Miszellen.

Sklavenhandel.

Während die englische Negierung durch die Sendung Sir B. Frere's nach Zanzi­bar ihren Entschluß kund gegeben hat, dem afrikanischen Sklavenhandel zu steuern, bleibt es sehr wünschenswerth, daß auch die Unterdrückung des nicht minder scheuß­lichen Menschenraubes in der Südsee nicht aus dem Auge verloren werde. Eine ge­richtliche Untersuchung, welche gegen Ende August in Sydney (Neusüdwales) einge­leitet worden ist, wird wohl dazu beitragen, die Nothwendigkeit energischer Maßregeln einzuschärsen. Kapitän und Mannschaft des SchiffsCarl" stehen dort unter der Beschuldigung. Eingeborene der Hebriden- Jnseln im Großen ermordet zu haben. Wie die Anklage besagt und Zeuge» schon erhärtet haben, ist der Thatbestand fol­gender: Das SchiffCarl", ein echtes Sklavenschiff der berüchtigtsten Zeit, die man längst hinter sich zu haben glaubte, segelte am 4. Juli 1871 von Levuka nach den Hebriden ab, umArbeiter" dort zu gewinnen und geeignetes Land für Baum­wollen-Plantar,en zu ermitteln. Die Be­mannung bestand ans dem Kapitän I. Armstrong und 8 Matrosen. Außerdem befanden sich an Bord 5 Paffagiere, unter denen Dr. Murray, der jetzt in Sandhurst wohnt. Auf der Insel Afi gelang es, Land zu einer Planlage von den Einge­borenen zu kaufen, welche in großer Zahl nach dem Schiffe kamen, um Tauschhandel zu unternehmen. Unterdessen wurde ein bemanntes Boot ausgesandt, einen Anker­platz zu ermitteln. Auf dieses Boot schossen Eingeborene, die jedoch nicht zu denen gehörten, welche sich beim Schiffe befanden. Die Matrosen, zur Rückfahrt gedrängt, waren darüber so erbittert, daß sie die unschuldigen Wilden beim Schiffe angriffen. Einige Dutzend von diesen wurden zu Gefangenen gemacht und einige dabei erschossen. Das Schiff fuhr darauf nach der Solomongruppe und bei Santa Anna kam eine Anzahl Boote mit Wilde» nach dem Schiffe, um zu handeln. Als diese Boote am Schiffe lagen, stürzten die Matrosen die Boote um, griffen die im Wasser schwimmenden Wilden auf und schafften sie ins Schiff. Bei dieser Ge­legenheit wurde ein Wilder erschossen, weil er eine Keule und einen Bogen bei sich führte. Etwa 12 wurden gefangen genommen.

Von hier segelte man nach Maylayton und von da nach der Isabel-Insel. Hier kamen die Eingeborenen, um Handel zu treiben, ebenfalls in Booten nach dem Schiffe und erfuhren gleiches Schicksal. Man stürzte ihre Boote in folgender Weise um: lheils sprangen mehrere Matrosen plötzlich in eines derselben und warfen es dadurch um; theils warf man einen schweren Eisenklumpen an einem Strik in ein Boot und zertrümmerte dadurch das Nindenfahrzeug. Die Vopte desCarl" waren dann schon bereit, die ins Wasser Gefallenen zu ergreifen und nach dem Schiffe zu bringen. So kreuzte das Skla­venschiff von Insel zu Insel und verfuhr

überall in gleicher Weise, wo sich die Ge­legenheit bot. Das Entsetzlichste ereignete sich später auf dem Schiffe selbst bei der Heimfahrt nach Levuka, nachdem etwa 140 Sklaven gefangen genommen waren.

Die meisten von diesen, wilde entschiedene Männer, waren in einem festen Raume des Zwischendecks untergebracht und ein­geschlossen. Hier empörten sie sich und versuchten, die Lucken aufzusprengen. Auch griffen sie sanftere Wilde von anderen Inseln, die sich unter ihnen befanden, an und mordeten sie. Die Gefahr war groß und der Kapitän bewaffnete Alles an Bord zur Vertheidigung. Man schoß durch Luken mitten unter die Gefangenen und tödtete so einen nach dem andern. Dieses Würgen dauerte lange, bis danach endlich Ruhe eintrat und die noch Lebenden um Gnade baten. Am Morgen wurde das Zwischendeck geöffnet und wer noch am Leben war, kroch hervor. Die wenigen Unverwundeten wurden festgenommen und alle Verwundeten und Erschossenen über Bord ins Meer geworfen. Dr. Murray, ein Augenzeuge, sagte aus, daß sich unter den Verwundeten viele befunden hätten, bei denen Rettung möglich gewesen wäre. Er hatte gegen dieses unmenschliche Ver­fahren protestirt und gefordert, daß man diese Verwundeten wenigstens auf einer Insel aussetzen möchte; indeß vergebens, sie mußten das Schicksal der Anderen theilen, und so sind wenigstens 70 Wilde umgekommen, entweder erschossen oder ver­wundet ins Meer geworfen. Dann wurde das Schiff vom Blute gereinigt und die mit Blut bespritzten Wände weiß ange­strichen, namentlich die Kugelspuren an den Holzwänden so geschickt verdeckt, daß selbst die Offiziere des KriegsschiffesRo­sario", die es untersuchten, keine verdäch­tigen Spuren auffauden. Das Schiff ging daun direkt nach Levuka. Dort ließen sich diese Schandthaten nicht geheim halten; das KriegsschiffRosario" schritt ein und sandte die Mannschaft zur Unter'uchung nach Sydney. Der Kapitän steht unter der Anklage des Mordes, die Mannschaft ist nur des gemeinen Angriffes angeklagt.

(Schluß folgt.)

Was ein Eisenbahn- oder Postbeamter manchmal auf dem Gewissen hat.

Ein munteres Sängervölkchen zog wohl- gemuth und siegessroh in den etwas be­wölkten Sonntagsmorgen hinein, der schwä­bischen Feststadt Hall zu, wo am selbigen Nachmittag ein Liederturnei von mehreren Tausend Sängerbrüdern abgehalten werden sollte. Je heiterer der Himmel wurde, desto fröhlicher wurden die Kämpen und manch munteres Lied weckte die Bewohner der durchwanderten Orte. Daß die ver­jubelten Lieder wieder durch Viertel- und halbe Liter ersetzt wurden, that der Fröh­lichkeit durchaus keinen Eimrag. Warum sollten sie auch nicht fröhlich sein? Zogen sie doch einem ganz gewiß unblutigen Kampf entgegen und wenn bei solchen Fehden mitunter auch ein Chorfällt", so ist ja männiglich bekannt, daß demselben durch einen frischen Akkord wieder aus die Beine geholfen werden kann. Es war eine

Siegesfreudigkeit in der Brust jedes Ein­zelnen mächtig erwacht, denn

Wenn der Führer ohne Tadel,

Die Tenors hoch im Sattel, Mittelstimmen stramni am Zügel Und die Bässe fest im Bügel: da kann der Erfolg nicht zweifelhaft sein, um so mehr als das LiedWaldkirche", mit welchem sie um den Kampfpreis zu ringen gedachten, von einemHaller" in einewundersame Melodei" gesetzt, schon werth sein mochte, von den Haller Preis­richtern mit Andacht gehört zu werden. Und wo die Maienglocken zum Gottesdienst läuten, wo die Nachtigall mit allen Vögeln und Engelchören im göttlichen Waldes­tempel dem Herrn Danklieder darbringen, da muß auch das Herz eines Preisrichters menschliches Rühren fühlen und den Sängern eine kleine Anerkennung zum Lohne werden. Das mochten so unge­fähr die Gedanken sein, mit welchen die 20 Streiter sürbas zogen, oder besser ge­sagt, sich ziehen ließen. Den Preis hatten sie so gut wie in der Tasche.

Doch mit des Geschickes Mächten Ist kein ew'ger Bund zu flechten!

(Schluß folgt.)

Technische Rundschau.

Einen neuen Ersatz für Baumwolle lie­fert eine zur Gattung Epilobium gehörende Pflanze, welche vom 40? bis zu den käl­testen Gegenden Nordamerikas in allen sumpfigen Gegenden wild wächst, mehrere Jahre dauert und 1,51,8 Meter Höhe erreicht. Der Stamm ist 68 Millimeter dick und treibt gegen 20 Zweige, wovon jeder 1520 Schoten trägt, welche im August aufspringen und einen faserigen Stoff vom Aussehen der Baumwolle zu Tage fördern. Die Körner sind sehr klein und zahlreich, spalten sich aber sehr leicht. Die Pflanze wächst im schlechtesten Boden im Ueberfluß und beginnt sich an der äußersten Grenze der Baumwollen - Cultur zu zeigen. Nach dem ^merie. Llallukua- tursr hat man aus dem faserigen Stoff Dochte und Seile gemacht, die so fest wie Baumwollseile sind. Nachdem die Fasern gekrämpelt und gesponnen sind, erhält man daraus einen vortrefflichen Faden, der sich sehr gut für die Weberei eignet, ebenso zur Erzeugung von Papier. In Europa fehlt es gewiß auch nicht an weitläufigen Terrains, worauf diese nützliche Pflanze kultivirt werden könnte. Eine große Verbreitung finden die Glasgespinnstwaaren aus der Fabrik, von Brunfant in Wien. Sie erstrecken sich seit Jahren auf die mannigfaltigsten Gebiete, indem Kleidungs­stücke, Putzgegenstäude, Vorhänge, Spitzen, Shawls rc. hergestellt werden. Interessant dürften unfern Leserinnen die Preise eini­ger Fabrikate sein: Beduinquasten 1 fl. bis 1 fl. 50 kr. öst. W., Adlerfedern 80 kr., Bouquets 1 fl. 70 kr., Mauschelten 2 fl. 50 kr., Kragen 15 fl., Damen­jäckchen 2540 fl., Damenhüte aus Glas 1030 fl. Neuerdings hat man Ozon für Spiritusreiniguug mit durchaus be­friedigendem Erfolge angewendet. Eine amerikanische Fabrik zeigte, daß eine 2o Minuten lange Berührung des Ozon ge-