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zogen, und bereits ist ein neuer Kriegsdjenstge- setzes-Entwurf Wsgearbettet.. Weyn wir recht unterrichtet sind, wäre es möglich an der Hand desselben, und zwar ohne unverhältnißmäßig große Kosten, eine sehr ansehnliche und kriegstüchtige Armee aufzustellen. Nach diesem Plane würden alljährlich die sämmtlichen kriegsdiensttüchtigen WMnHxute zum Waffendienst ausgehoben, allein es käme davon nur die eine Hälfte zur Linie. Diejenige Hälfte der kxiegsdiensttüchtigen jungen Leute, die nicht i» Ue Linie eingestellt werden, kämen zur Landwehr, die aus zwei Kategorien bestehen würde, aus Landwehr-Exkapitulanten und aus reiner Landwehr, d. h. jenen jungen Leuten, die alljährlich in den Bezirken 6 bis 8 Wochen eingeübt würden. Auf eine tüchtige Aus­bildung und auf eine militärische Erziehung der Linie würde dadurch hinzuwirken gesucht, daß dieselbe eins PräsenzM pon 2 Jahren zu be­stehenhätte; hat sie ja doch auch der etwas we­niger geübten Landwehr als Stützpunkt zu dienen. Wird der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht in dieser Form streng durchgeführt, so erreicht Württemberg eine Armee in der Stärke von 67,000 Mann aufzustellen, ohne daß dem Lande allzugroße Opfer an Geld und Arbeits­kräften auferlegt würden. (S. M.)

Stuttgart, 14. Mai. Gestern Abend kurz nach 6 Uhr stürzte plötzlich der erst kürzlich neuerbaute, auf der Höhe der Gaisburger Steige gelegene Lagerbierkeller des Bierbrauers Müller unter furchtbarem Gekrache ein. Die Lagerfüsser scheinen von den auf sie niederstürzenden schweren Gewölbsteinen sämmtlich zertrümmert und alles in dem Keller befindliche Lagerbier man sagt 800 Eimer verloren zu sein, wenigstens floß aus einer im Keller angebrachten Abzugsdohle, die unterhalb der Olgastraße mündet, das Bier gegen zwei Stunden lang gleich einem kleinen Bache theils auf den Weg, theils in Gefässe aller Art, welche von einer großen Anzahl her­beieilender Menschen beigebracht wurden.

Stuttgart, 16. Mai. Z).ie Gefahr, die der Landwirtschaft von der südöstlichen Grenze durch die Rinderpest drohte, ist seiner Zeit glücklich abgewendet worden. Hoffen wir, daß die Gefahr, die jetzt von Nordosten droht, durch die bereits vorbereiteten und zum Vollzug reifen Maßregeln sich ebenfalls abwenden lasse. Zu­nächst sind auf die erste Nachricht von dem Er­scheinen von Rinderpestsällen in der Umgebung von Würzbnrg, Haßfurt, Schweinsurt, von dem Hrn. Minister des Innern drei höhere Thierärzte an Ort und Stelle entsendet worden, um den Thatbeftand zu erheben und Bericht zu erstatten. Jede Art von Sicherungsdienst, im Falle der ge­fürchtete Feind sich der Landesgränze noch mehr nähern sollte, ist zum Vollzüge reif. (S. M.)

Stutgart, 18. Mai. Auf Antrag des Herrn Kultministers v. Golther sind Lehrer an verschiedenen höheren Lehranstalten des Departe­ments in reichlicher Anzahl mit Beiträgen aus Staatsmitteln bedacht worden, um die Ausstel­lung in Paris besuchen zu können. S. M.)

Tübingen, 18. Mai. Seit etwa 2 Mo­naten ist hier die Polizeistunde aufge-

hoben und es hat sich dies? Maßregel bis jetzt vollkommen bewährt, so daß der Polizeibeamte den bürgerlichen Collegien die Erklärung abgeben konnte, daß er keine Veranlassung habe, sich über die Resultate ungünstig auszusprechen, im Gegen- theil die Exzesse auf den Straßen sich vermindert haben, und es in den »leisten, namentlich in den bessern Wirthschaften, eher bälder als später ruhig werde. (S. M.)

ff Ettlingen, 18. Mai. Vorgestern er­eignete sich in hiesiger Nähe ein gräßliches Un­glück. Ein Möbeltransport-Fuhrmann hatte seinen schwer geladenen Möbelwagen von Wildbad nach Oberkirch zu führen; bei der hiesigen Steige wollte er die vordere Wagensperre zutreiben, in diesem Augenblick brach aber eine Feder des Wagens und die ganze Last desselben fiel auf den Fuhrmann, so daß er in gräßlichem Zustande ganz zermalmt hervorgezogen wurde.

Es war ein fleißiger junger Mann, der eine Wittwe mit 7 Kindern hinterläßt.

Ausland.

Die Times vom 11. bläst mit Freuden die Friedensschalmei, kann im Verlauf ihres Ar­tikels aber doch nicht umhin, zu gestehen, daß Luxemburg nicht die Krankheit selbst, sondern nur ein Krankhettssymptom gewesen sei. Auf einen dauernden Friedenszustand und eine staats- wirthschaftlich gesunde Existenz der europäischen Völker könne man erst dann hoffen, wenn einmal die Politik des Welttheils nicht mehr ausschließ­lich in den Händen der Souveräne liegen, son­dern die Völker selbst über ihre theuersten Inte­ressen das entscheidende Wort zu reden haben werden. Wirkliche Verfassungen, keine bloßen Parlamentsgaukeleien!

Eines deutschen Mannes Frcimuth. Im

Beisein des berühmten Ministers Stein, anderer guten Patrioten und einiger jungen Offiziere er­zählte eines Tages der Herzog von Weimar, Göthe's hoher Busenfreund, eine Menge anstößi­ger Geschichten uud sagte endlich zu Stein:Er habe auch nicht immer wie Joseph gelebt." Wenn das wäre," entgegnete dieser, den solche Reden schon lange entrüsteten, so ginge das Nie­mand etwas an; aber so viel steht fest, immer habe ich Abscheu vor schmutzigen Gesprächen ge­habt und halte es nicht für paffend, daß ein deutscher Fürst dergleichen vor jungen Offizieren zum Besten giebt." Der Herzog verstummte, berichtet Ernst Moritz Arndt, ein Zeuge dieses Auftrittes, und es erfolgte eine peinliche Todtenstille. Endlich fuhr sich der Herzog über das Gesicht und setzte, als sei nichts vorgefallen, die Unterhaltung fort; den Anwesenden aber war heiß und kalt geworden.

Was eine Nestel wird, brennt bald.

Du hast wieder Eselsohren in Dein Buch ge­macht," sagte der Vater zu dem kleinen Gotthold Ephraim Lessing.Vater, das Buch hat ein Recht auf Eselsohren," antwortete der zukünftige Kritiker.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Mee- in Reuenbürg.

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