Ealmer Woilimblati.
Donnerstag Ketlage Ur. 32. 16. Mär? 1899.
3^ ^ rr. Nachdillck verboten.
Die beiden Admirale.
Orginal-Roman
von <Larl Ludwig panknin, Alarine-Schriftsteller.
(Fortsetzung.)
3. Kapitel.
Die englische Flotte befand sich seit einigen Tagen im Atlantischen Ocean, eine prächtige Nordostbrise schwellte die Segel, so daß die Schifft eine herrliche Fahrt machten. Auf der Kommandobrücke des .Nestor/ welche die letzte Division führte, stand der Kommandant Hobartson, und nicht weit davon Klayriston, der auf die Signale der anderen Schiffe achtete, um erforderlichen Falls die für die „Nestor" bestimmten Signale aufzunehmen und nach Anordnung des Kapitäns zu beantworten.
Da stiegen auf der „Möwe" mehrere Flaggen auf, aus denen hervorging, daß die „Nestor" angeredet wurde. William las aus dem Signalbuche den Wortlaut ab und schritt dann zum Kommandanten.
„Kapitän, die „Möwe" meldet eben: „Zweiter Offizier schwer krank, bitte dringend um Ersatz."
„Heiliges Eismeer I — Die Sache fängt gut an, kaum einige Tage fort, und schon kranke Offiziere, könnte mit seiner Krankheit auch gewartet haben. — Wer ist es, wissen Sie seinen Namen, Klayriston?"
„Es ist Lieutenant Down."
„Einer der besten auf der „Möwe," kenne ihn sehr gut — sehr gut — —, daß es auch gerade dieses Schiff sein muß," fetzte er knurrend hinzu und ging dann schweigend hin und her, als wenn er eine wichtige Sache überlegte. Plötzlich trat er auf William zu und sagte: „Ja, Klayriston, Ersatz müssen wir denen da drüben geben — hilft nichts. — Was meinen Sie, wenn Sie an Bord der „Möwe" gingen — he? —"
„Mir ist es ganz aleicbailtig. wo ich bin."
„So, gleicbgiltig ist's Ihnen also — so — so — kein Kompliment für mich, Sir, kein Kompliment für Ihren Kapitän — wahrhaftig nicht."
„Verzeihen Sie, Kapitän, dieser Ausdruck war allerdings unüberlegt — ich dachte mir nichts dabei —"
„Heiliges Eismeer I Dachten Sie sich nichts dabei — so? — Ein Olsi- zier Ihrer Maj stäl soll sich immer etwas denken, w nn er spricht. — Schreiben Sie sich das in Ihr Taaebuch, Sir, thun Sie das!"
„Werde es thun, Kapitän!"
„Also Signal für „Möwe," fuhr der alte Seebär fort, „Ersatz kommt von „Nestor" —, Lieutenant Klayriston. Doch heute Abend sechs Uhr beidrehen —, Boot schicken — und dann geben Sie Meldung an das Admiralschiff. — Lieutenant Seargeant wird Sie als Flagglieutenant ablösen!"
Eine halbe Smnde vor sechs Uhr machte Wlliam dem Kapitän, welcher in der Kajüte sich befand, Meldung, daß er zur Abreise fertig sei. Statt aller Antwort nickte Hobartson nur mit dem Kopfe, schob William einen Stuhl hin und sagte:
„Nehmt Platz Klayriston; ich habe noch einiges wegen der „Möwe" mit Euch zu sprechen. Wenn wir nämlich noch zwei Tage weiter sind, wird die „Möwe" abgeschickt, um in der Bai von BiScaya, die Gegend von San Sebastian und Bayenne abzusuchen, da wir fürchten, daß sich dort feindliche Sch ffe aufhalten, die uns später in den Rücken fallen könnten. — Ihr werdet mithin bei einer sehr gefahrvollen Expedition beteiligt sein. — Möglich, daß die Sache gut abläuft; na, dann habt Ihr eben eine Vergnügungstour gemacht. — Sollte dir „Möwe" aber auf einen sehr starken Feind stoßen, dann — ja dann könnt' Ihr möglicherweise sehr bald bei — den Fischen sein — so nun lebt wohl!"
„Kapitän, ein englischer Seeoffizier darf keine Angst vor Feinden und vor Fischen haben! — Adieu, Kapitän!"
Beide Männer reichten sich die Hand und dann verließ William die Kajüte, um sich an Bord der „Möwe" einzuschiffen. — AIS wenige Minuten später das Boot mit ihm vom Schiffe absetzte, stand Hobartson auf der Kommandobrücke, dem jungen Offizier mit ernster Miene nachsehend.
„Wird bald Gelegenheit haben sich auszuzeichncn," sprach er zu sich, „wird's thun — wird's thun — der junge Mann —, kenne die Klayriston's, immer gute Segler gewesen —, feste Planken —, steife Takelage!"
Wie der Kapitän gesagt, geschah eS; als die Flotte zwei Tage weiter war, bekam die „Möwe" das Signal, das Geschwader zu verlassen und im Golf von Biscaya nach feindlichen Schiffen zu suchen. In Folge d-ffen steuerte das Schiff südöstlich, während das Geschwader fernen südlichen Kurs weiter fortsetzte.
Der Wind war mittlerweile immer mehr nach Osten gegangen, so daß
die „Möwe" nicht mehr die anfängliche Richtung steuern konnte, sondern kreuzen mußte, um in den biScayaischen Meerbusen hinein zu kommen.
Mit jedem Tage, wo man sich auf diese Weise der Küste näherte, nahm die Wahrscheinlichkeit zu mit französischen Schiffen zusammrnzutreffen. Es herrschte daher eine angestrengte Aufmerksamkeit auf der „Möwe" und die dienstfreien Offiziere beteiligten sich daran von der Kampagne oder einem sonst erhöhten Standpunkt, den Horizont zu beobachten.
So stand denn eines Tages der Kommandant, Kapitän Shmitt, mit seinen Offizieren in lebhafter Unterhaltung auch wieder auf der Kampagne.
„Bin wirklich neugierig," sagte er, „wie unsere Spaziertour ablaufen wird. Geben thut's auf alle Fälle etwas, denn während meiner dreißigjährigen Seefahrtzeit bin ich noch nie aus dieser ekelhaften spanischen Waschbalje herausgekommen, ohne daß man mir etwas am Zeuge flickte. — Noch heute denke ich zum Beispiel daran, wie eS uns vor zehn Jahren auf dem „Tiger" ging, wo ich erster Offizier war.
Bekamen da eines schönen TageS so einen prächtigen Dreimaster in Sicht und wir natürlich wie der Teufel darauf los. Der Vollricker that alles mögliche um fortzukommmen, wenigstens hatte es so den Anschein, aber trotzdem holten wir ihn doch ein und jeder von uns rechnete schon im Stillen seinen Priesen- anteil aus, als da drüben ein Haufen Batterieluken hochfliegen und im nächsten Augenblick blitzt, kracht, heult und schmettert es uns um die Ohren, daß einem grün und blau vor Augen wurde. Mancher brave Kerl sank nieder, um nie wieder aufzustehen. — Verdammt, wir hatten in ein Otternnest gegriffen! — Als es Abend war, konnten wir Alle Gott danken, daß wir nicht —"
„Schiff in Sicht, drei Strich an Backbord," wurde Shmitt durch den Ruf des vorderen Marsraaposten unterbrochen. — Alle Offiziere, der Kommandant an der Spitze eilten zum Bug und richteten ihre Ferngläser nach der angegebenen Richtung.
„Es ist jetzt noch nicht möglich, die Takelage genau zu erkennen, man weiß nicht, ob es ein Spanier oder em Franzose ist," meinte William. —
„Werde selbst in dm Vormars steigen, um die Sache zu untersuchen,"
Es dauerte eine kleine Weile, als er auch schon in größter Hast wieder von oben herunter kam. Kaum hatte er den Fuß auf Deck gesetzt, so rief er mit lauter Stimme: „Es ist einer von diesen vermaledeiten Windbeuteln, habe ihn genau an seinem Bramsegel erkannt. Vorwärts, meine Herren, es wird ein tüchtiges Stück Arbeit geben, muß nach seiner Größe einige Geschütze mehr führen. Tambour schlag an „Klar zum Gefecht."
Wenige Sekunden später raffelte der Trommelwirbel durch die Räume des Schiffes, und rief jeden der Besatzung auf seinen Posten. Kapitän Shmitt mit dem ersten Offizier und William hatten ihre Plätze auf der Kommandobrücke eingenommen, während die übrigen Offiziere bei den Geschützen standen. Nachdem so alle Vorbereitungen zum Gefecht getroffen, ging es auf das französische Schiff loS. Doch es schien, als wenn dasselbe keine Lust hatte, den Kampf zu beginnen» oder die „Möwe" war von dem Feinde noch nicht gesehen, denn er verfolgte seinen westlichen Kurs ruhig fort.
„Er will nicht anbeißen, denn bemerkt muß er uns haben," meinte Shmitt, „aber er soll anbeißen. Warte, dieses Mal will ich's euch heimzahlen von damals!"
„Kalkuliere, Kapitän, jener Schuft hat etwas im Sinn," äußerte der erste Offizier, „wenn er nämlich ehrliche Absichten gehabt hätte, würde er schon längst auf uns zugekommen sein."
„Glaub's. — glaub's — auSrücken will er nach bekannter französischer Manier — sind gioß darin, diese Leute — schlagen sich nur, wenn sie in der Mehrzahl sind.
„Und ich sage, der Matrose nimmt doch den Kampf mit uns auf," rief plötzlich William, „vorhin hatte er Oberbramsegel stehen, nun sind sie verschwunden. Der Feind hat uns also absichtlich näher kommen lassen wollen."
„Recht, Klayriston, sehr recht; habe es ganz übersehen — na, dann werden wir unS wohl bald näher kennen lernen!"
„Da — der ver — Franzose hält auf unS ab," sagt« in diesem Augenblick der erste Offizier, indem er mit der Hand nach dem feindlichen Schiffe hinwieS.
Und so war eS. — Der Feind hatte nun seinen Kurs geändert und kam der „Möwe" mit vollen Segeln entgegen. Noch eine halbe Stunde und der Kampf mußte beginnen. Von Seiten der Engländer wurde dieser Moment mit stillem Jubel begrüßt, aber trotzdem herrschte die vollste Ruhe im Schiffe, nur durch leise gesprochene Befehle der Offiziere unterbrochen. Als sich die Distanz auf ungefähr dreitausend Schritt verringert hatte, feuerte drüben vom Franzosen das Buggeschütz den ersten Schuß. Die Kugel flog jedoch mit unheimlichem Schwirren gefahrlos über die „Möwe" hinweg und tauchte in die See.
(Fortsetzung folgt.)