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Miszellen.
Der Cisenbahnfeind.
Eine Geschichte von Franz v. Sonneiifcld.
(Fortsetzung.)
Er verstand es ausnehmend wohl, dem Boden reiche Schätze abzugewinnen, aber die Gemüther der Menschen wußte er sich nicht geneigt zu machen. In der neuen Heimath blieb er fremd, weil sein eigen Gemüth sich nicht liebevoll gegen seine Mitbürger erschloß. Es war, als hätte er nie ein Herz besessen. Doch schien es nur so: denn auch in ihm regte sich endlich etwas wie Liebe. Vielleicht ließ ihn gerade das Gefühl der Vereinsamung dieses Liebcsbedürfniß empfinden. Genug, der finstere, wortkarge, nur auf selbstsüchtigen Erwerb bedachte Peter machte in einem Nachbardorfe die Bekanntschaft mit einer sanften, guten, verständigen Markgräflcrin; er liebte sie und seine Liebe wurde erwidert. Zwei Herzen vereinigten sich, von denen man hätte glauben sollen, daß sie sich gegenseitig ausschließen müßten. Aber wer ergründet das menschliche Herz? Die Ehe war eine überaus glückliche.
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Marie — so hieß Peters Frau — war nicht reich an Geld, doch brachte sie ihm ein annehmbares Heirathsgut. Das schönste aber, was sie ihm brachte, war ein reiches Gcmüthslebcn, ein treuer Sinn für Häuslichkeit, ein lebhaft mitfüh- lendes Herz auch für fremde Freuden und Leiden. Nie mischte sie sich in anderer Leute Verhältnisse, nie hörte man aus ihrem Munde ein liebloses Wort über andere Leute. Still und sanft waltete sie in dem reinlichen Hause ihres Mannes. Während dieser sein Besitzthum jedes Jahr mit der Erwerbung mindestens eines Grundstückes vermehren konnte, schenkte sie dem Gatten in der ersten Zeit ihrer Ehe alljährlich einen neuen, muntern Sprossen. Wenn Peter sich auch wenig um die Erziehung seiner Kinder bekümmerte, so liebte er sie dennoch auf's Innigste; mit dem Kreise seiner Familie erweiterte sich sein Herz und vermehrte sich sein Eifer, seine Kinder einst alle wohlhabend zu machen. Aber über seine Familie dehnte sich seine Menschenliebe nicht aus; alle übrigen Menschen sah er nur darauf an, wie er sie zu Gunsten der Seinen benützen könnte.
Die Erziehung der Kinder leitete ausschlicßlich die Mutter — und mit welcher Liebe, welcher Umsicht, welchem Nerständniß'. Das Erste war, daß sic Alle an eine bestimmte, nie zu übertretende Ordnung gewöhnte. Der Ordnungssinn, der jedem Menschen in seinem Denken und Thun so vortrefflich zu Statten kommt und von dem oft mehr abhängt, alS man gewöhnlich glaubt, wurde bei Peters Kindern bald zur zweiten Natur, zu einem freien Gesetz, das unsere Kräfte zur Be- thätigung anspornt. Ferner hielt unsere Mutter- große Dinge auf Reinlichkeit und Anstand im Betragen. So lieb sie ihre Kinder hatte, so ließ sie sich von denselben doch nie etwas erzwingen, was oft so viele Mütter besonders rücksichtlich der noch kleinen Kinder geschehen lassen, die sie dann dadurch am Besten zu „geschweigen" glauben, wenn sie ihnen dasjenige, was sie mit Schreien ungestüm verlangen, endlich gewähren. Die Mutterliebe ist nirgends am Unrechteren Orte, als in diesem Falle. Eine kalte Zurechtweisung, und wenn diese nichts hilft, ein warmer „Klaps" sind solchen jungen Trotzköpfcn gegenüber stets das
Nathsamstc. Das war auch ein Erziehungsgrundsatz von Peters Frau, deren Kinder alle sich bald durch ein fügsames Wesen auszeichneten. Dafür ließ sie ihnen aber auch nichts abgehen, was ihnen nothwendig und heilsam war. Sie bekamen kräftig einfache Nahrung — aber zur bestimmten Zeit; sie mußten zur festgesetzten Stunde in ihre Bettchen gehen und durften dann schlafen, bis das freundliche Antlitz d->r Mutter sie am Morgen liebkosend aus dem Schlummer weckte. Aber auch geistige Nahrung ließ sie ihnen auf's Sorgfältigste angedeihen. Sie mußten fleißig die Schule besuchen und die Hausarbeiten, die sie aus derselben zur Aufgabe bekamen, gingen allen andern vor. Glaubte Peter, daß es genüge, wenn die Kinder vor allen Dingen gut rechnen lernten, um damit im Handel und Wandel unterstützt zu werden, so legte die Mutter auch auf die anderen Schulfächer keinen geringer» Werth. Sie liebte es, daß sie Freude an Gottes schöner Natur empfanden, daß sie den Planeten, den wir bewohnen, kennen, seine Beziehung zum Wcltgebäude begreifen lernten, daß sie eine Ahnung erhielten von dem Zweck und der Bestimmung deS menschlichen Daseins. Sie drang vor allen Dingen auf Wahrheit; auch die unbedeutendste Lüge wurde unnachsichtlich bestraft.
(Fortsetzung folgt.)
Die Schule und ihr Einfluss aus die Gesundheit.
(Schluß.)
Die innere Einrichtung der Schulhäuser bespricht der Hr. Verfasser besonders eingehend. Hauptsächlich trete die schlechte Luft in den meisten Schulzimmern hervor, als deren Ursache geringe Größe der Zimmer, düstere Lage, schlechte Heizung zu betrachten seien. Vor allem sollten feste Grundsätze über das Verhältniß des Schulraums zur Zahl der Schulkinder aufgestellt werden und werden hierüber nähere Angaben gemacht. Die Herstellung einer hinreichenden Ventilation und die damit in Verbindung stehende Art der Heizung seien von großer Wichtigkeit, nicht minder verdienen die Farbe der Wände, die Beschaffenheit des Bodens, der Fenster, der Vorhänge, die Einrichtung der Abtritte besondere Beachtung.
Wir übergehen, was über die Einrichtung der Schulgeräthe und die Benützung derselben, besonders die Schreibstellung der Kinder gesagt ist, und bemerken, daß der Hr. Verfasser es tadelt, wenn man bezüglich des schulpflichtigen Alters des Kindes sich zu streng an die Normen des Gesetzes halten müsse, während doch hierüber die individuelle Reife des Kindes allein entscheiden sollte. Schließlich wird die Zeit des Austritts aus der Schule, die Anzahl der Schulstunden und die Vertheilung des Unterrichts aus dieselben, die Bedeutung der Ferien und des Turnens, sowie das Maß der Hausarbeiten und der körperlichen Züchtigung einer Kritik unterzogen.
Der Hr. Verfasser hat mit dieser Arbeit eine pädagogische Diätetik geliefert, welche nicht genug beachtet werden kann, welche in der Hand jedes Schulmanns, eben so sehr aber auch in der aller für das Wohl ihrer Kinder besorgten Eltern sein sollte und welche wir daher auf's Kräftigste zur Anschaffung empfehlen müssen.
(Gew.-Bl.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.