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zu vermehren. Daß das Rauchen in Deutsch­land höher besteuert werden könnte, leug­net beinahe Niemand, dessen Urtheil über­haupt in Betracht kommt; daß es höher besteuert werden sollte, scheint sowohl den Finanzmännern von Fach, als den Ver­tretern des besteuerten Volkes jeder Blick auf die großen Nachbarstaaten dringend zu empfehlen. Mau würde sich vielleicht mehr der englischen Form hoher Eingangs­verzollung ohne Staatsmonopol zuneigen, wenn wir nicht einen ziemlich ausgedehnten Tabaksbau in Deutschland hätten, der sich weder entsprechend hoch besteuern, noch auf einmal verbieten läßt, und wenn unsere Grenzen ähnlich gegen Schmuggelei ge­sichert wären, wie das meerumflosseue Al- bion; jedenfalls ließe sich auf dieser Bahn nur allmälig und stufenweise vorschreiten. Das Tabaksmonopol hingegen nach dem Vorbilde Frankreichs und Oesterreichs er­heischt zwar vielleicht Entschädigungen in einem nicht ganz geringen Umfang, wenn es in einem so entwickelten Fabrikations­und Handels-System wie dem unsrigen eingeführt werden soll, aber dafür wirft es auch fast auf der Stelle hohe Erträge ab ... Wir erblicken in der bisherigen Entwickelung der Angelegenheiten den Be­weis, daß das Tabaksmonopol auch in Deutschland unfehlbar kommen wird, wenn es nicht gelingt, ein anderes durchgreifendes Mittel zur Beseitigung der unerträglichen Matricularbeiträge zu entdecken, und wo­möglich auch das Rauchen als Steuer-Ob­ject zu den Neichsbedürfnissen stärker heran­zuziehen. Die passive Abwehr der Fabri­kanten und Händler kann diesen Gang der Dinge Hüstens verzögern, nicht dauernd abwenden. Es bedarf positiver Gegenvor­schläge."

Ausland.

Aus Versailles, 24. April wird der Times gemeldet: In der Nationalversamm­lung hat sich eine Partei gebildet, welche den Herzog von Aumale als Präsidenten der Republik zurückberufen will, und mehr als einmal ist das Thema hier bei den Verhandlungen zur Sprache gekommen. Für eine Zurückberufung des Kaisers Na­poleon ist hier niemand, aber man will wissen, daß in den Provinzen eine starke Reaktion zu seinen Gunsten Plaz greift.

Paris, 25. April, Abds. Die Be­völkerung vonTernes, Neuilly und Lablon- ville, von der Einstellung der Feindselig­keiten Gebrauch machend, kommt massen­haft nach Paris. Diese Ortschaften bieten ein Bild entsetzlicher Verwüstung dar. St. Denis ist noch immer von den Preußen besetzt.

Paris, 26. April, 6 Uhr Abends. Das Feuer hat auf der ganzen Linie wie­der begonnen. Die Versailler ergriffen die Offensive gegen die Südsront. Die Be- lagerungsarbeiten sind bis zur zweiten Parallele vorgeschritten. Die Föderirten machten einen Ausfall, um die Arbeiten zu beunruhigen. Heftige Gefechte bei Bag- neux, Clamart, Chatillon. Die Föderirten befürchten einen Hauptangriff auf die Süd­front und senden dahin die besten Batail­lone und Artillerie. Nur das Quartier

Montrouge ist außer Stand, dem Angriff zu widerstehen, da die Nationalgarden schwierig werden. Gegenwärtig furchtbare Kanonade gegen Vanvres und Montrouge. Die Versailler überschütten die Forts mit Kugeln, die Forts antworten kaum. Sturm­angriff heute Nacht erwartet. (W. C. B.)

Misrrilcn.

Schreckliche Folgen des Bürgerkrieges.

(Eine Scene aus den Unruhen Irlands.

Mitgctheilt von H. M.)

(Fortsetzung.)

Eines Abends hatten wir etwas lange in einer Pintenschenke gesessen. Als wir uns auf den Heimweg zu unserm Nacht­quartier machen wollten, war cs bereits dicht dunkel geworden. Die Straßen waren öde und leer und nur von dem ungewissen Schein einiger trüben Laternen erhellt. Wir wanderten singend heim. Plötzlich ertönte ein greller Pfiff und wir sahen uns von einer Schaar vermummter Gestalten um­ringt, die sogleich Anstalten machten, sich unserer zu bemächtigen, und uns zu knebeln, Wir sollten gepreßt werden. Mehrere mei­ner Begleiter kannten das Loos, das un­serer harrte, und vertheidigten sich deßhalb wie die Löwen. Mehrere Matrosen sanken unter ihren Messerstichen zusammen; es entstand ein furchtbarer verwirrter Kampf. Endlich wurden wir jedoch von der Ueber- macht bezwungen, geknebelt und fortge­schleppt, Alle mehr oder minder verwundet. Zwei meiner Kameraden blieben todt auf dem Platze. Fünf oder sechs todte und sterbende Matrosen wurden von ihren Leu­ten in größter Eile davongetragen. Man brachte uns auf die Flotte von Falmouth, wo wir geheilt und als Seeleute einge­kleidet wurden. Bald darauf gingen wir unter Segel und trieben uns längere Zeit kreuzend in verschiedenen Meeren herum. Eines Tages entstand eine sonderbare Be­wegung in der Flotte. Alle Mannschaft wurde bis an die Zähne bewaffnet, alle Geschütze geladen und alle Luken aufge­zogen. Eine furchtbare Kanonade begann; bei der ich Hören und Sehen verlor; un­sere Masten wurden von den feindlichen Kugeln zersplittert, unser Steuer zerschmet­tert. Eine Kanonenkugel riß dem Steuer­mann den Kopf ab, eine andere tödtete den Capitän einige Schritte von mir. Furcht­bare Verwirrung herrschte; plötzlich schlug eine brennende Bombe in unser Schiff und zündete es an. Wir mußten fürchten, in die Luft gesprengt zu werden, verließen eiligst das Wrack in den Booten und wurden von einem Linienschiff ausgenommen. End­lich wurde das Schießen seltener und schwächer; der Pnlverdampf begann sich zu verziehen und zeigte uns das Meer mit Schiffstrümmern und Todten bedeckt. Die mörderische Schlacht mar geschlagen. Wir halten den Sieg bei Abukir erkämpft.

Ich avancirte nach und nach zum Boots­mann, machte mehrere große Reisen nach Ost- und Westindien und trieb mich über­haupt noch weit auf dem Meere herum. Endlich wurde ich das Seeleben müde und beschloß, nach Hause zurückzukehren. Unser Schiff wurde jedoch verschlagen und stran­

dete in der Nähe des Vorgebirgs der guten Hoffnung. Mit der knappsten Noth retteten wir in der stürmischen Nacht unser naktes Leben. Als der Morgen graute und wir in banger Erwartung von der Küste nach dem gescheiterten Schiffe hinüberschauten, war dasselbe verschwunden und mit ihm mein kleines, während langen Jahren mühsam er­rungenes Vermögen. Ich war noch ärmer als damals, wo ich in London gepreßt worden. Auf Verwendung meines Capitäns war ich so glücklich, auf dem Vorge­birge einem Regimente als Corporal cin- verleibt zu werden. Hier verlebte ich einige ruhige Tage. Es dauerte jedoch nicht lange so wurde ein Theil unseres Regiments nach St. Helena eingeschifft, um dort den berühmten Staatsgefangenen zu bewachen. Ich war dabei und hatte oft Gelegenheit, den Mann, vor dem die Welt gezittert, ganz in der Nähe in seiner Erniedrigung zu beobachten. Ich fühlte jedoch immer einen eigenthümlichen Abscheu gegen den Urheber so vieler tausend, seinem Ehrgeiz und Eigendünkel gemordeter Menschenleben. Eines Tages befand ich mich mit einer kleinen Abtheilung Soldaten auf einer der äußersten Wachen. Vor uns öffnete sich der Weg, der ans Meer führt. Plötzlich erhob sich auf dieser Straße eine Staub­wolke und mehrere dunkle Gegenstände be­wegten sich in größter Eile heran. Es waren scheu gewordene Pferde, die einer eben mit Verstärkung und Proviant ein­getroffenen Fregatte beim Betreten des festen Bodens entsprungen und nun in rasendem Galopp auf uns zusprengten. Schon waren sie uns ganz nahe. Meine Soldaten hatten sich vorsichtig in das Wach­haus zurückgezogen. In demselben Augen­blicke traten drei Männer um eine Bie­gung des Weges in lebhaftem Gespräche vertieft. Es war Napoleon mit dem Gou­verneur und einem andern Offiziere. Das dichte Gehölz und die Krümmung der Straße hatten sie die drohende Gefahr nicht be­merken lassen. Jetzt fanden sie sich plötzlich fünf oder sechs im Sturm heranbrausenden Pferden gegenüber. Der Augenblick war furchtbar, die drei Männer waren wie ver­steinert und schienen verloren. Da sprang ich mit Blitzesschnelle mit einigen meiner Soldaten hervor; wir warfen uns quer über den Weg und gaben eine Salve aus sämmtlichen Gewehren. Drei prachtvolle Hengste stürzten zusammen, die andern kehrten erschreckt um und ergriffen in größter Eile die Flucht. Die drei Männer waren gerettet. Ich wurde für diese Thal zum Unteroffizier befördert.

(Fortsetzung folgt.)

In Paris herrscht jetzt sehr schlechtes Wetter. Ganz natürlich, da die Heerführer der Commune das Blaue vom Himmel herunterlügen. (B. W.)

Wirth: Mein Herr, Ihr Benehmen zwingt mich. Ihnen einmal reinen Wein einznschcnken.

Gast: O thun Sie das; cs wird mich freuen, da ich bis jetzt noch keinen von Ihnen erhalten habe.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.