaler Geldstrafe.

Pforzheim, 7. Febr. Die Er­öffnung der höheren Bürgerschule wird in den nächsten Tagen vor sich geben. Doch wird zunächst nur die erste Klasse (Sexta) gebildet werden; für die zweite fehlt es zur Zeit an den nöthigen Lehrkräften.

Baden, 2. Febr. Die Villa Merk an der Lichtenthaler Allee, in welcher im vergangenen Jahre die Kaiserin von Oester­reich Absteigquarlier genommen hat, ist für 70,000 Frs. auf 2 Jabre an Hrn. Heeren, einen Kaufmann aus Hamburg und Peru, vermiethet.

München, I. Febr. Eine von ka­tholischer Seite arrangirle Pilger­fahrt nach Jeru'alem haben 73 Perso­nen, darunter 2 Pfarrersköchinnen, dieser Tage von bier aus angcrreten. Die Reise kostet jeder Person 700 fl.

Sigmaringen, 6. Febr. Soeben wird die Todteuglocke für die Mutter des vor 8 Tagen an erhaltenen Brandwunden gestorbenen Kindes geläutet. Dieselbe soll über die unglückliche Veranlassung zum Tode ihres Kindes untröstlich und so alte- rirt gewesen sein, daß sich Nervenfieber entwickelte und nach wenigen Tagen auch ihren Tod zur Folge hatte.

Württemberg.

Seine Königliche Majestät haben vermöge höchster Entschließung vom 5. d. M. die erledigte StatiousmeisterS- und Postexpeditorsstelle in Höfen dem Stationsmeister Richter in Birkenfeld gnädigst übertragen.

Stuttgart, 4. Febr. Wie wir erfahren, ist nir die Regelung der militä rischen und administrativen Verhältnisse der Festung Ulm beider Ufer eine Verein­barung dahin getroffen worden, daß diese Festung vorbehaltlich der Souveränetäts- rechte der höchsten Territorialherren und der bestehenden Eigenthumsverhältnisse einen einheitlichen Wnffenplatz bildet unter ein­heitlichem Kommando und einheitlicher Verwaltung durch Organe des Deutschen Reichs. (St.-A.)

Stuttgart, 4. Febr. In der heutigen öffentlichen Sitzung des Gemein­deraths steht die Leichenverbrennungsfrage auf der Tagesordnung. Sie ,kommt aus Anlaß einer Eingabe des für die Sache gebildeten Vereins zur Erörterung. Da die Beerdigung indeß durch gesetzliche Ein­richtungen begründet ist, so dürfte der Ge- meiuderath wohl nur in der Lage sein, sich gutachtlich zu äußern. Die wirkliche Entscheidung liegt in der Hand der gesetz­geberischen Faktoren des Staates. Die betreffende Abtheilung des Gemeinderaths hat sich, wie wir hören, für die fakultative Leichenverbrennuug ausgesprochen.

Am Montag den 15. Febr. beginnt in Heilbronn im Gasthaus zur Rose die alljährliche große Gerbrinden-Verstei- gerung.

Rottweil, 8. Febr. In Deiß­lingen wurde gestern der neue Bet - und Lehrsaal der protestantischen Ge­meinde, die erst in ihren Anfängen ist, feierlich eingeweiht. Dieselbe erhielt die Mittel hiezu hauptsächlich vom Gustav. Adolf-Verein; es waren deshalb einige Mitglieder desselben anwesend; sowohl sie als die geistlichen Vorstände von Tuttlin­gen und Schwenningen hielten au die zahl­reichen Zuhörer, worunter viele Katholiken, sehr erhebende Ansprachen und bei dem Festmahle in der Linde waren die Toaste nicht nach alltäglicher Schablone, sondern von Herzen zu Herzen dringend.

Friedrichs Hafen, 4. Febr. Die Mörder der Emilie Levinger in Laupheim haben nach vollbrachter That den Weg über hier genommen, um in die Schweiz zu entkommen. Durch zwei erprobte Die­ner im Dienste der öffentlichen Sicherheit, durch den Stationskomandanten Brodbeck und Polizeiwachtmeister Bauer von Ulm welche beide die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung der Mörder abschickte, wurde in Erfahrung gebracht, daß in einem hie­sigen Kleiderladen eine neue Montur an- geschaffl und angezogen und ein paar alte zerissene Strümpfe ll. 8. gezeichnet und Hosen mit Blutspure» zurückgelassen wur­den. Ebenso wurden in einem andern La­den ein wollenes Hemd und einige Steh­

kragen gekauft und mit einem der geraub­ten 10 Thalerscheine bezahlt. Die beiden Polizeioffizianteu setzten ihreNachforschungen bis Zürich fort, woselbst aber alle Spur verloren gieng. Nach heute hier eingelau­fener Nachricht sind die muthmaßlichen Mörder, ein Kutscher Schneider aus dem Tübinger Oberamt, und ein Stein­schleifer Sänger aus Hohebach, Ober­amts Künzelsau, in Basel verhaftet worden.

F r e u d e n st a d t, 4. Febr. Im Jahre 1874 wurden geboren 288 Perso­nen, sind gestorben 175 Personen, die Einwohnerzahl von 1873 571 Personen, daher Einwohnerzahl am I. Jan. >875 5784 Personen.

Böblingen, 5. Febr. Daß beim Füllen der Bäume immer noch vielen Men­schen die nöthige Vorsicht mangelt, zeigte sich dieser Tage im hiesigen Walde. Zwei verheirathete ältere Männer fällten For­chen. Während der Eine seiner fallenden Forcke zusah, kam auch die .des Andern ins Fallen, und obwohl der Letztere einen Warnungsruf ergehen ließ, will doch Er-» sterer diesen nicht gehört haben. Er wurde vom Wipfel des Baumes getroffen und mit tief klaffender Kopfwunde nach Hause befördert. Sein Zustand verspricht wenig Hoffnung.

Schweiz.

Bern, 29. Jan. Man schreibt der ,,K. Z.": Gestern Abend 6 Uhr wurden in Basel die Bewohner der an der Rhein­brücke auf Großbaseler Seite angrenzenden Häuser in großen Schrecken versetzt. Un­ter dem ersten Bogen der Rheinbrücke explodirten drei Tyuamitpalrouen. Die­selben haben zwar keinen weiteren Scha­den angerichtet; die von dichtem Qualm begleitete Lufterschütterung war aber so groß, daß Häuser und Brücke, wie bei einem Erdbeben bis auf den Grund er­bebten und Alles erschreckt auf die Straße stürzte. Hoffentlich wird man den Urhe­bern dieses Bubenstücks auf die Spur kommen.

Miszellen.

(Auf dem Ball.) Junger Herr (den Arm ausstreckend und zu einer jungen Danie tretend):Dürfte ich Sie bitten, mein Fräulein! Dame:Ich bedaure sehr, mein Herr, ich bin leider für den nächsten Tanz schon versagt."- Junger Herr (verlegen): Das ist es nicht, um was ich Sie bitten wollte, mein Fräulein aber -aber Sie sitzen auf meinem Hute.

Anzeigen für den Knzthäker vermitteln: in Mörzheim: Hr. tzlto AieLer; in Wikdöad: Hr. tz. Schobert.

Redaktion, Druck und Vertag von Jak. Meeh in Neuenbürg.