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Kandwirthschastliches.
Landwirthschaftl. Wander-Versammlung in Oberreichenbach.
(Fortsetzung.)
Habe man nun, so fuhr Hr. Vosseler fort, unter Beachtung dieser Winke den jungen Baum, den man pflanzen will, richtig gewählt, so handle es sich zunächst darum, ihm seinen Standort gehörig herzurichten. Was hierin versäumt und gefehlt werde vor der Pflanzung, das könne später, wenn man die Nachtheile der versäumten Vorbereitung deutlich wahrzunehmeu beginne, in keiner Weise mit dem besten Willen nicht wieder gut gemacht werden. In gutem Boden, in Gärten z. B. brauche man die Löcher nicht größer zu machen, als daß gerade die Wurzeln darin Platz haben. Anders dagegen sei es in gebundenem gewachsenem Boden. Hier tonne die Baumgrube nicht weit genug gemacht werden, aus die Tiefe dagegen komme es weniger an. Der Baum schicke seine Wurzeln ungleich mehr in die Weite hinaus, als in die Tiefe. Bei Anlage einer Drainage habe er einmal auf 40" Entfernung von einer Banmreihe noch Wur-eln von 3"", bei 80" Entfernung von 3""" Dicke gefunden und sei dadurch genöthigt gewesen, seinen Draingrabeu aus 100" Entfernung von den Bäumen zu ziehen, nicht, um die Wurzeln nicht zu verletzen —- denn ein Abhauen der Wurzeln hätte eher eine nützliche Wirrung gehabt — sondern um seine Drainröhren vor dem Eindringen der feinen Wurzeln zu schützen, wodurch sie verstopft oder verfilzt worden wären. Im Allgemeinen empfehle er eine Tiefe der Grube von 3" und eine Weite bis zu 15". Die richtige Anlage derselben sei eine wesentliche Bedingung für die Zukunft des Baumes, von ihr hänge cs ab, ob er sein Alter auf 50 oder 100 oder mehr Jahre bringen könne. Für ein Haus, das dauern soll, mache man ja auch ein solides Fundament. Für die Anlage von ganzen Baumgütern oder für die Pflanzung von Baumreihen sei eS praktisch, nicht einzelne Gruben zu machen, sondern das ganze Feld umzugraben, zu rajolen. Der Hopfenbauer und der Weinbauer wissen genau, warum sie ihr ganzes Feld auf eine gewisse Tiefe umarbeiten und nicht für die einzelne Hopfen- pflanzen oder den Weinstock nur Pflanzlöcher machen; der Baumzüchter, dessen Pflanzung ein nicht minder werthvolles Capital repräsentier, solle diesem Beispiel folgen, die Arbeit werde sich hundertfach bezahlen, denn man wolle ja die Ernte nicht erst in 40 Jahren, sondern schon in 15—20 Jahren, der Pflanzer wolle sie selbst erleben und dieß sei nur möglich, wenn die Bäume alle Bedingungen eines gesunden, raschen und üppigen Wachthums erfüllt, namentlich also einen wohl verbreiteten Boden vorfinden.
^Wie ein Baum zu pflanzen sei, setzte Hr. Vosseler mehr als bekannt voraus und beschränkte sich deßhalb nur auf wenige Winke. Im Allgemeinen tonne er nicht genug davor warnen, daß die Bäume zu tief gepflanzt werden. Man beobachte das Pflanzen der Natur; die ersten Seitenwurzeln des jnngen, kaum erst dem Samenkorn entquollenen Pflänzchens verbreiten sich ganz flach unter der obersten Bodendecke und am äl
testen Baume, in Feld und Wald, seie diese erste Form seiner frühesten Jugend noch zu erkennen. Am richtigsten werde man beim Pflanzen der Bäume stets verfahren, wenn man fest an dem Grundsatz halte, daß vom Stamme nichts in den Boden, von den Wurzeln nichts in die Luft gehöre.
Bei der Frage von der Düngung der Obstbäume sei dreierlei zu beachten: 1) wie düngt man ? 2) mit was? 3) zu welcher Zeit? Es sei eine ebenso alte, als allgemein verbreitete Methode, die Bäume nur den Stamm herum aufzugraben und auf diese aufgegrabene Stelle den Dünger zu bringen. Dieß sei nur richtig bei ganz jungen Bäumen; je älter aber der Baum sei, desto weiter draußen habe er seine Wurzeln, die doch allein nur die Aufnahme und Zufuhr der Boden- uahrung zum Stamme vermitteln können. Also etwa im Umkreis der Aeste müsse gedüngt werden und nicht obenauf, wo der Dünger höchstens dem Rasen zu gut käme, sondern in Grüben oder Stufen, die nach der Düngung wieder mit dem ansgehobenen Rasen bedeckt werden. Bei geraden Reihen in Baumgütern z. B. nehme mau einfach den Pflug zu Hilfe, mit dem man der Länge nach eine Furche aufreiße, über die man dann mit dem Güllenfaß hinfahre, um die Gülle in dieselbe auslaufen zu lassen. Für solche Düngung seien die Bäume stets außerordentlich dankbar; gutgenährte Bäume bringen selbst in den schlechtsten Jahren Früchte, während schlechtgenährte dieselben namentlich in trockenen Jahren lauge vor der Zeit fallen lassen, ja oft sogar nur unvollkommene Blülhen tragen. Die Zeit der Düngung sei ziemlich gleichgiliig, wie ja dem Menschen und Thiere auch das ganze Jahr Essen und Trinken schmecke. Die eigentliche Mahlzeit aber werde dem Baum gegeben, wenn seine Thätigkeit nach dem Winterschlafe wieder erwache. Eine Erfrischung des Baumes zur Blüthezeit, wenn auch nur mit Wasser oder verdünnter Gülle, werde bei trockener Witterung wahre Wunder wirken. Nach der Heuernte etwa, also beim Aussteigen des zweiten Saftes, sei wieder gute Zeit, und nach dem zweiten Safte sichere die Düngung eine reiche Ernte für das nächste Jahr, weil es sich in dieser Periode darum handle, das Holz zur Reife zu bringen und Fruchtholz anzusetzen. Die Düngung habe also zu jeder Zeit wieder einen andern Sinn und Werth, bald den, die vorhandene Blühte oder Frucht zu erhalten, bald den andern, die Ernte sür das nächste Jahr zu sichern.
So viel von der Bodcnpflege, der schon deß- wegen so große Aufmerksamkeit zu widmen sei, weil es sich dabei darum handle, dem Baume seine Wohnstätte für sein ganzes Leben herzurichten.
Uebergehend nun auf die Pflege des Stammes und der Krone wies Hr. Vosseler die Nothwen- digkeit des hierauf zu verwendenden Fleißes nach. Man dürfe nicht bloß die Krone pflegen und den Stamm vernachlässigen, denn der Baum fange am Boden an und bestehe nicht bloß aus der Krone. Im Stamm aber ruhe die Gesundheit des Baumes. Man untersuche ihm sozusagen das Fell gehörig und werde dann unendlich viele, ein gesundes Gedeihen störende Dinge finden: Brand, Wurm, Risse, Schlupfwinkel von Massen-