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gewirkt hat, wird sie bei uns nur wirken können, wenn sie bei uns in derselben Weise entsteht, wie sie in England entstanden ist.

(W. Z.)

Miszellen- Tom Rocket.

Eine Tpitzbuben-Geschichte.

(Schluß.)

Fraser legte ein besonderes Gewicht darauf, daß seine Gehülfen schnell aus ihrem Ver­steck hervorspringen und auf ihr Opfer eindringen sollten, und er stellte ihnen und meinem Vater angelegentlich die Noth- wendigkeit vor, daß alle zusammenwirkten, pünktliche Wache hielten und das tiefste Stillschweigen beobachteten.Und nun, mein Herr," sagte er zu meinem Vater, als eine Thurmuhr in der Ferne drei Viertel auf zwölf Uhr schlug,nun ist es Zeit an unser Werk zu gehen und den Köder in die Falle zu legen; geben Sie mir da­her gefälligst den Beutel, daß ich ihn be­zeichne und ebenso auch einige von den Münzen, damit wir vor Gericht ihre Identität beschwören können!" Er hatte, wie Sie sehen, die zuversichtliche Hoffnung, dießmal den Meister Tom in seine Gewalt zu be­kommen.

Mein Vater reichte ihm den Beutel mit dem Geld, sah ihn etwas darauf schreiben und auf ungefähr ein Dutzend der Gold­stücke mit seinem Messer einige Ritzen ein­kritzeln; hierauf ließ sich mein Vater in das Boot hinunter, wohin ihm der Poll- zeibeamte sogleich folgte.

Alles ist in Ordnung," flüsterte Fraser.

Glaubt Ihr, der Kerl werde kommen ?", fragte mein Vater.

Ganz gewiß," erwiederte Fraser;aber stille! wir dürfen nicht reden die Zeit ist da!"

Drei tödtlich lange Stunden saß mein Vater in dem Nachen, lagen die vier Polizeibeamte auf ihren breiten Rücken auf den Hürden ausgestreckt, und warteten darauf, daß Tom Rocket kommen und sein Geld holen werde. Drei tödlich lange Stunden näherte sich aber niemand der Brücke und ließ sich kein anderer Ton hören, als das Rauschen des angeschwollenen Wassers. Bis die Glocke endlich drei Uhr schlug, verfiel mein Vater, der schon seit einer Viertel­stunde eingenickt war, wie er in eine» Mantel gehüllt so regungslos dasaß, in einen tiefen Schlaf, denn eS war eine bitter kalte Nacht; allein aus diesem Schlaf weckte ihn bald ein Schrei von Fraser, der ihn bedeutete, daß sie jetzt auf den Wellen trieben.

Und so war es denn auch wirklich sie trieben auf dem Flusse. Das dünne Tau, woran der Nachen angelegt gewesen war, hatte sich an der scharfen Kante des Pfeilers durchgerieben bis es zerriß (so suchte wenigstens Fraser die Sache zu er­klären), und der Nachen ward nun fortge­rissen und trieb und tanzte mit den Wirbeln des Flusses im Kreise herum, daß die darin Sitzenden beinahe Schwindel bekamen. Die Strömung war so stark, daß sie mehr als eine Wegstunde weit stromabwärts ge­trieben werden konnten, ehe es ihnen ge­

lang an's Ufer zu kommen. Mein Vater war dafür, sogleich nach der Brücke zu­rückzukehren, und diesem Vorschläge trat auch Fraser bei; allein durch irgend einen ledigen Zufall verloren sie einander in der Dunkelheit, und als mein Vater endlich an die Brücke gelangte, nachdem er beinahe den ganzen Weg im raschesten Lauf zu- rückgelegt hatte, fand er zu seinem großen Erstaunen, daß die Polizeibeamten sämml- lich schon weggegangen waren. Er eilte zu dem Steinhaufen, aber der erste Ge­genstand, der ihm hier in die Augen fiel, war seine Brieftasche das Geld war verschwunden!

Er gerieth in eine gewaltige Wuth und stieß alle möglichen Verwünschungen aus; dann aber wollte er die Polizeihäscher tüchtig abkanzeln, weil sie ihren Posten auf solch fahrlässige Weise verlassen hätten, und eilte nach dem Wirthshause, wo er mit ihnen zusammeugetroffen war und wo sie hatten übernachten wollen. Er pochte an der Thüre, erhielt aber keine Antwort. Er pochte noch einmal lauter abermals keine Ant­wort. Er war nicht in der besten Lauue, wie Sie sich wohl denken können; darum gab er der Thüre einen tüchtigen Fußtritt sie sprang auf und er hatte nun einen Anblick, der ihm beinahe den Athem benahm. Auf fünf Stühle festgebunden, an Händen und Füßen zusammeugeschnürt, aufgeblasen und hochgerölhet wie Puter, jeder mit einem anständigen Knebel im Munde, saßen, wirk­lich der Fraser und seine Polizeihäscher in der Wirthsstube da und stierten ihm wie Eulen entgegen. Derjenige, welcher sich an der Brücke für Fraser ausgegeben, war Toni Rocket selber gewesen mit vier seiner Spießgesellen.

Wie es ihm gelungen, Wind von dem Komplott zu bekommen und sich sämmtlicher fünf Polizeileute noch eben rechtzeitig zu bemächtigen, das hat mein Vater nie in Erfahrung bringen können, und das weiß auch bis auf den heutigen Tag noch kein Mensch sich zu erklären.

Als mein Vater seine Brieftasche unter­suchte, fand er darin noch alle seine Do­kumente, zugleich aber einen Zettel mit folgenden Zeilen:

Ich hätte diese Urkunden vernichten und Euch dadurch verderben können, allein ich würde hierdurch Euren Klienten in Schaden gebracht haben, den ich hochachtc. Um seinetwillen halte ich mein Wort, obwohl Ihr ein falsches Spiel mit mir getrieben habt.

Tom Rocket."

Mein Vater war herzlich froh, auf diese Weise davon gekommen zu sein", schloß der Erzähler.

Und was ist aus Tom Rocket ge­worden?" fragte einer aus der Gesellschaft.

Er ward dreimal eingefangen und drei­mal freigesprochen, wegen Formfehler oder unbedeutender Ursachen, und weil er sich die gewandtesten Advokaten zu Vertheidigern nahm", entgegnete der Erzähler.Wäh­rend er bei seinem Stegreifreilen Taufende von Guineen geraubt hatte, kam er unge- henckt davon. Eines Tages aber stahl er in Nottingham einen alten Sattel durch Einbruch, und dafür bekam er ohne Gnade

das hänfene Halsband.^Das ist Alles, was ich von ihm weiß!"

(Die Trophäenfabrik.) Der durch seine humoristischen Berichte bekannte Cor- respondent der Daily News, welcher jsich während der Belagerung in Paris befand, berichtet unter Anderem folgendes:

Als die Spionenriecherei in Paris grassirte, wurde eines Tages eine Entdeckung ge­macht, welche großes Aufsehen erregte. Man hatte imHerzen von Paris eine Werkstücke ge­funden. Natürlich vermuthete man, daß der Fabrikant einer großen Verschwörung angehöre, doch bald zeigte es sich, daß eS ihm nur darum zu thun war, der großen Nachfrage nach Trophäen vom camp cke batuilie abzuhelfen. Zugleich fand man in seiner Wohnung eine Anzahl deutscher Briefe von Müttern, Bräuten, Schwestern an ihre Angehörigen bei der Armee vor Paris gerichtet, welche von diesem genialen Spekulanten fabrizirt waren, um als in den Taschen gefallener Feinde gefunden verkauft zu werden.

(Folgen literarischer Bildung.) Am 29. v. M. Abends erregte eine Scene, nicht auf den Brettern, sondern im Parterre des Belle-Alliance-Theaters zu Berlin die allgemeinste Heiterkeit. Ein in rosenfar- bener Laune sich befindender Kellner, der das dürstende Publikum mit dem edlen Gerstensafte zu befriedigen hatte, blieb plötzlich vor einer jungen Schönen stehen und sagte zu derselben mit einer Galanterie ohne Gleichen:Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen. Ihnen auch ein Seidel an­zutragen? Die Dame improoisirte mit gellendem Discant sogleich folgende Ant­wort:Bin weder Fräulein, noch trink ich Bier, Sie aber sind ein Dusilthier!" Ein homerisches Gelächter schallte nunmehr hinter dem davonschleichenden Kellner drein.

Geographische Räthlel für die Jugend.

1.

Welcher Fluß in Deutschland beginnt mit einem Geschlechtswort?

2

Welches Gebirge im Morgenland be­zeichnet mit seinen drei letzten Buchstaben ein Vorgebirge im westlichen Afrika?

3.

Welche ägyptische Stadt enthält in ihren vier Buchstaben den Namen einer sehr be- liebten Blume?

Frankfurter Course vom 14. Okt. Geldsorten.

Friedrichs'dor .... 9 fl. 58 59 kr.

Pistolen. 9 fl. 40 42 kr.

Dukaten.5 fl. 84 86 kr.

20-Frankenstückc ... 9 fl. 18'/, 19'/, kr. Englische Souvereigns 11 fl. 46 48 kr.

Ruß. Imperiales . . 9 fl. 42 -- 44 kr.

Dollars in Gold ... 2 fl. 24'/, 25'/, kr

LL» Bestellungen ans das 4. Quartal desEnzthälers" werden noch von allen Postanstalten und Postboten angenommen. Wir bitten, gef. Bestellungen zu beschleu­nigen um sämmtliche Nummern nachliefern zu können. __

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.