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Kromk.
Deutschland.
Frankfurt, 21. Mär,. Oesterreich wird, wenn Preußen auf seinem holsteinischen Besitzrecht behairt, die Streits, age vor die Bundesversammlung bringen, indem es dem Bund anheimgibt, auf Grund des Artikels 12 der Bun- desakle zu intervenircn. Oesterreich hat bereits bei den Mmelstaaten hierauf bezügliche Eröffnungen gemacht. (S. M.)
Der Tcmps fein franz. Blatt) lagt: Bismarck spiele im Innern und nach Außen ein Spiel, daü in keinem Lande von langer Dauer sein könne; er habe die Krone in eine Lage gebracht, in welcher sie sich nur auf wunderbare Weise in einem unstäten Gleichgewicht erhalte.
Württemberg.
Der Staatsanzeiger vom 21. Mär; bringteine
Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Errichtung weiterer vier ^Handels- und Ge- werbeknmmern,
aus der wir Folgendes entnehmen: Nachdem Seine Königliche Majestät vermöge höchster Entschließung vom 14. d. M. die Errichtung von vier weiteren Handels- und Gewcrbe- kammern in den Städten Calw, Heidenhcim, Ravensburg und Rottweil in Gemäßheit des 8 1 der K. Verordnung vom 19. September 1854 gnädigst genehmigt habe», wird unter Abänderung der Miuisterialverfiigung vom 25. Juni 1855 (Neg-Bl. S. 169—170) und der Ministerialverfügung vom 15 September 1855 (Reg.-Bl. S. 194—195) sowie unter Aushebung der Ministerialverfügung vom 14. Mai 1858 (Neg-Bl. S. 75—76) bis auf Weiteres Nachstehendes verfügt:
§ 1. In den Städten Calw, Heidenhcim, Ravensburg und Rottweil werden mit den in der K. Verordnung vom 19. September 1854 enthaltenen Befugnissen Handels- und Gewerbe- kammcrn errichtet.
8. 2. Die Handels- und Gewerbekammer in Calw, Ravensburg und Rottweil besteht je aus 9 Mitgliedern. Von denselben haben 3 dem Stande der Kaufleute, 3 dem der Fabrikanten und 3 dem der Handwerker anzugchören.
§. 4. Es sind der Handels- und Gewerbe- kammer in Calw die Oberämter Calw, Freu« denstadt, Herrenberg, Nagold und Neuenbürg zugetheilt.
Stuttgart, 21. März. Professor Dr. Rueff in Hohenheim tritt heute eine Reise nach Belgien und Holland an, wohin er von der K. Staaisregierung gesendet wird, um über die von England dahin eingeschleppte, gegenwärtig dort in so verheerender Weise herrschende Rinderpest Beobachtungen und Studien zu machen. Diese Fürsorge erscheint um so mehr am Platze, als Rueff zugleich mit den veterinärpolizcilichen Abwehrmaßrcgeln (in erster Linie Expropriation und Tödtung der verdächtigen Viehstände) sich bekannt zu machen hat, welche uns bei der fraglichen Seuche noch wichtiger scheinen, als deren pathologische Behandlung.
In Pfrondorf stürzte letzten Freitag Abend in einem dortigen Wirthshause ein Bürger des
Orts beim Nachbausegehen die Treppe herunter und starb noch in der nämlichen Nacht — der Vierte, welchen, wie die Tüd. Chron. dieser Nachricht anfügt, innerhalb 8'/» Jahren an dieser Stelle dasselbe Geschick ereilte.
Miszellen.
Deutsches Trinken in alter Zeit.
Die Stuttgarter Stadtordnung vom Jabre 1492 machte es icdem neueintrrtenden Richter zur Pflicht, einen silbernen Becher mit seinem Wappen auf die Rathsstube zu bringen; zu dem gleichen Zwecke mußte in Hall jeder „Herr", der in den Rath gewählt wurde, das erste Quartal seiner Rathsbesoldung zurücklaffen; in den Kanzleien gab eS Suppen-, Schlaf- und Untertränke, damit die Rätbe und „Schreiberskncchte" nachher wieder fleißiger arbeiteten, so wie Peter der Große in seiner neu erngerichtetcn öffentlichen Bibliothek in Petersburg Schnaps ausschenken ließ, um Lcler anzu- lockcn. Herzog Christoph gab bestimmte Verordnungen, wie viel in jeder Kanzlei getrunken werden dürfe, und als ihm einmal einige Kostenzcttcl zur Dckrctur vor» gelegt wurden, schrieb er darunter: „Muß denn immer gefressen und gesoffen sein? jedoch pluoet Christoph « Ucbcrmäßig getrunken wurde besonders aus der Uni» vcrsttät Tübingen, und wenn man den Studenten darin steuern wollte, so gicngcn sie nach Rottcnburg, unter dem Vorwand, dort Papier und Schwcfclhölzcr zu holen. Herzog Christoph mußte cs selbst einmal im Jahre I56l mit anhören und klagte darüber, daß die ganze Nacht hindurch ein Mordgeschrei, Toben und Wülhcn auf den Straßen gewesen sei, daß er keinen Augenblick davor habe schlafen können. Ein Visitations» Rezeß von 1591 rügt sogar, daß die Frauen der Professoren «elbst oft ein Gläschen über Dnist trinken, daß z. V. Frau Professor Crustus und Frau Professor Hom- dcrgcr sich gar ungebührlich halten, daß sic gar übel fluchen und schwören, dem Trunk sich ergeben, sonderlich des Crusi Weib, gehen selten zur Kirche, ziepen oftmals nach Lustnau und Derendingen und erzeigen sich dort ziemlich verdächiig. Ein Kostgeber, dem nachgewiesen war, daß er einem Herrn von Lanbschad für 2 Fl. zu viel Wein gegeben, berief sich auf die ausdrückliche Erlaubniß des Vaters, daß sein Sohn zuweilen einige Maß über Ordnung nehmen dürfe, da seine Natur etwas Weiteres erfordern tduc; und ein Professor Ziegler erklärte, er habe immer dafür gehalten, daß erwachsene Studenten 80—90 Maß Wein des Vierteljahrs trinken dürfen. Als die Weinlese von 1539 sehr gut ausficl, von dem ein kleiner Becher trunken machte, so geschah es, daß vom Herbste bis zum ersten Sonntage in den Fasten 1541 in Württemberg über 400 Personen beim Zechen um das Leben kamen. Im Heilbronncr Gebiet hatten sogar Pfarrer einen Weinschank.
Auch das weibliche Geschlecht überschritt oftmals die Gesetze der Mäßigkeit, und es heißt deßhalb in einem Rathsdccret von Heilbronn: „Dem Trünke ergebene Weiber sollen vom Stadlknccht herumgcdrängelt und ihnen an den Kopf ein Zettel geholten werden mit den Worten: versoffene Krugsurschcl". In Hall gingen 1532 drei Schwestern zusammen nach Müukheim in des damaligen Mühlmichels Haus, wo sic 32 halbe Maß des besten Weines tranken, dann die Zeche bezahlten und Abends ruhig nach Hause kamen. Heinrich der Vierte, König von Frankreich, wollte keine deutsche Fürstentochter zur Frau, indem er sagte: eroieais toujours avoir un xot üv vin uupre» ste moi. Dahin gehören auch die sogenannten „Wciberzeichen", die an vielen Orten noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts üblich waren, wie in Ochsenbach, Güglingen, Mühlheim bei Sulz, Weilheim bei Tübingen, wo die Schultheißen und Bürgermeister den zechenden Weibern aufwarten mußten.
Um jene Zeit wurden in den Städten fast jeden Morgen Betrunkene in den Straßen schlafend gefunden, und >n Nürnberg wurde von dem Magistrat ein besonderer kleiner Wagen gehalten, um sie nach Hause zu führen. Selbst der mäßige Herzog Christoph bekennt in Briefen, daß er „etliche Trünk zu viel geihan," und zog nie auf einen Reichstag, ohne einige Fässer Neckarwei» mitzunehmen. Kaiser Karl der Fünfte aber brachte zu einer Fürstenversammlung zu Regens- bürg 3000 Eimer, und ein Erzherzog von Oesterreich ließ sich 2000 Eimer für seine Tafel nachführen, l (Pfälzer-Zeitung.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Ne uenbürg.