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Fluthen des Kanals auf dem Marktplatz ausgespült wurde. Da erinnerte sich einer der Anwesenden, daß an dem Adend nach dem Streite Meister Andrea aus jenem Wege am Kanal gesehen worden und nicht lange nachher Melchior Kunst ihm nachge folgt war. Ein Anderer, welcher in der Nähe wohnte, hatte einen Fall ins Wasser gehört, jedoch geglaubt, es werde sein eigener Hund gewesen sein, welcher oft des Abends den Kanal zu durchschwimmen pflegte. Ein Dritter endlich hatte Meister Andrea ebenfalls am Ufer des Kanals begegnet, sonst aber Niemanden gesehen. Diese Aussagen genügten, den unglücklichen Künstler zu überführen.
Andrea saß allein in seinem Zimmer, den Kopf in die Hände begraben und rührte sich kaum, als die Gerichtsdieucr eintraten. Einer derselben legte die Hand auf seine Schulter und erklärte ihn für verhaftet.
Andrea sah auf und wandte dem Gerichtsdiener ein so todtcnblasses, gleichgültiges und ausdrucksloses Antlitz zu, daß dieser zurückfuhr und ihn unwillkürlich losließ.
„Verhaftet!" sagte Andrea, ohne sich zu einer Bewegung aufzuraffen. Was habe ich verschuldet? Wer klagt mich an?"
Der Gerichtsdieuer war ein menschenfreundlicher Mann und hatte Meister Andrea in frühem Zeilen gekannt. Er entledigte sich seines Auftrags in milder, ehrerbietiger Weise, mußte ihn jedoch einige Male wiederholen, ehe Andrea ihn verstand. Es schien, als ob eine Wolke sein Fassungsvermögen überschattete. Nur all- mälig saßte er den ganzen Schrecken des ihn Bedrohenden.
„Ich also eines Verbrechens, eines frevelhaften Mordes angeklagt?" sagte er aufstehend, während ein Schauder seinen Körper durchbebte. Hierauf wandte er sich an den ersten Gerichtsdiener. „Ihr wart ein guter Mann — folgt mir!" Der Andere zögerte. „Seid ohne Sorgen," fuhr Andrea fort, „ich bin unbewaffnet ich densi nicht daran der Gerechtigkeit zu entfliehen."
Der Mann folgte seinem Gefangenen in ein dunkles Zimmer — sie befanden sich in eineni Todtengemach! Auf dem Bette lag eine bleiche Frauengestalt im Stcrbegewand. Sie mußte sehr schön gewesen sein und die Jahre schienen ihrer Schönheit keinen Eintrag gethan zu haben. Keine lange Krankheit hatte dem Antlitz die weiche Nundung der Gesundheit geraubt, so daß sie selbst im Tode lieblich wie eine Marmorstatue anzusehcn war. Die langen dunkeln Wimpern ruhten aus den Wangen, und einige Locken der rabenschwarzen Haare, welche von dem Bande, das ihren Kopf umgab, nicht gehalten wurden, gaben ihrer Ruhe ein lebensgleiches Aussehen. An ihrer Seite lag ein Kind — einer Blume gleich, die nur einen Tag geblüht — dessen kleine Seele mit Sonnenaufgang eingekehrt und mit Sonnenuniergagg wieder entflohen war. Andrea stand vor den Leichen einer Frau und eines Kindes.
Der Künstler deutete auf die Tobten und sprach: „Seht hierher und sagt, ob
cs wahrscheinlich ist, daß ich einer geringfügigen Beleidigung wegen einen Mord begangen?" Seine Stimme wurde heiser, er breitete seine Arme gegen dir Leiche einer Gattin aus und fiel bewußtlos zu Boden.
(Forts, folgt.)
für cowine il saut, — und so bemühen sich denn die Pariserinnen, dieser Forderung des guten Tones von Zeit zu Zeit zu entsprechen. Das hübsche kleine Püppchen hindert übrigens durchaus nicht, daß man sich nach allen Richtungen amüsirt. „On est mvro — inais surtout ou cst komme/ sagt Dumas der Aelterc.
(Schluß folgt.)
Die Pariserin.
(Fortsetzung.)
Die Pariserin befaßt sich nur ausnahmsweise mit der Liebe; um so häufiger schwelgt sie im parackis cko ?am<mr. Und in der That das Liebeln ist ihr Element. „Eine Französin", —sagtBulwer im „Disowned" die sich, anstatt mit einer Caprice zu eo- quettiren, die fixe Idee in den Kopf setzt eine große Leidenschaft fühlen zu wollen, ist ein schreckliches Geschöpf." Der Ausspruch charakterisirt die Situation meisterhaft. Eine Pariserin komme il tüut vermag so wenig zu lieben als der dampfende Strudel einer heißen Quelle zu gefrieren vermag. Gerade die Unbeständigkeit, die oberflächliche Grazie, das Schmetterlingsartige ist der Kern ihrer Natur. Sie hat in diesem Punkte trotz des oben kon- stalirten neuramantischen Grundzuges eine gewisse Verwandtschaft mit den Göttinnen des klassischen Alterthums ...
Besitzt die Pariserin Kentniffe? O ja! Sie weiß daß schwarzer Samml die Schönheit der Büste erhöht. Sie kennt die napo- leonische Legende und die Geschichte der Marquise von Pompadour. Sie hat eine dämmernde Ahnung von der geographischen Lage Berlins und deklamirt ohne Anstoß eineu Okant cku Orepuseulo oder ein Sonnett Alfred de Musset's.
Die Pariserin ist zunächst ohne Ausnahme die Tochter einer Pariserin. So wenig die Mangolienblüthe aus dem Kartoffelkraute gedeiht, so wenig entstammt die echte Parisienne dem Schooße einer Provin- cialin;
Die Pariserin im ersten Stadium ihrer Entwicklung heißt „Bobo". Das Wort ist dem Englischen entlehnt, wie der „Comfort" der „Jockay" und das „Beefsteak". Eine Parissienne-Mutter hat niemals ein onkant sondern stets nur ein „Bobö". Die Bezeichnung wird in der eleganten Sprache als Eigenname, d. h. also ohne Artikel gebraucht . . ., „On ent bebc?" ,Löbö ckort-il?" „Löbcu-t-il plcurö?" aus den zwei letzten Phrasen erhellt überdieß, daß „Bobs" Zolleris communis oder noutrum isi.
Böbo hat ein hübsches, kluges, meist etwas blasses Gesichtchen. I'otito mumau putzt ihr Püppchen mit Spitzen und Bändern heraus, daß es eine wahre Lust ist. man spricht im Auslande viel von der Herzlosigkeit der französischen Mütter, die ihre Kleinen bei schnöde gesinnten Bauernweibern in Pension geben, um nicht im flotten Betriebe ihrer Vergnügungen gestört zu werden. Das war richtig, — vor zwei Dezennien! Seitdem ist das Böböthum in die Mode gekommen; cs gilt für destinguirt,
Pkrsoncn-Tarif der Eisenbahn.
Von Neuenbürg nach
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Die Gültigkeitsdauer für Relourbikkete ist nach Rothenbach und Birkenfeld je 1 Tag. nach Stuttgart über Calw 3 Tage, nach den übrigen oben genannten Stationen je 2 Tage.
Ueber die Ausgabe von Billeten zur Hin- und Rückfahrt im internen Verkehr, insbesonder- die Verlängerung der Gültigkeitsdauer für 2- und Ztägige Retourbillete durch Sonn- und Festtage enthält das auf allen Stationen ausgehängte bezügl. Plakat die näheren Bestimmungen.
Soweit eigentliche Schnellzugsbillete nicht aufgelegt sind, wird zur Fahrt in Schnell-, Kurier- oder Eilzügen ein gewöhnliches Mkket der bctr. Claffe nebst einem Schneklzngszu- fchkagsbistet verabfolgt.
An die werthen Leser!
Mit Neujahr hat der „Enzthäler" wieder nach verschiedenen Richtungen eine erfreuliche Zunahme zu verzeichnen, welche wir wohl als ein Zeugniß werden betrachten dürfen, daß das Blatt in dem stetig erweiterten Leserkreis sich nicht nur als Amtsblatt und Anzeiger nützlich und wirksam erwiesen, sondern auch durch seinen weiteren Inhalt den Lesern befreundet hat. Ermuntert hiedurch werden wir in unserem Bestreben forlfahren, mit der Zeit und den Bedürfnissen unseres Platzes Schritt zu halten. Wohlwollenden, sachverständigen Wünschen bleiben wir jederzeit zugänglich und für einschlägige Mitarbeiten dankbar; bitten aber auch die Bevölkerung um immer lebendigeren Verkehr mit uns durch Correspondenzen oder geeignete persönliche Mittheilungen.
Die Redaktion des Enzthäler.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. M e e h in Neuenbürg.