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Kommt, Kinderchen! heute Abend dürft ihr in einer Kutsche fahren!"
Das war ein Jubel und eine Freude, als sünf Minuten ipäler der Fiaker mit den fünf glücklichen Menschen davourollte. Frau Neuhof war in solch gespannter Erwartung, dag sie kaum reveu konnte, und Heinrich Kräh war cbcnialls ganz still entzückt. Aber die Sängerin g^rielh in Verlegenheit und Auiregung, als der Wagen vor dem Hause des Barons hielt, und Kräh sie hinein und die Treppe hinan führte nach dem wohlbekannten Schlafzim mer ihres Vaters. „Kräh, Freuno, das war nicht schön von Ihnen!" flüsterte sie bebend; „Sie haben mich zum Besten gehabt?" Er drückte ihr beruhigend die Hand und öffnete die Thüre. Sie iah sich unter Bekannten. Der Komponist zog die Vor hänge des Beltes auseinander; das Licht war zwar so gedämpft, daß sie kaum die Gestalt in dem Bette sehen konnte, aber die Stimme war unverkennbar, welche ihr nun enlgegenrief:
„Mein Kind! Meine Caroline! Kannst Du mir vergeben, daß ich Dir nicht verzeihen wollte? Komm in meine Arme und in mein Haus, das Du niemals wieder verlassen sollst! O meine liebe, gute Toch- ter, wie sehr habe ich mich oft nach Dir gesehnt!"
Caroline antwortete nur durch Thränen und Küsse, und eine lange, lange Umarmung; Kräh konnte es vor tiefer Bewegung nicht länger mit anfehen, und eilte hinaus, um die Kinder hereinzuholen.
Von diesem Augenblicke an kannten Caroline und ihre Kinder keine Noch mehr; sie übersiedelten in das Haus des Barons Silberstein. Frau Neuhof genas allmählig wieder an Leib und Geist, seit der furchtbare Druck der Nahrungssorgen von ihrem Gemüth genommen war, aber die Erinnerung an ihr erstes und letztes Arutrin auf der Bühne üble auf ihr ganzes künftiges Leben einen tiefen, geistigen Eindruck, wie mancher arme oder unglückliche oder in seinen Erwartungen und Träumen getäuschte Künstler bezeugen kann, den sie freigiebig unterstützte. Auf ihre Fürbitte nahm der Baron Sicherstem den unglücklichen, verwahrlosten Heinrich Kräh in's Haus und ließ ihm nachträglich noch eine Erziehung geben, welche ihm eine anständigere und angemessenere Laufbahn eröff- nete; er blieb der Hausgenosse Carolinens, und genießt noch täglich die stille Freude sie singen zu hören.
Die Dankbarkeit des alten Barons erstreckte sich auch auf Roffelli und Müller. Dem ersteren lieh er eine größere Geldsumme zum bessern Betrieb seines Theaters , wird aber in seinem Lebe« weder Zinsen noch Kapital mehr zu sehen bekommen. Dem Tondichter kaufte er eine Leibrente, um ihn für spätere Zeiten vor Mangel sicher zu stellen. Der arme Ludwig Aniadäus mußte noch manches Herbe erfahren. Nachdem ihn das wankelmüthige Publikum einige Jahre gehätschelt hatte, schenkte es seine Gunst einem Andern und wollte finden, daß MüUer's Genie nnr Humbug gewesen seie. Vergebens strebte
der entthronte Genius sich durch einige gewaltsame Anstrengungen das verlorene Terrain wieder zu gewinnen; da gab er end lich nach, schor sich Barl und Haar, kleidete sich philisterhaft anständig und ward ein achtbarer, gefetzter, aber etwas miian- thropiicher, vielbeschäftigter Musiklehrer. Zuweilen bringt er einen Abend bei feiner Freundin, Madame Neuhos, zu, aber weder sie noch Kräh dürfen alsdann die mindeste Anspielung auf seine erste und letzte Oper „Johanna d'Arc" fallen taffen, welche nur zweimal über die erhabenen Bretter einer Bühne gegangen ist, und nur ein einziges Mal Succeß gehabt hat, — bei dem ersten und einzigen Auftreten der gefeierten und dann verschollenen Clara Preis! —
DaS vom 11. Maidalirte „Betriebs- Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands" enthält 70 Paragraphen und kam seit 1. Juli d. I. für die Beförderung von Personen, Reisegepäck Leichen, Fahrzeugen und Thieren, desgleichen für Güter »m Lokal- unv Verbandverkehr, sowie im Verkehr von Bahn zu Bahn i» Anwendung. Spezialbestimmungen einzelner Eisenbahnverivalluuge» oder Eisenbahnverbände haben neben diesem Reglement nur Geltung, wenn sie in die bezüglichen Tarife ausgenommen sind, Mit den Festsetzungen dieses Reglements nicht im Widerspruch stehen, dieselben vielmehr nur ergänzen, oder wenn sie dem Publikum günstigere Bedingungen gewähre». Aus dem umfangreichen Reglement heuen wir Folgendes hervor: Diejenigen, welche bis 5 Minuten vor Abgang des Zuges noch kein Billet gelöst habe», können auf Verabfolgung eines solchen keinen Anspruch machen. Das zu entrichtende Fahrgeld ist abgezählt bereit zu halten. Einzelne bestimmte Plätze können im Voraus nicht belegt werden. Allein reisende Damen sollen auf Verlangen möglichst nur mit Damen in ein Coupe zusammengesetzt werden. In jedem Zuge muß sich wenigstens je ein Damencoupe für die Reisende» der 2. und 3. Wagenklasse befinden. Bei den nach amerikanischem System gebauten Wagen findet die letzlere Bestimmung nur mit den durch dieses System gebotenen Modifikationen Anwendung. Auf Verlangen auch nur Eines Reisenden müssen die Fenster aus der Windseite geschlossen werden. Die Mitnahme des Gepäckes, welches nicht spätestens 15 Minuten vor Abgang des Zuges, unter Vorzeigung des Fatirbillets in die Gepäckexpedition eingeliefert ist, kann nicht beansprucht werden. Ueber die Haftpflicht der Eisenbahnen für Reisegepäck bestimmt Z. 29 u. A. die Befolgung nachstehender Grundsätze: Ist von deu Reisenden kein höherer Weich angegeben, so wird im Falle des Verlustes oder der Beschädigung der wirklich erlittene Schaven vergütet; dieser kann jedoch in einem höheren Betrage als mit 12 Mark für jedes Kilogramm, nach Abzug des Gewichts des unversehrten Inhalts des bios beschädigte» Gcpäckilücks nicht beansprucht werdui. Ist von dem Reisenden ein höherer Werih an- m. Druck unv Vertag vor. Lak.^Meeh m Neue
gegeben, so wird mit der Gepäckfracht eilt Frachtzuschlag eihobe», welcher für jede, wenn auch nur angcfangene« 150 Kilometer, die das Gepäck von der Absende- dis zur Bestimmungsstation zu durchlaufen hat, im Minimum O,»» Mark beträgt und 2 pro Mille der ganzen angeaebenen Summe licht übersteigen darf. Die Verwaltung ist von jeder Verantwortlichkeit für den Verlust von Reisegepäck frei, wenn es nicht innerhalb 8 Tagen nach Ankunft des Zuges auf der Bestimmungsstation abgefoidert wird. Fehlende Gepäckstücke werden (§. 30) erst nach Ablauf von drei Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem dieselben ansgegeben sind, auf der Bestimmungsstation des Reisenden als in Verlust gereichen betrachtet, und der Neiicnde ist erst dann befugt, mit Ausschluß aller weiteren Entschädigungsansprüche desselben die Zahlung der vorbestimmten Garantiesumme zu fordern. Der H. 31 bestimmt die Haftpflicht der Eisenbahn für versäumte LicferungS- zeik. Der Enaz des nachznweiienden Schadens , sobald solcher überhaupt eimritt, kann nnr im Betrage von 9,,o Mark für jedes Ki'ogr. des auSgebliebeneu Gepäcks und jeden angefangcnen Tag der Verfäum- niß bis dahin, daß das Gepäck als in Verlust gerathen anzusehen ist, beansprucht werden. Auch für den Verlust oder die Beschädigung von Thieren besteht Haftpflicht, und es sind, falls der Aufgeber den Werth nicht angegeben hat, Maximal- Entschädigungssäze (Z 44) festgesezt, z. B. 450 Mark für ein Pferd, 210 für einen Mastochsen, 6 für einen Hund, 60 für ein Mastschwein und „100 Kilogramm sonstiger Thiere." Nach Z. 57 publizirt jede Bahnverwaltung durch die Tarife für den Verkehr innerhalb ihres Bahngebiets Lie- ferungszeiten, welche sich ans Transport- und Expeditioiisfristen zuiammensezen und die nachfolgenden Moximalansäze nicht überschreiten dürfen: a) für Eilgüter einen Tag Expeditionssrist und einen Tag Transportfrist für je auch nur angesangene 225 Kilometer; d) für Frachtgüter je zwei Tage. Den Eisenbahnverwaltungen wird jedoch Vorbehalten, für Messen und andere außergewöhnliche Verkehrsverhältnisse mit oder vorbehaltlich der Genehmigung der Aufsichtsbehörde Zuschlagfristen sestzusezen und zu pnbliziren. Die Lieferungszeit beginnt mit der auf die Abstempelung des Frachtbriefes folgenden Mitternacht. Für die Haftung der Eisenbahnen ist ein Geldwerth festgesezt.
Auflösung der Räthsel in Nro. 89.
1 .
König Friedrich, der zuerst Herzog, später Kurfürst, endlich König wurde.
2 .
Arbon, kleine Stadt am Bodensee im Kanton Thurgau. — Narbonne, Stadt mit 11,000 Ew.
3.
G r o ß s a ch s e n h e i m, Stadt mit einem Schlosse und 1270 Ew. im Oberamt Vaihingen. — Sachse u. dur.z.