360

Schönes verbunden werden kann, engherzig und kurzsichtig. Wer für Zwecke dieser Art ein ver- hältnißmäßig kleines Opfer nicht zu bringen weiß,, unterschätzt die Folgen einer solchen Unter­lassungssünde. - , ,

Wer aber besagten Fußweg erkämpfen will, thue es mit andern, mit offenen Mitteln, d. h. ohne Sophistik. Bei dem Streben: etwas Nütz­liches und für das Allgemeine Schönes bald mög­lich zu erlangen wird der Einsender in Nr. 57 auch mich finden. I. h.

Kronik.

Deutsch l and.

Pforzheim, II. Mai. Wie man so eben erfährt, sind in dem Orte Eutingen die Blat­tern'ausgebrochen und zwar bei einer Frauens­person, die mit einem Blatter-Kranken in Niefern in Berührung kam. Bei den bereits getroffenen Vorsichtsmaßregeln ist zu hoffen, daß ein weite­res Umsichgreifen nicht stattfinden wird.

Mannheim, II. Mai. Gestern hat sich durch Unternehmer aus Württemberg in hiesiger Stadt eine Gesellschaft zur Errichtung einer Brodfabrikatiou in großem Maßstabe ge­bildet. Die Bäckerei derselben wird in den Räum­lichkeiten der ehemaligen Kunstwollefabrik einge­richtet werden.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Mai. Der Chef des General­stabs, Hr. Oberst v. Suckow, hat sich am kurze Zeit nach Berlin begeben, um in Angele­genheiten des militärischen Bildungswesens im Allgemeinen und der Ausbildung der Offiziere im Speziellen die preußischen Einrichtungen näher kennen zu lernen. Auch wird er daselbst Gelegen­heit haben, sich über die Einrichtungen im Ge­neralstab genauer zu orientiren. (St. A.)

Stuttgart, II. Mai. Je näher die Zeit kommt, in der die neue Gerichtsorganisation ins Leben treten soll, desto lebhafter bewegt die be­theiligten Kreise das Ungewisse des künftigen Aufenthalts. Die Verhältnisse der neuen Gerichts­sitze find Gegenstand eifriger Erkundigung, und häufig hört man von Familienvätern die Besorg- niß äußern, ob sich die genügenden Schulen, namentlich für Töchter, finden werden. In die­ser Hinsicht wird es von Interesse sein, zu Hören, daß die Stadt Ravensburg, wie' fix in an­deren Beziehungen die Wichtigkeit ihrer Bestim­mung zum Sitz eines Gerichtshofs praktisch er­faßt, und allen damit zusammenhängenden Wün­schen bereitwillig entsprochen hat, so auch für Verbesserung ihrer Bildungsanstalten ernstlich bemüht ist. (Eine Erinnerung und nachahmens- werthes Beispiel für andere Gemeinden.)

Stuttgart, 12. Mai. Der Vortragende Rath im Justizministerium, Herr Obertribunal­rath v. Beyerle, ist heute nach München ab­gereist, um durch Anschauung und mündliche Erkundigung bezüglich des Strafverfahrens in Baiern die Erfahrungen zu sammeln, welche für die immer näher rückende Durchführung unserer Justizreform benützt werden können. Herr Ober­tribunalrath Kohlhaas, welcher zu gleichen! Zweck vornehmlich mit Rücksicht auf das Civil-

verfahren Baden und Rheinhessen besucht hat, ist in voriger Woche zurückgekehrt. (St.-Anz.)

Stuttgart, 13. Mai. Das heutige Re­gierungsblatt vom 17. enthält 1) eine Verfüg­ung des Ministeriums des Innern zu dem Ge­setz vom 26. März 1868, betreffend die Wahlen der Städte und Oberamtsbezirke für den Land­tag. 2) Eine Bekanntmachung desselben, betr. die Ertheilung der landesherrlichen Genehmigung an die Württemb. Depositenbank. 3) Eine Ver­fügung desselben, betreffend die Aversalvergüt- ungen für die jährliche Richtigstellung der Brand­versicherungskataster und die Umlage der Brand­versicherungsbeiträge. 4) Eine Verfügung des Finanzministeriums, betreffend den nach dem Finanzgesetz pro 186770 vom 1. Juli 1868 an zu erhebenden Steuerzuschlag von 10 Proz.

Was fich im Schmutz verbirgt.

(Fortsetzung.)

Die stolzen Parvenüs, die sich aus dem Schmutz heraufgearbeitet und durch nichts in ihrer neuen Gestalt an ihre Abkunft erinnern, finden sich nicht nur unter den Parfüms. Auch von den Farbestoffen gibt's nicht wenige, die wie die Theerfarben von den Metamorphosen, die mit ihnen vorgegangcn, und dem dunklen Dasein, das sie einst führten, ehe sie wurden, was sie sind, erzählen könnten. Da ist das Schweinfurter Grün, das prächtigste, dauerhaf­teste, freilich auch giftigste, das existirt; es stammt von den Abfällen in den Kupferschmie­den und den Resten der Weinbereitung, den Traubentrestern und Stielen, die von den Dün­gerhaufen weinreicher Gegenden zu seiner Fabri­kation herbeigeholt wurden. Düs schöne Blau, genannt blou cks ksranca, oder in den schlech­teren Sorten auch Berlinerblau, nahm seinen Ursprung aus dem Kehricht der Schusterwerk­stätten und den Abfallgruben der Gerbereien. Wer wollte es den alten Schuhsohlen, Lederab- schnitzen und stinkenden Blut- und Haarklümpen wohl ansehen, daß sie sich in die schönen gelben Krystalle des Blutlaugensalzes und gar in den prachtvollen, tief dunkelblauen Farbestoff, das Pariserblau, zu verwandeln im Stande wären?

Aus denselben Kehrichthaufen, als Geschwi­sterstoffe gleichsam, stammen die in der Phar­mazie und Chemie wichtigen Cyanverbindungen, das scharfe Gift, die Blausäure und der Zünd­stoff in den Zündhütchen, das Knallquecksilber, das den Phosphor selbst an Feuergefährlichkeit übertrifft. Auch dieses Letzteren Antecedentieir machen ihn so recht der Mitgliedschaft der sau­beren Gesellschaft würdig. Ein halb verwitter­ter, von der Sonne gebleichter Knochen, stieß er sich in der Welt umher, bis ein Bauernbursch, ein kleiner Anselm Rothschild ihn aufraffte und mit anderen seiner Brüder gegen einen Bleiring beim Lumpensammler eintauschte, durch den er endlich einer Phosphorfabrik und damit seiner höheren Mission zugeführt wurde. Auch wohl der Leimsieder und Knochenmüller wissen, wenn auch nicht Großes, so doch Nützliches aus ihm zu machen, wie denn der Knochen überhaupt ein sehr geschätztes Material und der Gegenstand vielseitiger Industrie ist.

(Schluß folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.