Miszellen.
Ein Priester-Geheimiliß.
(Von vr. B—e.)
(Fortsetzung.)
Einen Monat »ach dem ersten Besuch des Grafen meldete man mir ihn wiederum; ich empfing ihn sehr eifrig; er schien mir traurig und verändert.
„Herr Abbe," sprach er zu mir, „Sie haben sich geweigert, die Führung eines Mädchens zu übernehmen. Sie werden sich nicht weigern, eine Kranke zu trösten. Paula, die ich auf ihre Bitte wieder hie- her gebracht habe, da sie hoffte, die hei- mathliche Luft werde sie kräftigen, zehrt sichtbar ab, und ein neues Unglück bedroht mich. Sie schickt mich von Neuem zu Ihnen, Herr Abbe, und ich habe ihr versprochen, Sie mitzubringen."
„Es war mir diesmal unmöglich, es abzuschlagen. Ich reichte dem Grafen meine Hand und folgte ihm.
Ich kam vor jenem Hanse an, dessen schwelle ich seit acht Jahren nicht überschritten hatte, und als ich Vater Charpins Häuschen, das dichte Gewölbe der Linden wieder erblickte, welche den Dom bildeten, unter welchem mir so oft eine liebliche Vision erschienen war, kam es mir vor, als sehe ich das Phantom meiner Jugend sich vor mir aufrichten, und fühlte die Erregungen jener Zeit mit aller Stärke wieder aufleben; ich drängte sie mit großer Mühe zurück, um vor dem Grasen eine des Mannes und Priesters würdige Haltung zu behaupten.
Man führte uns in jenes blaue Zimmer, wohin ich geglaubt hatte, daß Paula nie zurückkehren würde; sie mar jedoch wieder dahin gekommen, und ich befand mich daselbst bei ihr; aber welche Veränderung!...
Ich sah sie auf einem Ruhebette ausgestreckt; sie hatte nicht mehr die Kraft zu gehen; sie schien mir abgemagert, aber nicht verändert; es war immer noch jene matte Gesichtsfarbe, rein wie ein Blumenblatt; es waren jene bewundernSwcrthen blonden Haare, und jener blaue, so zärtliche und liefe Blick, dem ich nie begegnen konnte, ohne daß alles Blut mir nach dem Herzen strömte. Sie erröthete leicht, als sie mich erblickte, und machte mir ein Zeichen mit der Hand, mich neben sie zu sie zu setzen. Ich gehorchte schweigend; ich fürchtete, die Stimme würde meine Bewegung verrathen.
„Ich habe ihn dir gebracht," sagte lächelnd der Graf zu seiner Tochter, „und damit du um so bequemer von seiner Anwesenheit Nutzen ziehen kannst, taffe ich dick) allein mit ihm. Herr Abbe," setzte er im Abgehen hinzu, „predigen sie ihr nicht zu viel, sondern heitern Sie dieselbe womöglich etwas auf; sie ist unvernünftig, und wird vielleicht eher aus Sie,, als auf mich hören."
Als wir allein waren, trat eine Stille ein, welche Jedes von uns zuerst zu unterbrechen sich fürchtete. Paula war die> mnthigere. j
„Mein armer Vater!" sagte sie mit einem traurigen Lächeln, „er beklagt sich, daß ich unvernünftig sei, weil ich mich weigere, seine Aerzte zu hören, die jetzt nichts mehr für mich thun können."
„Sind Sie wahrhaftig so krank, mein Kind?" fragte ich, versuchend, sogleich jene väterliche Anrede auzuwendcn, welche mir alle ineine Pflichten in's Gedächtnis; zurückrief.
„Ich habe keinen Monat mehr zu leben," antwortete sie ruhig.
Diese Worte machten mir kalt um's Herz.
„Was kann Sie bestimmen, so Trauriges zu glauben?" fragte ich.
Sie setzte sich aufrecht und sagte, ihre beiden kleinen Hände über einander legend und die Augen niederschlagend, iu der Haltung eines betenden Engels.
„Für's Erste, mein Vater, ist es nichts Trauriges, und dann wird cs so geschehen, weil ich es lebhaft wünsche."
Nehmen Sie sich in Acht, mein Kind, ein solcher Wunsch könnte strafbar sein.
„Oh! Gott wird mir ihn vergeben; er weiß wohl, daß ich nicht leben kann..."
„Sie vollendete ihren Satz durch einen Blick; ich verstand sie und fühlte mich so verwirrt, daß ich nicht zu antworten vermochte.
„Nun wohl," nahm sie wieder das Wort, „ich muß den Muth haben, endlich zu sprechen; warte ich länger, so wird cs zu spät sein. Ich habe Sie rufen lassen, um eine Beichte zu empfangen ... und ein Bekenntnis;," setzte sie leiser hinzu.
„Ein Bekcnntniß! . . ." stammelte ich.
„Ja, ein Bekenntnis;. Ich habe für Sie zum Himmel um Muth gebetet, es zu empfangen, und für mich es abzulegen. Seit dem ersten Tage, da ich Sie sah, liebe ich Sie; seit jenem Tage habe ich nur von dem Gedanken an Sie gelebt, und ich sterbe jetzt, weil Sie Priester sind."
Als ich diese Worte vernahm, welche Alles mich hatten ahnen lasse», wurde ich dennoch von einer ungeheuren Bewegung ergriffen; die verschiedenartigsten Gefühle regten sich in mir: die bittere Freude zu spät erkannter Liebe, schmerzliches Bedauern, schreckliche Angst.
„Sie werden nicht sterben, Paula!" rief ich.
„Wäre ich dessen nicht gewiß, würde ich geredet haben?" crwiederte sie langsam.
„Ich beugte den Kopf, stumm, niedergeschlagen, überzeugt. Dann nahm sie mit ihrer süßen und frischen Stimme, welche von Zeit zu Zeit eine unwiderstehliche Rührung verschleierte, die Erzählung der verschwundenen Tage, der scheinbar geringfügigen Ereignisse wieder auf, welche Jahre lang denselben Faden unserer Existenz gebildet hatten; sie rief mir unsere Begegnungen in der Kapelle der heiligen Jungfrau zurück, das zur Erde gefallene und so zart gegebene Bildchen, die Vertheilung der Preise, ihre Rührung, da sie mir zuhörte, ihre Freude, da sie meinen Erfolgen anwohnte, mein auffallendes Verweilen bei Vater Charpin, meine Krankheit, als ich die ihrige erfuhr, „denn auch ich," sagte
sie mir, zu lächeln versuchend, „brachte den alten Soldalen zum Reden," endlich die Ueberscndung des Rings nach ihrer Abreise.
„Wie? des Rings!" rief ich, „er war also nicht von Nelly?"
„Wem, Nelly?" sagte sie mit einem Blitz in den Augen, wo die Frau über den Engel dominirte.
(Amtsctzmig folgt.)
D arm st a dt. sMäuse als Warncr.j Die Gänse haben das Kapitol gerettet. ! Brehm erzählt uns Wunderdinge von den ! nützlichen und verkannten Thieren, vom ! Maulwurf, Igel und der Fledermaus, aber Niemand hat bis jetzt den Mäusen ein Loblied gesungen. Dennoch haben dieselben einen hiesigen Kaufmann vor einer Feucrs- brunst bewahrt. Kürzlich wurde dessen ; Personal gegen Mitternacht durch entsetzliche Klagelaute, die aus dem Magazin ^ zu kommen schienen, aus dem Schlafe er- ! weckt. Der beherzteste der Kommis kleidete l sich an, ging nach dem Magazin, aus dem ihm ein dicker Qualm, von brennenden i Zündhölzern herrühreud, entgegen kam, ! und öffnete. Oben auf die Waarenballen, j von woher die Jammerlöue kamen, hatten ' sich die angsterfüllten Magazin-Mäuse ge- ! flüchtet deren Gequieke rechtzeitig den Be- ^ giun des Brandes signalisirte und so weiteres > Unglück verhütete.
Ein neuer Budgetposten. In Al- ^ toua ist nach den „A. N." das städtische Budget durch eine neue Ausgabe belastet worden. Man hat sich nämlich veranlaßt gesehen, eine Katze anzuschaffen, auf deren Halsband der Name „Ralhhaus-Katze" zu lesen ist. Als Verzehruugskosten sind dem Thier außer den Mäusen, die ihm als Nebeneinkommen in reicher Anzahl zu Ge- ! bote stehen, neun Pfenninge pro Tag zu- l gestanden worden.
Das Annässen der Steinkohlen für Dampfkesselfeuerungen findet nach altem Vorurlheil noch häufig statt. Seidler (Böttg. polit. Notizbl.) erzählt, daß in einer Fabrik, in welcher man auf seine Anmahnuug dasselbe abstellte, der tägliche Verbrauch i an Steinkohlen von 80 Tonnen auf 68 herabgegangen sei.
Auflösung -er Räthsrl in Nro. 125.
1 .'
I» der preußischen Provinz Sachsen, da gibt es ein Eisleben, ein Ascherslebcn, Neu- ' Haldcrsleben, Alt-Haldersleben, Oschcrs- leben, Wegcleben, Dammersleben, Moors- leben re. kurz — Leben über Loben.
2 .
Bamberg an der Regnitz mit 20,000 > Ew. Amberg an der Vils mit 6500 Ew. !
Auf einer 2140 Fuß ansteigenden Höhe des Vogelsberges, im Großhcrzogthum Hessen, welche der Taufstein heißt.
Hiezu eine Beilage.
Der General-Anzeiger für Württemberg. Nr. 12.
NeSaction, Druck und Verlag von Jak. MeehNn Neuenbürg.