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setzte, erhalten konnte, das brachte seine Schwiegermutter aufänglich zur Verzweif­lung und an den Rand des Grabes, wie sie selbst wenigstens meinte, dann aber zum Nachdenken und schließlich zu einer gerechtem Würdigung der Menschen und Dinge.

Auch dieser Prozeß ging natürlich nur langsam und nicht ohne Rückfälle von statten, wie der der äußerlichen und inner­lichen Erhebung Wolframs. Es verflossen Jahre über demselben und lange nachher, als ihr der Vater ihrer Enkel eine stille Hochachtung abgenöthigt, konnte sie sich nicht entschließen, ihm die Hand zur Versöhnung unter einer andern als der alten Bedin­gung des Ueberlaffens der Kinder zu bieten. Sie sah ihn nie, sie schrieb ihm nie, der Ton in ihres Mannes Briefen aber begann sich nach und nach aus einem rein geschäft­lichen in einen herzlicher» umzuwandeln, in welchem Wolfram den mütterlichen Ein­fluß nicht verkennen konnte, und so war er eines Tages auch nicht allzusehr erstaunt, den Konsul mit zutraulicher Begrüßung und freudestrahlendem Angesicht zum ersten Mal wieder in sein Haus treten zu sehen.

Edmund Wolfram lebte damals als Pächter einer nördlichen Provinz in ein­fachen, aber gemächlichen Verhältnissen. Er stand in der Mitte der Dreißigen, und jetzt in seiner kräftigsten Entwicklung er­kannte man erst, daß und welch ein schöner Mann er war. Schon seit Jahr und Tag beschäftigte ihn die Erziehung der Kinder von Neuem, wenn auch in anderer Weise, als da wir seine erste Bekanntschaft ge­macht; denn er durfte sich der Überzeu­gung nicht verschließen, daß der ländliche Unterricht seinen Kindern nicht länger ge­nügen konnte.

Zwar ging sein gegenwärtiger Pacht­kontrakt in Kürze zu Ende, aber jedes neue derartige Unternehmen nöthigte ihn zu ei­nem Leben ferne den Bildungsanstalten einer Stadt, und so zunächst zur Trennung von seinem Lieblinge, fast schon seinem Gehülfen, dem zwölfjährigen Sohn. Auch die Er­ziehung der ältesten Tochter bedurfte einer feinem, weiblichen Leitung, als der der alten Christiane. Sollte er nun auch dieses Kind von sich geben, es dem Wagniß einer ihm so sehr widerstrebenden Pensionser­ziehung anrertrauen, selber gänzlich verein­samen? Oder sollte er von Neuem die Unterstützung einer Fran für seine Häus­lichkeit suchen? Ein ländlich thätiges Leben Verträgt sich wenig mit der Ehelosigkeit, und so war denn wohl manchmal der Ge­danke, der Wunsch, die Sehnsucht selbst nach einer Wiederverheirathung in ihm aufge­taucht, immer aber wieder geschwunden vor der Erinnerung an Cornelie, wie vor einem mahnenden, ja wie vor einem anklagenden Schatten.

Auch heute wieder stand dieses Bild leb­haft vor seiner Seele; aber, sonderbar, wie er so seinem Lebensgange nachsann von dem Augenblicke der tiefsten Niederlage an, die Reihe von Resultaten hindurch, welche er im Grunde dem nachwirkenden Einflüsse dieses vortrefflichen Mädchens dankte, er konnte heute, und heute nicht zum ersten Male in seinem Hause und Herzen nicht den

richtigen Platz finden, an den er sie hätte stellen mögen. Ueberall erschien sie ihm zu groß und unbeweglich, überall stand er ihr im Wege, er hätte ihr ausweichen, ihr von dem Seinigen abtreten müssen, wenn sie nicht gedrückt und beeinträchtigt.hätte erscheinen sollen.

(Fortsetzung folgt.)

(Kant als Humorist.) Ueber das Leben und Wirken des verewigten Königsberger Philosophen Jmanuel Kant, so schreibt die K. Hart. Z.", ist schon so viel geschrie­ben, gesprochen und gedruckt worden, daß man etwas Neues noch hinzufügen zu können fast für unmöglich halten sollte. Dennoch hat Herr D. Minden in seiner (der Alpr. Monatsschr. einverleibten interreffanten Tischredeüber den Humor Kant's im Verkehr und in seinen Schriften" manche bedeutungsvolle Novitäten nach dieser Rich­tung hin zu Tage gefördert. So theilt Hr. M. eine Blumenlese aus Lichtenbergs witzigen und satyrischen Bemerkungen mit, die Kant in dem einzig vorhandenen Exem­plar des Festredners handschriftlich markirt, zum Theil annotirt und gewissermaßen als seine eigenen Gedankenausflüsse betrachtet hat. Excerpiren wir hier nur ein paar solcher Sentenzen, die der Weltweise be­sonders hervorhob:Das Wort Gottes­dienst sollte nicht mehr vom Kirchengehen, sondern blos von guten Handlungen ge­braucht werden. Die schönen Weiber werden heutzutage mit unter die Talente ihrer Männer gerechnet. Kirchlhürme sind umgekehrte Trichter, das Gebet in den Himmel zu leiten." Ueber Kant's Humor in der Gesellschaft berichten hin­länglich seine Zeitgenossen und Biographen, und von demselben in seinen Schriften geben vornehmlich die Visionen Swedenborg's, die Anthropologie und der Streit der Fa­kultäten Zeugniß. Neu indeß wird folgende Anmerkung eines seiner Verehrer sein: In Gesellschaft war Kant sehr höflich gegen das weibliche Geschlecht, auch wohl scherz­haft. Er bewies den Damen aus der Bibel, daß sie nicht in den Himmel kämen, >enn es hieße eine Stelle in der Offen­barung Johannis, es sei im Himmel eine Stille gewesen von einer halben Stunde So was ließe sich aber, wo Frauenzimmer rnd, gar nicht als möglich denken.

(EinSohn desTurnvatersJahn.) Der Schriftsteller Wilhelm Angerstein erzählt in einemEingesendet" desMähr. Cur." olgendes: Der Turnvater Friedrich Ludwig Jahn hatte einen einzigen Sohn, Arnold Siegfried Jahn, welchen ich im Anfänge der Fünfziger Jahre noch im Hause des Alten im Barte" zu Freiburg a. d. Unstrut gesehen habe. Arnold Siegfried war da­mals bereits mehrere Jahre preußischer Artillerist gewesen, aus der Armee aber ausgeschieden und trieb , zu jener Zeit Lokalschifffahrt auf der Unstrut. Das Geschäft ging indessen schlecht, der Mann verlor den guten Muth, er verkaufte seine Habseligkeiten und ging nach Amerika. Seitdem war er verschollen, selbst öffent­liche Aufrufe, die nach dem Tode seines Vaters erlassen wurden, hatten keinen

Erfolg, man hielt ihn allgemein für ver­storben. Vor wenigen Wochen nun erhielt ich ein Päckchen mit Briefen aus Baltimore, welches an mich, als den Verfasser der Biographie Jahn's, adrefsirt war. Es enthielt Briefe von Deutschen, unter Anderem auch einen von Arnold Siegfried Jahn, dem Verschollenen. Dieser letzte Brief ist am 25. April d. I. geschrieben und geht daraus hervor, daß der Sohn des alten Jahn seine eigene Todesnachricht in deutschen Blättern gelesen, daß er aber von sich keine Nachricht gegeben, weil er sich stets der Nothlage geschämt, in der er sich seit feiner Ankunft in Amerika befunden. Arnold Siegfried Jahn ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren, er muß sich und seine Familie durch seiner Hände Arbeit als Fabrikarbeiter erhalten und er ist selbst fast 60 Jahre alt.

Berechtigter Schmerzensschrei.

Daß ich geschlagen worden bin,

Ist fürchterlich, indessen

Auch diese schlimme Zeit geht hin.

Und ist schon halb vergessen.

Doch daß mich gar nun noch am End', Mit Permisfion zu sagen,

Ein Stoffel dumm und eitel nennt. Sagt, ist das zu ertragen.

Die grantige Station.

(B. W.)

Geographische Näthset für die Jugend.

1 .

Eine Stadt in den Niederlanden; ein Zeichen weg, ein asiatischer Fluß; noch eins entfernt, ein Fluß im Kaiserthum Oestreich.

2 .

Welche Stadt in Deutschland hat ihre eigene Farbe?

3.

Zweisilbig. Vorwärts gelesen ein Land­strich in Italien, rückwärts gelesen ein Land­strich in Asien.

Tax-Brdmmg

für die

Eisenbahn-Gepäckträger.

Die beim Eisenbahnbetrieb aufgssteUten Ge­päckträger haben als Belohnung anzusprechen:

1) Für die Ueberbringung des Gepäcks in die - oder das Abholen desselben aus den Wohnungen, Gasthöfen rc. innerhalb des Stationsortes

a) von einem einzelnen Gepäckstück bis

zu 100 Pfund.6 kr.

d) von zwei Gepäckstücken, wenn sie zu­sammen nicht mehr als 100 Pfund wiegen, dem Stück nach . . 4 kr.

c) von mehr als zwei Gepäckstücken, im Gesammtgewicht bis zu 100 Pfund im

Ganzen.12 kr.

ä) von dem Mehrgewicht einzelner oder mehrerer Gepäckstücke über 100 Pfund, dem Centner nach .... 3 kr.

2) Für das von den Reisenden verlangte Tragen des Gepäcks vom Gepäckwagen auf den Vorplatz des Bahnhofs und in die in unmittelbarer Nähe befindlichen Expe­ditionslokale der Verkehrsanstalten die

Hälfte dieser Gebühren.

S) Für Empfangnahme des Gepäcks von den­jenigen Reisenden, welche am Bahnhofe anfahren, einschließlich der Verbringung desselben in das Gepäcklokal . nichts.

4) Für den etwa stattfindenden Umschlag des von weiterher auf eine entfernter gelegene Station direkt abgefertigten Gepäcks von einem Zvg in den andern . '. - Nichts.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak- M»eh in Neuenbürg.