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schaffen. Auch die höchst wünschenswerthe Un- aufkündbarkeit des Zollvereins, welche die Be­fürchtung von Krisen mindere, könnte auf dem­selben Wege zu Stande kommen.

Es sei ein häufiger Vorwurf, den die Geg­ner eines Anschlusses an den Norden machen, daß dadurch dem Süden bedeutende Lasten und Nachtheile erwachsen. Aber richtig betrachtet, sei vieles nicht wahr, vieles übertrieben. So könne man hören, daß das Umgelo von Wein in die Bundeskasse fließen würde. Aber, da im Norden kein Weinzoll bestehe, so würde nach wie vor der Ertrag desselben in die Kaffe des Landes fließen. Ferner könne man hören, daß vom Ertrag der Malzsteuer, welche bei uns 1,300,000 Gulden einbringe, eine Million der Bundeskasse zukäme und uns nur 300,000 Gul­den blieben. Aber auch dies sei entstellt. Im Nordbunde sei nur Bier und Branntweinsteuer gemeinschaftlich, in Preußen die Malzsteuer nied­riger als bei uns und außerdem durch Bundes­gesetz vorgesehen, daß, wenn in einem Bundes­lands die Malzsteuer höher sei als in Preußen, der Ueberschuß nicht der Bundeskaffe, sondern der Landeskasse zufalle. So verschwinden manche Vorwürfe, die gegen einen Eintritt in den Nord­bund erhoben werden. Ein solcher Anschluß an den Norden brauche überhaupt nicht bedingungs­los zu geschehen. Denn die norddeutsche Bundes­verfassung sei gemacht worden ohne Berücksich­tigung unserer Verhältnisse, weil zur Zeit ihrer Abfassung von unserer Seite kein Wunsch zum Eintritt Vorgelegen sei. Manches könne vorher noch geregelt werden, wie z. B. die Branntwein­steuer. Viel werde auch die große Militärlast als Nachtheil, der dem norddeutschen Bunde an­hafte, angeführt. Allerdings sei diese empfind­lich, aber nur der Uebergangszustände wegen bis zum Jahr 1871 bleibend; da man im Nor­den selbst den Drang zur Verminderung dersel­ben habe, so sei eine Herabsetzung derselben um so mehr zu hoffen, je versöhnlicher die Stimm­ung, je inniger das Verhältniß zwischen Nord und Süd sei. Aber es sei ungerecht, von den Vortheilen zu schweigen, die der Nordbund biete, und in ihm nur eine Hebung der Größe und Ehre Preußens zu erblicken. Die Vörtheile kom­men dem ganzen Bunde zu gut. Heer und Marine habe Preußen zu Bnndesheer und Bundesflotte erklärt, seine Gesandten seien Bundesgesandten geworden. Auch der Reichstag stehe nun weit über dem preußischen Abgeordnetenhaus und sei auch mit einem bedeutenderen Maß von Frei­heiten ausgestattet und dadurch sei der preußische Partikularismus schwer getroffen worden. Der Schutz unserer Arbeit, die Sicherheit bei einem Angriff von Außen seien größer als früher, die Verhältnisse im Innern geregelter, der deutsche Name, zumal im Ausland, geachteter geworden.

Der Weg der Annäherung des Südens an den Norden müsse der friedlicher naturgemäßer Entwicklung sein. Aus der deutschen Volksver­tretung, wie sie im Zollparlament vorhanden sei, könne die allgemeine Einheit allmählich hervor­gehen. Dies sei die Bahn, die wir einzuschla­gen haben, um endlich zur Erreichung des von allen deutschen Patrioten längst mit Sehnsucht erstrebten Zieles eines einigen, in sich geschlos­senen Deutschlands zu gelangen. Aber dazu müssen Alle Mitarbeiten und vor Allem den in

vielen Herzen durch die Ereignisse des Jahres 66 geweckten und seither genährten Groll Nieder­kämpfen. Daher seien auch als Mitarbeiter au dem zu gründenden Werk nur solche Männer auszu­suchen, welche die geschehenen Ereignisse aner­kennen und den Willen haben, auf Grund der­selben weiter zu bauen.

Mit Freuden erkenne er an, fuhr der Red­ner fort, daß der Bezirk, in dem er als Abge­ordneter ausgestellt sei, den Beweis geliefert habe, daß er keinen partikularistischen Sinn habe. Die Erinnerung an die einstigen Vertreter des Bezirks, Schott, A. Seeger, Mathp, beweise es ihm. Der Bezirk möge auch diesmal seinen alten Sinn bethütigen und jeder Wähler durch Erfüllung seiner Pflicht am Wahltag beitragen zur Förderung des großen Werks, das dem Zoll­parlament auszuführen obliege.

Diese Rede, ein lebendiges Zeugniß der Be­geisterung, die den Redner für die Sache, die er vertritt, erfüllt, wurde mit ungetheiltem Bei­fall ausgenommen und, da nach längerer Pause sich Niemand zu einer Entgegnung meldete, die Versammlung vom Vorsitzenden mit der Auf­forderung zu eifriger und gewissenhafter Theil- nahme am Wahltag geschlossen.

Wir aber ergreifen gerne diese Gelegenheit, unfern Lesern Herrn Dr. Otto Elben als Candidaten zur Zollparlamcntswahl aufs wärmste zu empfehlen. Seine Wähler werden jedenfalls das Bewußtsein haben dürfen, einen Mann ge­wählt zu haben, der sein engeres wie das weitere Vaterland mit warmer Liebe umfaßt, und für die Sache, die er zu vertreten haben wird, eben­sosehr ein reiches Wissen und Verständniß als Eifer und Begeisterung mitbringt.

** Wildbad, 10. Mürz. Unser Kandidat zum Zollparlament Hr. Dr. Otto Elben aus Stuttgart war gestern Abend hier. Vor einer überaus zahlreichen und aufmerksamen Zuhörer­schaft im Saale der Post sprach er sich über die Grundsätze aus, welche ihn als Abgeordneten des Zollparlaments leiten würden und welche im We­sentlichen dasselbe enthalten, was er in der vor­gestrigen Versammlung zu Neuenbürg so klar und überzeugend darlegte. Am Schluffe erwähnte er noch der beiden trefflichenSöhne Wildbads" der Brüder Adolph und Ludwig Seeger, deren frühzeitigen Verlust das Vaterland, zumal in jetziger Zeit tief zu beklagen habe. Lebte Adolph Seeger noch, schloß er, so würde ich nicht hier stehen als Candidat, sondern er der befähigtere, würdigere, würde diese Stelle ein­nehmen; aber eines ermuthige ihn, sich Eins zu wissen in den Bestrebungen mit Jenem, dem die Erreichung der Einheit und Größe des Vater­lands als höchstes Ziel galt. Der Vortrag fand den ungetheiltesten Anklang und allseitige leb­hafte Zustimmung wurde dem Redner zu Theil.

Seine Majestät der König haben auch heute wieder für eine Anzahl von Kranken- und Wohl- thätigkeits - Anstalten, die unter der besondern Fürsorge Ihrer Majestät der Königin stehen eine Reihe von Gaben verwilligt, die für die Heil­anstalt Marienberg, des Frauenstiftes in Kirch- heim, die Rikolauspflege, die Olgaheilanstalt, sowie den Frauenverein dahier, die Jndustrie- und Kleinkinderschulen in Gablenberg und Gais- burg und für das Haus der Barmherzigkeit in Wildberg 800 fl. betragen.(W. C.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.