102

Aronik.

Deutschland.

München, 16. Febr. Der König hat das Entlassungsgesuch des Fürsten Hohenlohe ange­nommen. Wer an des letzteren Stelle daS Portefeuille des Aeußern übernehmen wird, da­rüber ist noch keine Entscheidung getroffen.

(A- Z-)

Württemberg.

Der Wiederzusammentritt der vertagten Ständeversammlung ist auf Dienstag den 8. März bestimmt.

Stuttgart. Das Regierungsblatt rom 14. Febr. enthält eine Königliche Verordnung, bctr. den am 20. Februar 1869 von Preußen Namens des Zollvereins mit Japan abgeschlossenen Freundschafts-, Handels-und Schifffahrtsvertrag; und eine Bekanntmachung der Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen, betr. die Bestimmungen, unter welchen der Handel Deutschlands in Japan getrieben werden soll.

8 Stuttgart. Der andauernden Kälte wird wesentlich die ungewöhnliche Verbreitung der Pocken-Epidemie zur Last gelegt; die Kälte zwingt die Leute, die mit den Wohnungen ohnehin sehr beengt sind, sich vollends auf den engsten Raum zu beschränken. Eine gute Ventilation ist nur in den wenigsten Häusern vorhanden. Eine große Anzahl von Bewohnern der Stadt bekehrt sich zum Impfen. Familienväter, die Jahre lang die Buße wegen Jmpf-Verweigerung bezahlt, wenden sich unaufgefordert an die Jmpf-Aerzte, um den Schutz der Impfung zu erhalten. Auch Ihre Majestäten der König und die Königin haben sich, wie wir hören, der Revaccination unterzogen. Nach allen Wahrnehmungen hat die Epidemie, die größer, aber weniger intensiv war, als wie die vorangegangenen, ihren Höhepunkt überschritten. Mit dem Eintritt milderer Wit­terung wird sie sich rasch vollends verlieren.

' In dem kleinen Weiler Gablenberg bei Stuttgart sind im Monat Januar 37 Einwohner beerdigt worden. Sie starben meist an den Pocken.

Die Agitation gegen das Kriegsdienstgesetz.*)

Seit einigen Wochen verbreitet sich eine Agi­tation gegen das Kriegsdienstgesetz von 1868 über das Land, welche von der sogenannten Volkspartei künstlich hervorgerufen und unter­halten vermittelst ihrer Agenten den Weg durch alle Bezirke macht. Könnte durch den Sturz dieses Gesetzes ohne Beschädigung anderer wich­tiger Interessen das herbeigeführt werden, was die Volkspartei verspricht: Verminderung der Militärlasten, Verminderung der Steuern, so wären wir gewiß Alle mit Freuden dabei, denn es besteht ja unter uns kein Unterschied, wir Alle haben unsere Söhne dem Vaterland zur Verfügung zu stellen und an den Steuern mit­zutragen. Da aber durch das, was die Volks-

*) Wir entnehmen diesen dem Calwer Wochenblatt eingesendeten, der Weiterverbreitung werthen Artikel und empfehlen ihn der leidenschaftslosen Beachtung unserer Leser.

Partei so gewaltsam und hastig anstrebt, nicht nur dieser Zweck nicht erreicht wird, sondern nur die wichtigsten Interessen des Vaterlandes in kurzsichtiger Weise einer Gefährdung ausgesetzt werden, so halten wir für unsere Pflicht, vor der Betheiligung an dieser Agitation zu warnen. Die Aushebung des Kricgsdienstgesetzes von 1868, welches vor dem alten sehr namhafte Vortheile hat, bezweckt nichts Anderes und kann nichts Anderes zur Felge haben, als den Bruch des von der Regierung und den Ständen mit dem norddeutschen Bunde abgeschlossenen Allianzver­trags. Mit dem Bruch dieses Vertrags sind wir schutzlos den Feinden des Vaterlandes preis­gegeben und es ist hiemit nicht zu scherzen, denn so wie die Weltlage ist, kommt das Unglück eines Krieges schneller über uns, als wir vielleicht denken. Wer soll uns dann schützen? Der norddeutsche Bund, an dem wir vcrtragsbrüchig geworden sind, oder Oesterreich, der im Verfall begriffene Staat, der seine vollständige Ohnmacht erst kürzlich wieder bewiesen hat, oder gar Frankreich, der Erbfeind Deutschlands? Die Prü­fung dieser Frage ist wohl der Mühe werth, ehe es zu spät ist. Die Volkspartei spricht von einem Südbund und Einführung des schweizeri­schen Milizsystems. Aber mit wem sollen wir diesen Südbund schließen? Baden will nicht, Hessen kann nicht und Baiern will eben­falls nicht, trotz der großartigen Hetzereien der dortigen Jesuiten und Reaktionäre, auf deren Bündniß Manche hoffen. Was ein Milizheer in einem Kriegsfall einer wohlgeschulten Armee gegenüber (wie wir solche überall in Europa haben) leisten kann, ist noch sehr fraglich; daß es überhaupt etwas leisten kann, der Beweis fehlt noch ganz und gar.

Daß ein Milizheer nach schweizerischem System geringere Lasten auferlegt, als unser Wehrsystem, wird sogar von Schweizern sehr bestritten. Die Turnübungen, welche vom 8. Jahrs an, in Stadt und Land, betrieben werden sollen, erfor­dern Zeit und Geld; ebenso die jährlichen Exercitien, die bis in das 32. Jahr fortgesetzt werden müssen. Wenn man Alles zusammen­rechnet, so muß der Einzelne mehr Zeit mit Turnen und Exerciren zubringen, als wenn er einige Jahre unausgesetzt seine Militärpflicht abdrent und dann ganz fertig ist. Nebenbei hat der Milizsoldat noch weit größere Opfer aus seinem eigenen Beutel zu bringen als bei uns, ebenso die Gemeinden; auf diese Weise kostet es aller­dings den Staat weniger. Was ist also damit erreicht? Daß die Staatssteuer zwar niederer, die Gemeindesteuer aber und die Opfer des Einzelnen um so viel größer werden.

(Schluß folgt.)

Goldkours der K. Württ. Staatskasscn- Vcrwaltung.

u) mit unveränderlichem! Rand-Dukaten 5 fl. 33 kr.

Cours: ! Friedrichsd'or 9 fl. 57 kr.

württ. Dukaten 5 fl. 45 kr. Piflo.en 9 fl. 45 kr.

b) mit veränderlichem 20-Frankenstücke 9 fl. 26 kr. Cours : ! Stuttgart, 14. Feb. 1870.

Redaktion, Druck und Verlag von J)a k. Mceh ln Neuenbürg.