Stuttgart. (Bitte für kranke und verwundete Soldaten.^ Die Blüthe der männlichen Jugend unseres Landes zieht ins Feld, in einen Krieg, welcher in jeder Beziehung ein harter, blutiger zu werden droht. Wenn damit diese jungen Männer der schwersten Pflicht Folge leisten, so ruht auf unserem ganzen Volk die Verpflichtung, denjenigen unter ihnen, welche durch Krankheit oder durch die vervoll- kommnetesten Waffen niedergeworfen werden, jede mögliche Pflege zu bieten. Wir würden gewiß die edlen Gefühle Vieler verletzen, wenn wir ihnen diese Pflicht durch einen wortreichen Auf­ruf an's Herz legen wollten. Jeder Tag kann hundert Wunden schlagen, welche von uns allen wohl Vorbereitete Hülfe fordern. Mit all seinem Geld kann der Staat allein manche nöthige Dinge unmöglich sich so gut verschaffen, wie sie durch theilnehmende Hände in den Familien be­reitet werden. Dieses gilt namentlich von Char- pie, von alter, aber ächter Leinwand. Es ist von größter Wichtigkeit, daß diese Charpie 45 Zoll lang, nicht zu grob und namentlich, daß sie von untadeliger Reinlichkeit sei, da sie sonst mehr Schaden stiftet.

Um freiwillige Gaben zunächst in dieser Ge­stalt und Geld zu sammeln, rufen wir nicht nur alle Oberamtsstädte des Landes, sondern alle größeren Gemeinden auf, ihre eigenen Ausschüsse zu bilden. Denselben werden dann, sobald sie ihr Bestehen einem der Unterzeichneten angezeigt haben, Muster von Verbandzeug zugeschickt wer­den. In Stuttgart sind solche binnen einiger Tage bei Frau Partikulier Wahl, Marienstr. Nr. 25, und in der Jndustrieanstalt in der Passage des Königsbaus Nr. 11 zu finden. Später wer­den diejenigen Gegenstände, an denen Mangel droht, oder welche von den Militärbehörden ge­wünscht werden sollten, bekannt gemacht werden. Nebst strenger Ordnung ist zu empfehlen, daß nicht vorzeitig ein Vorrath von Gegenständen angelegt werde, welche dem Verderben besonders durch Hitze ansgesetzt sind, vielmehr Vorräthe an Leinwand, Hemden, Strümpfen. Der württemb. Sanitätsverein, welchem das Land während des fchleswig'schen Kriegs sein Vertrauen geschenkt, und welcher sich dabei manche Erfahrung gesam­melt hat, durch neue Mitglieder verstärkt, ist wiederum bereit, die Gaben in Empfang zu neh­men und ihre Absendung an die geeignetsten Punkte zu hesorgeu. Geld wolle an Herru Par­tikulier Wiskott, Augustenstraße Nr. 10, an­dere Gegenstände an Herrn Partikulier Wahl, Marienstraße Nr. 25, geschickt werden. Wir ha­ben die begründete Hoffnung, daß diese Sendun­gen von der K. Regierung in den nächsten Tagen für postportofrei erklärt werden. Wir bitten alle württembergischeu Blätter jeder Farbe und jeder Größe, diesen Aufruf zu veröffentlichen. Der Ausschuß des württember- gischen Sanitäts-Vereins: Or. Hahn, Pfarrer in Heslach, Vorstand. Re­gierungsrath Claus nitzer. Dekan vr. Dillenius. Kaufmann Karl Fab er. Oberst v. Glaser. Hoskaplan v. Gün­ther. Generalstabsarzt vr. v. Klein. Fabrik. Eduard Laiblin. vr. Reuch- l en. Partikulier Wahl. Partik. Wis- cott. Frau Gräfin Dillen. Frau Ge- « neralin v. Entreß. Frau Oberstin v. j

Glaser. Frau Karoline Hartneck. Frl. Marie Hei gelin. Frau Pauline Kel­ler. Frau Mathilde v. Klein. Frau Direktor v. Kober. Freifrau v. Luck. Frau Gräfin Taube. Frau Charlotte Wahl. Frau Direktor v. Weifser.

Unter Bezug auf vorstehenden Aufruf erbietet sich Unterzeichnete zur Annahme von Gaben an Charpie, Leinwand, Ver­bandzeug u. f. w. und deren sofortigen sorgfältigen Uebermittlung an den Sani­täts-Verein.

Neuenbürg, 20. Juni 1866.

Marie Mayr,

Oberamtsbaumeisters Gattin.

Kronik.

Deutschland.

Wien, 16. Juni. Die N. Fr. Pr. bringt aus beachtenswerther Quelle" das Gerücht, daß der Kaiser Franz Joseph die bundestreuen Für­sten zu einer die deutsche Verfassungsangelegen­heit betreffenden Berathung in Wien um sich versammeln werde. (Warum denn keine Parla­mentsberufung ?)

Oe st reicher ziehen jetzt den am Main aufgestellten Bundestruppen über Augsburg-Nürn­berg zu. Ist in jener Gegend die einheitliche Aus­stellung der Truppen erfolgt, so werden von dort aus vermuthlich offensive Operationen gegen den Norden erfolgen.

Reichenberg, 18. Juni. Marienthal, Ostritz, Leuba von zwei preußischen Jnfanterie- und einem Husarenregiment besetzt, Bernstadt von zwei Reiterregimentern. Auf der Runburgerstraße fand gestern ein kleiner Zusammenstoß zwischen östreichischer und preußischer Kavallerie statt, die Preußen flüchtend. Bei Wierzelsdorf sind die Prenßeu hart an der Grenze.

Das hannöverische Truppenkorps hat nach übereinstimmenden Berichten die Vereini­gung mit der kurhesfischen Brigade bei Fulda bewerkstelligt.

Kassel, 18. Juni, Morgens. Die Preußen sind in Kassel eingerückt.

Hanau, 18. Juni. Bayern soll sich Oest- reich gegenüber verpflichtet haben, im Verein mit Darmstadt und Nassau die militärische Ver­bindung zwischen Kurhessen und Hannover durch ein eigenes Korps herzustellen.

Aus Baden, 20. Juni. Es ist auch hier das Bestreben der anständigen Männer aller po­litischen Schattirungen dem über Deutschland hereingebrochenen Unheil den Stachel der fana­tischen Gehässigkeit zu benehmen und von dem Bewußtsein der Zusammengehörigkeit im deutschen Volke zu retten, was noch zu retten ist.

Karlsruhe, 18. Juni. Das renßische' Bataillon ist in Rastatt angekommen, das Regi­ment Coburger aber nicht. 5000 Mann Bade­ner marschiren nach Frankfurt. In Rastatt ist die preußische Munition und Bagage mit Beschlag belegt.

Pforzheim, 16. Juni. Die geschäftliche Stockung macht sich hier mehr und mehr suhl-