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Mit sanfter, melodischer Stimme erwidertest du meinen Gruß. Ganz verschieden von den ne­ben dir sitzenden Mädchen war deine ganze Art und Weise. Immer habe ich bemerkt, daß mit dem Wohlklang der Stimme sich auch eine größere Bildung des Geistes und Herzens verbindet. In der Schule des Unglücks warst du gebildet, an- muthige Kleine, frühzeitig war der Ernst des Lebens dir nahe getreten. Das verrieth der Blick deiner großen, tiefblauen Augen, und der weh- müthige Zug, der zuweilen die Hellrothen Lippen umschwebte.

Eine vater- und mutterlose Waise hatte der reiche Onkel und Vormund dich widerwillig von frühester Kindheit an in sein Haus ausgenommen, aber nicht in sein Herz, das gehörte dem eigenen verzogenen Sohne und dem eifrig ersparten Gelbe. Mißmuthig hatte auch die geizige, kränkliche Tante die unnütze Kleine betrachtet, die für manches lange Jahr nur Mühe und Sorge in Anspruch nahm und weder Hülfe noch Nutzen verhieß.

Kinder haben einen viel schärferen Blick, ein viel aufmerksameres Ohr, als man ihnen gewöhn­lich zutraut. Noch erinnerte sich die kleine Ma­rianne, wie im Traume, an das freundliche Ge­sicht des Vaters, und seine seltenen, aber herz­lichen Liebkosungen, an die liebevolle Sorgfalt der zärtlichen Mutter. Erinnerungen, die um so lebhafter blieben, da sie im grellsten Gegensätze standen zu der mürrischen, oft harten Behandlung in dem neuen Aufenthalt. Niemand kümmerte sich um sie, Niemand mochte sie leiden, und die kleine Menschenblume braucht doch zum Gedeihen, wie jedes andere Pflänzchen, der Liebe Thau und Sonnenschein. Knecht und Mägde sahen sie kaum an, denn es gab ihnen bei der Herrschaft keinen Stein im Brette, wenn sie das Kind beachteten. Selbst der Sohn vom Hause, ihr um mehrere Jahre älterer Vetter, stellte sie als Spielgefährtin weit unter die junge Minora, sein täppisches, braunes Hündchen.

Arme kleine Marianne! sie kam sich stets lästig und überflüssig vor, sie fühlte sich allerorten un­berufen und im Wege. Liebebedürftig umhalste sie oft zärtlich das zuthätige Hündchen, und freute sich, wenn eS sie begleitete auf weiten Ausflügen. Scheu und verschlossen im Hause war es ihr, als ob im Freien die Last sich löste, von der die Kindesbrust beengt war. Stundenlang strich sie, unvermißt, umher durch Berg und Thal, Plau­derte mit Blumen und Quellen, bevölkerte mit reicher Phantasie die Grotten und Höhlen ihrer

Heimath mit allerlei Mährchengestalten, und nahm so schon als Kind das cigenthümliche Wesen an, das dem aufblühenden Mädchen so lieblich stand.

Als die Zeit des Lernens kam, war die freund­liche, gelehrige Kleine der Liebling des Pfarrers und ihrer Lehrer. Manche Kenntnisse prägten sie dem hübschen Köpfchen ein, die der muthmaßlichen Zukunft ihrer Schülerin völlig unnütz waren.

Arme Marianne! kaum hatte dein emsiger Fleiß, dein sorgliches, unermüdliches Schaffen in Haus und Feld, die unfreundlichen Verwandten mit deinem Dasein versöhnt, venn du warst älter geworden und stärker, eine bedeutende Hülfe, keine unnütze Last mehr für sie, da drohten Theilnahme und Liebe dir eben so gefährlich zu werden, als früher die Mißgunst.

Der unaufmerksame Vetter war ein langer, stattlicher Bursche geworden, den der alten steifen Minora gleichnamiger Sprößling jetzt viel weni­ger interessirte, als die reizende Base. Hatte er doch von jeher das Beste und Schönste sein eigen genannt. Nun aber priesen Alte und Junge im Dorfe, selbst die Mädchen nicht ausgenommen, denn das blutarme Ding konnte ihnen ja nimmer gefährlich werden, die Marianne als die Schönste und Beste viele Meilen in der Runde. Da mußte er doch einmal zuschauen. (Fortsetzung folgt.)

Ein Zimmermaun und ein Wundarzt kamen in ein Dorf, in welchem gerade ein Haus brannte.Aha," sagte der Zimmermann,mein Waizen blüh t." In demselben Augenblicke stollperte er über einen Stein und brach ein Bein. Meiner ist schon reif," bemerkte der Wund­arzt kaltblütig.

Thicrkalender. Der Engerling hat dies Jahr auffallend wenig geschadet, da der Pflanzenwuchs zu kräftig war. Nichtsdestoweniger hat es in der Stuttgarter Gegend ungewöhnlich viel En­gerlinge und wohl überall da, wo der Maikäfer im Jahr 1866 flog. Man sammle deßhalb beim Pflügen die Engerlinge und die Fischereipächter seien darauf aufmerksam gemacht, daß der En­gerling von den Fischen sehr gerne gefressen wird, sie können recht gut einen halben Gulden für's Simri bezahlen. Jedenfalls ist unnöthig, daß sie auf dem Acker verfaulen. Wem das wurmige Obst zum Mosten noch zu schlecht ist, lasse es wenigstens vertilgen wegen der Würmer, die darin stecken, denn aus denen werden Schmet­terlinge, deren Brut nächstes Jahr wieder hinter das Obst geht. (St.-Anz.)

Calw. Frucht-Preise am 1. August 1868.

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146

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134

12

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18

7

12

7

965

57

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Roggen . .

Gerste . .

Dinkel gem.

27

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294

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5

4

42

4

36

1385

2

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Haber . .

8

180

188

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20

5

6

4

59

4

48

839

51

12

neuer . .

36

36

36

4

30

4

16

4

153

Summe .

35

650

685

632 ^ 53

3344

26

Preis der früheren Brodtaxe: 4 Pfd. Kernenbrod 18 kr., dto. schwarzes 16 kr., 1 Kreuzer- weck soll wägen 4^/4 Loth.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Nrueubürg.