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ganz umgerissen wurden. Es ist dicß einErcig- niß, das in einer langen Jahresreihe nicht vorgekommen sein mag und durch das nach dem vorläufigen Eindruck namentlich in exponirteren Lagen vielleicht 2ö Prozent der Obstbestände theils völligem Ruin, theils schwer wieder gut zu machender Beschädigung verfallen sind; Grund genug. Allem auszubieten und noch zu retten, was gerettet werden kann. Leider mögen in der ersten Bestürzung bereits viele Bäume, die nicht unbedingt verloren zu geben waren, gefällt und aufgeholzt worden sein, um daher ähnlichem übereiltem Vorgehen zu begegnen, beeilen wir uns. Folgendes zur Oeffentlichkeit zu bringen:
1) Wo größere oder kleinere Aeste vom Baume vollständig getrennt sind, bleibt nichts übrig, als die dadurch verursachten Wunden mit scharfen Instrumenten zu ebnen und zu glätten und sogleich mit Baumharz oder wenigstens mit Baummörtel luftdicht zu bedecken. Solche Aeste aber, die zwar abgeschlitzt, jedoch noch durch Rinde, Bast und Splint in einiger Verbindung mit dem Mutterstamme blieben, sind mit entsprechender Vorsicht in ihre frühere Lage und Richtung zu bringen und zu befestigen und können dann dem Baum wohl erhalten werden.
2) Diejenigen Bäume, an welchen mehrere Aeste in einer gewissen Höhe über dem Stamm abgeknickt oder abgerissen sino, müssen vollends regelmäßig abgeworfen, d. h. es muß die bekannte Operation des Verjüngens mit denselben vorgenommen werden.
3) Sowohl in dem eben erwähnten Fall als auch dann, wenn durch abgebrochene Aeste größere oder kleinere Lücken in der Krone entstanden sind, wird, wenn der Baum sonst noch lebensfähig ist, die Natur nach bekannten Erfahrungen für Nachwuchs und Ergänzung der fehlenden Theils bald sorgen.
4) Daß umgedrückte, halb ausgerissene Bäume, auch wenn sie noch so groß sind, wieder aufgerichtet werden können und bei richtiger Behandlung gerne und sicher fortwachsen, ist wohl allgemein bekannt, wird aber eben um vorschnelles Aufholzen derselben zu verhüten, dringend in Erinnerung gebracht. Damit die ausgerissenen und entblösten Wurzeln bei etwa eintretendem Froste keinen Schaden nehmen, bedecke man solche vorerst mit Erde, Stroh u. dergl., bis der Boden so abgetrocknet ist, daß das Ausrichten vorgenommen werden kann.
Möchten diese Fingerzeige noch rechtzeitig und so beachtet werden, daß unser Obstbau von dem schweren Schlag, der ihn betroffen, sich recht bald wieder erhole. lieber thunliche Verhütung ähnlicher Verluste durch zweckmäßigere Erziehung des Nachwuchses wird sich ein späterer Artikel aussprechen. (St.-Anz.)
Roch ein Urtheil über den Lahrer Hinkenden Boten.
Dresden, 27. Sept. 1868.
Geehrter Herr! Was Ihren Jllustrir- ten Familienkalender betrisst, so glaube ich nicht, daß ein ähnlicher, ebenso reich ausgestattet und so tüchtig an Inhalt, in Deutschland zu dem Preis existirt, und seine große Auflage wundert mich deßhalb gar nicht. Dabei kann man ihn getrost jeder
Familie in dieHand geben, und daß sich einzelne Mucker, katholische oder protestantische, darüber entrüstet gezeigt haben, gereicht dem kleinen Buch nur zur Ehre. Es steht Nichts darin, was nicht jeder wirkliche Christ mit gutem Gewissen vertreten kann. Die Mißbräuche der Religion zn geißeln, ist jedes braven Mannes Pflicht, denn nur dadurch kann man mithelfen, sie zu beseitigen.
Mit freundlichsten Grüßen Ihr ergebenster Fr. Ger stärker.
Kronik.
Deutschland.
Württemberg.
Bekanntmachung, betreffend die Errichtung einer Postablage in Besenfcld. O.A. Freudenstadt. In dem an der Freudenstadt-Wildbader Postroute gelegenen Dorfe Besen selb, O.A. Freudenstadt, in welchem die dort eingerichtete Relais-Posthalterei bestehen bleibt, tritt vom l. Dezember d. I. an eine Postablage in Wirksamkeit, welche dem Postamt Freudenstadt zugetheilt wird und dessen Taxen anzuwenden hat. Zum Bestellbczirk der Postablage gehört vorerst nur der Ort Besenfeld mit den Parzellen Poppelthal, Schorrenthal rechts des Bachs und Urnagold. (St.-Anz.)
— Seine Majestät der König haben dem Vernehmen nach dem Gesetzesentwurfe, betreffend die Waideablösung, die höchste Sauction als Entwurf crtheilt. Es wird anzunehmen sein, daß diese Sauction auch der Bauordnung, wie den noch weiteren in Vorbereitung begriffenen Arbeiten der Ministerien und des K. Geheim- raths zu Theil werden wird.
Am kommenden Samstag wird Prgf. Or. Niemeier den öffentlichen Vortrag im Königsbau halten und die Bedeutung der Kalwasser- Kuren behandeln.
— Der „Landbote" schreibt: Ein junger Mann aus dem Oberamt Leonberg hatte sich verleiten lassen, nach Rom unter die päpstlichen Truppen zu gehen, im Vertrauen auf das versprochene Handgeld, das ihm jedoch nicht ausbezahlt wurde. Im Unmuth hierüber suchte er zu desertiren und ist dafür auf K Jahre in die Galeeren geschickt. Seine bekümmerte Mutter suchte ihn durch Vermittlung des württ. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zu befreie». Allein hier erfährt sie, daß in Folge Ablebens des württembergi- schen Konsuls zu Rom nichts zu machen sei. Wie ganz anders wäre das, wenn es sich von einem Angehörigen des norddeutschen Bundes handeln würde, welcher seine einflußreichen Gesandtschaften in der ganzen Welt hat, und seinen Angehörigen eben hiedurch sofort die prompteste Hilfe gewähren kann.
— Bei dein Verkauf der hoskammerlichen Weine zu Untertürkheim wurde für den Nißling 126 fl., Veltliner 101 fl., rothes Gewächs 100—106 fl., gewöhnliches weißes Gewächs 87—90 fl. bezahlt.
— In Pesth ist ein dreijähriges Kind „in Folge übermäßigen Genußes geistiger Getränke" gestorben.
Redaktion, Druck und Berlag von Zak. Me eh in Neuenbürg.