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unbekannten Gründen in seinen Jugend, jahren sein Vaterland verlassen. Eine Zeit lang Harfenlehrer der Königin Maria Antoinette, begab er sich während der Schre- Senszeit auf Reisen und ließ sich später in die französische Armee einreihen, i» welcher er die Schlacht von Austerlitz mitmachte. Er war dreimal verheirathet und erfreute ihn seine dritte Frau in seinem 85. Jahre mit der Geburt eines Knaben. Der alte Mann ist noch ganz rüstig und geht ohne Stock. Er soll nicht weniger als einund- wanzig Sprachen sprechen.
Miszellen.
Jer Bildschnitzer von Brügge.
Nach dem Englischen von L. v. 5V.
(Fortsetzung.)
In der ganzen freudig bewegten Versammlung erhob sich nur eine mißtönende Stimme, und diese gehörte einem Künstlergenossen und Nebenbuhler Andreas an. Melchior Kunst war einer jener finstern und ruhelosen Geister, deren Erscheinen überall, wo sie sich zeigen, einen Schatten zurückläßt. Er war ein Mann von großen Talenten, allein Niemand liebte ihn. Weßhalb? konnte Keiner sagen — und doch war es so. Auch jetzt traten Alle instinktmäßig bei Seite, und Melchior schritt ungehindert durch die Halle, bis er der Gruppe gegenüber stand. Er kreuzte die Arme und heftete seine stechenden Blicke starr auf dieselbe. Hierauf wandte er sich an den in einiger Entfernung stehenden Künstler.
„Ihr findet dies ohne Zweifel sehr schön, Meister Andrea?
„Nicht, was ich davon halte, sondern das Urtheil, welches die Welt über mein Werk aussprechen wird, ist von Belang," erwieoerle Andrea gelassen.
„Die Gruppe ist in der That gut nachgeahmt."
„Nachgeahmt? sie ist meine eigene Erfindung."
„Wirklich?" sagte Melchior, indem ein spöttisches Lächeln seinen Mund, die Hauptzierde seines sonst wohlgebildeten Antlitzes umspielte. „Wirklich? Und so geht Ihr niemals in die Werkstätten anderer Künstler, um deren Figuren, Stellungen und Entwürfe nachzubilden, wie Ihr hier die meinigen nachgebildet habt?"
„Das ist nicht wahr," erwiederte Andrea, mit Mühe seinen Zorn bemeisterud.
„Ich sage Euch, es ist wahr!" rief sein Gegner. „Seht, Ihr Herrn Künstlergenossen, seht! Diese Gruppe ist mein — mein eigener Entwurf, und hiermit mache ich von meinem guten Rechte auf mein Eigenthum Gebrauch." Mit diesen Worten zog er ein Beil unter seinem Mantel hervor, und ehe die erstaunten Zuschauer es verhindern konnten, hatte er eine der erhobenen Hände des ihm zunächst befindlichen Engels abgehauen.
Andrea war wie vom Donner gerührt, sein südliches Blut kochte und mit der
Wuth eines angegriffenen Tigers stürzte er auf Kunst zu. Seine Freunde wollten ihn zurückhalten, allein es war schon nicht mehr nötbig, denn Andrea war bereits wieder Herr über seine augenblickliche Aufwallung geworden und stand nun, bleich, doch ruhig, die Blicke abwechslungsweise auf seinen Gegner und auf fein verstümmeltes Werk gerichtet.
„Melchior Kunst," sagte er endlich, „Ihr glaubt mir einen großen Schaden zugesügt zu haben — das habt Ihr auch in der That, doch keinen solchen, der nicht wieder gut zu machen wäre. Ich will mich jetzt nicht rächen, allein es wird Euch einst vergolten werden!"
Ein lautes Lachen war Melchior Kunsts Antwort. Andreas Hände ballten sich abermals und eine hohe Röthe bedeckte seine Stirne. Allein er schwieg, und nachdem Melchior sich entfernt halte, verließ auch er die Halle, von einigen Freunden begleitet, welche dieser beklagenswerthe Streit jeder Sprache beraubt hatte.
Es war später Abend als Andrea nach Hause zurückkehrte. Er schritt langsam das Ufer des dunkeln und düstern Kanals entlang, welchem das untergehende Licht des jungen Mondes ein feierliches und unheimliches Aussehen verlieh. Dicke, epheu- bewachsene Mauern warfen selbst am Hellen Tage finstere Schatten auf das Wasser und gaben diesem den Anschein einer unergründlichen, geheimnißvollen Tiefe. Hier und da drang ein vereinzelter, blasser Mond- strahl, das tiefe Dunkel gleich einem feurigen Pfeile zertheilend, durch die Zweige der Akazienbäume, welche die gegenüberliegende Seite beschatteten.
Andreas Herz war schwer und traurig. Sein Triumph hatte in Schmerz, nicht allein über die Verstümmelung seines Werkes, sondern auch über Melchior Kunsts ungerechte Beschuldigung geendet. Er wußte wie leicht zugänglich die Welt für einmal erhobene Verdächtigungen ist, und wähnte bereits seine Gruppe von kalten und zweifelnden Blicken betrachtet. Ueberdies war auf den plötzlichen Zornausbruch, ?zu welchem er sich hatte Hinreißen lassen, eine körperliche und geistige Erschlaffung gefolgt, wie dies bei Menschen von Andreas sanftem und nicht leicht erregbarem Temperamente gewöhnlich der Fall ist.
(Forts, folgt.)
Namen geben: dieselbe Pipps zu nennen ist unverantwortlicher Unsinn. Da nimmt man nun das arme Thier, und wenn man an seiner Zunge eine weiße hornartige Substanz bemerkt, ruft man sogleich aus: „Das ist der Pipps!"
Wißt ihr aber was ihr thut, wenn ihr den Hühnern diese Spitze abschneidet? Ihr tödtet sie in den allermeisten Fällen, wenn ihr ihnen diese harte Zungenspitze nehmet, die von der Natur allen Hühnern gegeben wurde, damit sie besser picken kennen. Wenn nun das Huhn nicht stirbt, so wächst ihm eiue neue hornartige Spitze, so wie ein abgeschnittener Nagel wieder wächst.
Darin liegt die Krankheit eben nicht. Der angebliche Pipps rührt meist von einem Mundfchu amm oder Krebs her, und diesem Uebel ist leicht abzuhelfen: mau braucht weiter nichts als ein Stückchen Bmter und ein Stückchen Aloe. Letzteres soll ungefähr die Größe einer kleinen Bohne haben und wird in die Butter gesteckt; das Thier muß diese Pille hinabschlucken, und ist nach einer Stunde wieder gesund.
(E.-J.)
Was ein schwäbischer Bauer vermag. In der Station Lonsee (auf der Alp zwilchen Ulm und Geißlingen) wußte in der Dunkelheit der Nacht ein Bauer es möglich zu machen, unbemerkt in den Hundskasten des Bahnzuges zu kriechen; er fuhr bis Göppingen, wo er in einem 2 Ctr. wiegenden Schwein, das man nirgends anders unterzubringen wußte, Gesellschaft erhielt. Aber noch blieb er unentdeckt. In Stuttgart wurde das Schwein ausgeladen, und jetzt erst bemerkte man, daß in dem Koben noch anderer Inhalt stecke. Man zog einen Reisesack, ein Kistchen und schließlich den Bauern heraus. Das Vergnügen, die Reise in diesem reservirten Theile des Bahnzuges und in dieser Gesellschaft gemacht zu haben, bezahlte er mit doppelter Fahrtaxe.
Bekanntlich nimmt der Berliner Börsen- Jargon unter allen Sprachverderbnngs» Versuchen erfahrungsmäßig die hervorragendste Stelle ein. Nichts desto weniger begegnet man immer wieder Leistungen auf diesem Gebiet, welche selbst den Kenner mit freudiger Ueberraschung erfüllen. So bat ein bekannter Berliner Börsenmann, welcher kürzlich zum Konsul einer südamerikanischen Republik ernannt wurde, dabei die denkwürdigen Worte gesprochen: „Ich habe mir erst Scropheln gemacht, ob
Den Besitzern von Hühnerhöfen zur Beachtung empfohlen. Eine grausame !
Sitte, die man durch alle Mrttel ausrot-sich die neue Barriäre einschlagen sollte, ten sollte, besteht darin, daß man arme'aber ....". Ein Anderer nicht minder Hühner verstümmelt, weil sie den Pipps renomirter Börsenmannn beschrieb ein leich
haben. Sobald ein Huhn nicht trinkt, heißt es: es hat den Pipps. Wer überhaupt Vieh besitzt, sollte vor allem als seine Pflicht betrachten, die Krankheiten seines Viehs kennen zu lernen. Tie Hühner trinken nie aus Lust, wie manche zweibeinige Thiere; sie trinken nur um das Essen hinabschlucken zu können. Wenn sie nun nicht trinken, so essen sie auch nicht, und essen sie nicht, so sind sie krank. Man kann nun dieser Krankheit irgend einen
tes Unwohlsein dahin: „Ich habe mir in der G e s a n g s e p i d e m i e eine kalhe- dralische Halsaffection geholt."
Akademischer Kalauer. I» Heidelberg zirkulirt unter den Stundenten felgendes Scherzhafte Räthsel: warum zählt unsere theologische Fakultät so wenig Zuhörer? Antwort; weil in der Bibel steht: suchet euer Heil zu erlangen (Erlangen).
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.