483

Beilage zum Enzthäler Neo. 1V3.

Samstag den 24. Dezember 1864.

Kronik.

Deutschland.

Berlin, 19. Dezbr. In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hält man es für wahr» scheinlich, daß die Agnaten des kurfürstlich hessischen Hauses sich über einen am Bundes­tage einzubringendcn Antrag, den jetzigen In­haber der höchsten Gewalt in Kurhessen für regierungsunfähig zu erklären» vereinigen werden. Die folgenschwere Bedeutung eines solchen Schrit­tes springt in die Augen- Seine Rechtfertigung würde in der überaus traurigen Lage des kur- pessischen Landes liegen, und jedenfalls ist es Pflicht, Recht und dringendstes Interesse der Agnaten, das Ihrige zu thun, um auf Abhülfe zu bringen. Ein bedeutungsvolles Zeichen war es bereits, daß der Vertreter des Thronfolgers, Landgrafen Wilhelm, mit für die Adresse der Ständeversammlung stimmte.

Ueber die angeblichen Zugeständnisse, welche der Herzog von Augustenburg der preußischen Negierung gemacht haben soll, theilt der ge­wöhnlich sehr gut unterrichtete Wiener Corre- spondent der Bankzeitung Folgendes mit:Ent­gegen den verschiedenen Versionen, daß der Herzog von Augustenburg Verhandlungen mit Preußen eingelcitet habe, welche der norddeut­schen Großmacht Zugeständnisse in Aussicht stell­ten, die ihr nahezu eine Oberlehensherrlichkeit über das künftige Schleswig-Holstein einräumen würden, wird uns heute, und zwar von einer Seite, von der wir wissen, daß sie unterrichtet sein kann, die Versicherung gegeben, der Herzog habe allerdings sich zu allen Leistungen bereit erklärt, welche etwa im allgemein deutschen Interesse selbst auf Kosten seiner vollen souve­ränen Gerechtsame von ihm gefordert werden möchten, er habe aber ganz entschieden abge­lehnt, darüber einseitig und mit Preußen allein in Verhandlung zu treten. Wir geben die Mit- theüung einstweilen, wie wir sie erhalten."

(Franks. Postz.)

Der Gäusehanbel in Berlin nimmt recht beträchtliche Dimensionen an kund scheint fast dem Wiener Nachkommen zu wollen. Einen Begr ff von dein Umfange kann man sich machen, wenn man hört, baß verflossene Woche täglich sich auf dem neuen Markt etwa 80 Wagen mit dergleichen Federvieh aufgestellt hatten, deren jeder etwa mit 100 Stück beladen, die ansehn­liche Summe von 8000 Gänsen ausmachten.

AuS München melden bayerische Blätter vom 15. d. Mts.: Bei der gestern in dem Revier Anzing abgchallenen großen Jagd ereignete sich ein sehr beklagenswerthcS Unglück, indem der Hofbüchsenmacher Baader von einem daherstür­menden Hirsch in der Art gespießt wurde, daß er augenblicklich seinen Tod fand. Das Geweih des Hirsches war dem Unglücklichen an der vorderen Seite des Halses ein- und am Hinter- kopf wieder hinausgedrungen.

Pforzheim, 17. Dezbr. Unsere Stadt wurde heute von einem empfindlichen Verlust betroffen. Fabrikant Carl Zerrenner, der vor zwei Jahren das seit 1849 bekleidete Amt eines ersten Bürgermeisters zum Leidwesen des größer» Theils der Bürgerschaft niedergelegt hatte, ist an den Folgen eines Schlagfluffes gestorben. Bald nach seiner Amtsniederlegung von einem Schlaganfall betroffen, der sich auch im letzt- verflossenen Jahr wiederholte, hatte der Ver­storbene sich in letzter Zeit wieder so erholt, daß er nicht nur dein Amte eines Bezirksraths, sowie dem als Vorsitzender des neuorganisirten evang. Ortsschulraths, wozu er durch das Ver­trauen der Staatsregierung berufen wurde, mit allem Eifer - und der vollsten Kraftentwicklung eines reichdcgabten Geistes oblag, sondern sonst auch in allen öffentlichen Fragen wieder tbat- kräftig eingriff. Unserer Siadt wird der Ver­storbene unvergeßlich scyn, da er während einer langen und gewgneten Amisthäligkcit zur Hebung der verschiedenen städtischen Einrichtungen und Institute, für Kirche und Schule eine höchst er­folgreiche Wirksamkeit entwickelte und den Armen und Bedrängten ein stets bereiter Beschützer war. Dte Seelenzahl der hiesigen Stadt beträgt nach der neuen Erhebung gegenwärtig gegen 16,400. Es bat also seit 1861 eine Zunahme von beinahe 3000 Seelen stattgefunden, welche bedeutende Vermehrung hauptsächlich der neuen Gewerbeordnung zuzuschreiben ist. In Folge derselben fanden hier nämlich sehr zahlreiche Einwanderungen auswärtiger Gewerbtreibender statt.

Württemberg.

Ein Stuttgarter Artikel im Schw. Merkur nimmt sich der schleifenden und schlütschuhlaufen- den Jugend an und plaidirt für eine liberalere Einräumung eines Raumes auf dem Feuersce resp. geeigneter Plätze überhaupt, indem er die Kinderfreundlichkeit der Tübinger lobend er­wähnt, welche durch Uebcrrieelung eine Eisdecke herstellten. Der Artikel empfiehlt sich weiterer Beachtung.