592

Pforzheim, 6. Dez. Die jüngst vorgenommene Volkszählung gab zum Resultate, daß die Seelenzahl unserer Stadt in den letzten 4 Jahren wieder um nahezu 3000, nämlich von 16,397, wie sie im Jahr 1867 war, auf 19,350 ge­stiegen ist. Darunter ist die Bevölkerung einzelner neuen Stadttheile, welche aber nicht auf Pforzheimer Gemarkung sind, noch nicht einmal eingerechnet. Das sich überall kundgebende Bestreben nach Gründung neuer Bankinstitute macht sich auch hier geltend. Es ist nämlich im Werke, einen Pforzheimer Bankverein auf Aktien zu LOOTHlr. zu gründen. Ge­wiß ist, daß ein solches gut fundirtes Unternehmen der hiesigen Industrie vielen Vorschub leisten wird. (S. M.)

Die Hauptbestimmungen des vom Reichs­tage in dritter Lesung angenommenen Ge­setzes, die Prägung von Reichs­goldmünzen betreffend, sind die fol­genden:

Es werden Zehn- und Zwanzig- ma?k stücke ausgeprägt, die auf der einen Seite den Reichsadler mit der Umschrift Deutsches Reich", der Angabe des Werthes und der Jahreszahl der Prägung, auf der andern das Bild des Landesherrn resp. das Hoheitszeichen der freien Städte tragen.

Die andern noch umlaufenden Gold- wie die groben Silbermünzen werden nach und nach eingezogen; und dürfen nicht durch neue ersetzt werden.

Anzunehmen sind: Das Zehnmarkstück zu 3V» Thlr. oder 5 fl. 50 kr. süddeutsch das Zwanzigmarkstück zum doppelten Werthe.

Die Mark zerfällt in 100 Pfennige; in Baiern darf noch eine Untertheilung des Pfennigs in zwei Halbpsennige statt­finden.

In dem im Gesetze nicht erwähnten Frankengeide wird demnach die Mark auf l Fr. 25 C., der Pfennig i Vi, der halbe Pfennig V» C., das Zehnmarkstück 12Vs Fr. und das Zwanzigmarkstück 25 Fr. hinauslaufen.

^sn etwa drei Wochen gedenkt man mit der Prägung der neuen Reichsgoldmünzen begingen und deren dann jeden Monat für 1012 Millionen Thaler liefern zu können. Diejenigen, die das Bild Wil- helm's I. als Deutschen Kaiser tragen werden, sollen ausschließlich in der Ber­liner Münze geprägt werden. Die ersten neuen Silberstücke werden gegen Weihnach­ten ermartert.

Württemberg.

Kammer der Abgeordneten 33. Sitzung vom 7. Dezember. Das Diarium der Petitionen enthält Eingaben von Schullehrern um Gehalts-Erhöhung; ebenso von Geist­lichen der Diöcesen Schorndorf, Weikers- heim, Aalen.

Vor Uebergang zur Tagesordnung er­hält v. Schwandner das Wort: crinter- pellirt die Steuer-Neform-Commission nach dem Stande ihrer Arbeiten: die Befürch­tung gewinne Raum, daß der wichtige und sehnsüchtig erwartete Gesetzes-Entwurf auf diesem Landtage nicht mehr zur Bcrathung

und Erledigung gelange. Paulus moti- virt seinen Antrag auf Erhöhung der Schullehrer-Besoldungen Ein Kanzlei­diener, ein Postwagen-Aufseher, ein Zu­schneider bei der Montirungsverwaltung, ja der Gehilfe des Zuschneiders sei bester bezahlt, als ein Volksschullehrer, damit erzeuge sich eine tiefe Mißstimmung im Lehrer-Stande; die Austritte aus demselben mehren sich, die Eintritte vermindern sich, dakönne nurdurchfinanzielle Besserstellung ge­holfen werden; sonst drohe dem Volksschul­wesen, das der Kern der Volksbildung, die Gefahr des Verfalls. Mit einem Gul­den und 6 kr., soviel beziehe der beste Lehrer, könne doch eine Familie von 67 Köpfen nicht leben. Der jüngste Lehrer, der die größere Alterszulage (50 fl.) erhalten, sei 1816 geboren, also 55 Jahre alt; der jüngste Lehrer, der die kleinere Alterszulage (25 fl.) bekommen, sei 1826 geboren. Er, Redner, hoffe mit seinem Antrag: 600 fl. Minimal-Gehalt und je 25 fl. Ausbesterung von 5 zu 5 Jahren das Uebel an der Wurzel zu fasten; damit steigere sich der Gehalt bis zum 70. Jahr nur auf 800 fl.; während das bisherige System bis zum 70. Jahr 900 fl. biete. Nach seinem Systeme würden nur für den Anfang mehr geboten. Er bitte um einen Gesetzes-Entwurf; aber er wolle auf Staats­mittel fundiren, weil Jedermann wisse, wie schwer von den Gemeinden Etwas zu er­langen sei. In erster Linie verdanken wir die Erfolge des Krieges dem Wehrstand, in zweiter Linie dem Lehrstand; inan möge dafür in etwa 4000 Schulhäuser eine Weihnachtsgabe legen, die unendlich viel Freude verursachen würde. Der Antrag wird unterstützt und an die Kirchen- und Schul-Commission verwiesen, nachdem Cult- Minister v. Geßler einen auf den Ge­stand bezügl. Gesetz-Entwurf in Aussicht gestellt.

Seine Majestät der König haben durch Allerhöchste Entschließungen vom 20. und 30. November d. I. die Genehmigung zur Anlegung der von seiner Majestät dem deutschen Kaiser und König von Preußen gestifteten Kriegsdenkmünze für die Feld­züge 1870/71 den auf Grund der Statuten damit Beliehenen allergnädigst ertheilt. Der Staats-Anzeiger v. 6. Dez. bringt in Folge dies das Statut v. 20. Mai 1871, betr. die Stiftung einer Kriegsdenkmünze für die Feldzüge 1870/71 , sowie die dasselbe ergänzenden Allerhöchsten Kabinetsordres vom 22. Mai 1871. Im Eingang lautend: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser und König von Preußen rc. haben beschlossen, den unter Unserem Ober­befehl vereint gewesenen deutschen Armeen, welche durch heldenmüthige Tapferkeit und Ausdauer in einer Reihe glänzender Siege herrliche Ruhmesthaten vollbrachten und die Einigung Deutschlands mit ihrem Blute besigelten, für die glorreichen Feldzüge der Jahre 1870 und 1871 eine Auszeichnung zu verleihen rc.

Stuttgart, 8. Dez. Gestern Nach­mittag fand im Adelberger Hof eine sehr zahlreich besuchte Wirthsversammlnng zu dem Zwecke der Verständigung über die Bierpreise gegenüber dem vom 1. Januar

an geltenden neuen Maße statt. Es wurde hiebei hervorgehoben, daß vor dem letzten Malzsteueraufschlag die Bierbrauer die seit­herige Maß Bier an die Schenkwirthe um 8 kr. abgaben, seit Einführung dieser Steuer aber dieselbe um 8V, kr. verabfolgten, was für den Eimer 22 fl. 40 kr. ausmacht, während sie nun für den Liter, deren 294 auf 1 Eimer gehen, 5 kr. verlangen, was für den Eimer 24 fl. 30 kr., oder 1 fl. 50 kr. mehr als seither betragen würde. Diesem Ansinnen gegenüber beschloß die Versammlung nach kurzer Debatte ein­stimmig, die Bierbrauer durch Circulär zu benachrichtigen, daß für den Liter ge­wöhnlichen Winterbieres von den Schenk- wirthen nur 4'(, kr. bezahlt werde, womit sich der Eimer auf 22 fl. 3 kr. berechnet. Der künftige Ausschankspreis wurde auf 4 kr. der halbe und 2 kr. der Viertelsliter fest­gesetzt. Außerdem beschloß die Versamm­lung im Hinblick auf das am 1. Januar 1872 in Kraft tretende Neichsgesctz, nach welchem Arbeitern und Privatbcdiensteten zum Zweck der Schuldentilgung keine Lohn­abzüge mehr gemacht werden können, mit großer Mehrheit, Speisen und Getränke nur noch gegen sofortige Baarzahlung zu verabreichen. (St. Ztg.)

Calw. Unsere Gewerbeausstellung, welche nach der nächsten Sommer in Aus­sicht stehenden Eröffnung der Bahnlinie Weil d. Stadt-Nagold ins Leben treten soll, verspricht der großen Theilnahme nach zu schließen, welche sie überall findet, sehr reichhaltig zu werden, und eiu umfassendes und würdiges Bild der Gewerbthätigkeit der 3 Bezirke Calw, Leonberg und Nagold zu bieten. Die Anmeldungen aus den Nach­barbezirken laufen überraschend zahlreich ein, und darf heute schon die Zahl der Aussteller auf etwa 500 bemessen werden. Hierunter ist natürlich Groß- und Klein­industrie inbegriffen, auch werden mehrere Maschinen aufgestellt, welche über die Dauer der Ausstellung in Gang gefetzt, und die Anfertigung interessanter Industrie­zweige veranschaulichen werden. Es darf daher auch auf zahlreichen Besuch derselben gerechnet werden, und daß dadurch der eigentliche Zweck der Ausstellung, nämlich die Gewerbthätigkeit der 3 Bezirke in wetteren Kreisen zu zeigen, und den Be­weis zu führen, daß dieselbe auf der Höhe der Zeit steht, erreicht wird, dürste Jeder­mann einleuchten, (C. W.)

Ausland.

Das vom französischen Kriegsgericht gegen die drei Mitglieder der Commune Rossel, Fcrrä und Bourgeois gefällte Todes- urtheil ist durch Erschießen vollstreckt wor­den. Von den Dreien war Rossel der begabteste. Er leitete eine Zeit lang die militärischen Operationen der Kommune gegen Versailles und die Vertheidigung von Paris gegen die Regierungstruppen. Da er früher Offizier gewesen, so wurde er auch noch als Deserteur betrachtet. Hätte er mit eigener Hand im Frieden Deutsche ermordet, so wäre er vermuthlich freige­sprochen worden; da er aber gegen die Truppen des Herrn Thiers kämpfte, so I mußte er natürlich erschossen werden.

Redaktion, Druck und Verlr-^ von Jak. Meeh in Neuenbürg.