370

so hartnäckig geleugnet." Bei diesen Dorten Sand der Richter auf und schritt auf Waldner zu, der im lieber- maß feiner Freude sich kaum aufrecht zu halten ver­mochte, fich auf die Lehne des Stuhles stützte. Der Beamte drückte ihm herzlich die Hand, ebenso auch der Postdirektor und der Sekretär, und flüchtig wurde ihm dann mitgetheilt, was fich begeben, wie seine Unschuld fich so merkwürdig dargethan-

Waldner, kaum eines Wortes fähig, versuchte zu danken, doch vermochte er es nicht. Mit Thränen der Freude in den Augen erwiderte er den Händedruck der Männer, während sein Geist wer will es ihm ver­argen! daheim bei den Seinen war.

Plötzlich wurde die frohe, glückliche Stimmung der Männer durch einen lauten, ja furchtbaren Aufschrei des kleinen Rentners unterbrochen. Derselbe hatte den Brief, nachdem ihn der Richter aus der Hand gelegt, als sein unstreitbares Eigenthum an sich genommen und einen Blick Hinei »geworfen. Ze weiter er aber las, je größer wurde sein Erstaunen, je fieberhafter seine Aufregung. Endlich hatte er das Schreiben gänzlich durchflogen und mit einem lauten, markdurchdringenden Aufschrei, der die übrigen Anwesenden ordentlich zu- sammcnsahren machte, rief er:Ein Wort, meine Herren! Etwas Wunderbares hat fich kundgegeben. Wenn das nicht des Himmels Fügung ist, um die Un­schuld jenes Mannes dort aufs klarste hinzustellcn, so gibt cs überhaupt keinen Gott dort oben, der die Ge­schicke der Menschen lenkt! Ja, ihr Herren, hier ist > der lauterste Beweis, daß Herr Waldner die Wahrheit > zu allen Zeiten, die vollste Wahrheit gesprochen. Wie' er gesagt, so verhält eS fich. Keine Zeile des Briefes selbst hat er gelesen, denn hätte er cs gethan, so wäre er im vollsten Recht gewesen, den Inhalt desselben, eine Hundertpsundnotc, zu behalten, denn das Geld gehörte ihm!"

(Fortsetzung folgt.)

(Ein jugendlicher Held.) Am 2. April d. I. fiel in dem Seegefecht bei Jasmund (Rügen) ein preußi­scher Matrose, Namens Wilhelm Gern, Sohn eines penssonirten Steueraufsehers zu Naumburg am Queis, verwundet über Bord. Da er nicht wieder auftauchte, nahm man an, daß er ertrunken sei. Er hatte sich aber, vier volle Stunden schwimmend, über Wasser erhallen und war dann von einem nach Riga fahren­den Lübecker Schiff ausgenommen worden. Dieses Schiff ward von den Dänen aufgebracht und Gern als Kriegsgefangener nach Nyborg transportirt. Dort ist er bis zum 7. August gewesen. An diesem Tage brach er mit drei anderen Genossen aus. Sie wurden ver­folgt und am Strande kam eS zum Kampf. Gern stach z.vci Dänen nieder, und odschon am Kopfe durch einen Säbelhieb und einen Bajonnetstich schwer verwundet, sprang er in ein Boot, setzte alle Segel bei und schoß ^ ins Meer hinaus. Am 12. August wurde dieses Boot, in welchem Gern besinnungslos und im Blute schwim­mend lag, bei Rügen von einem dort kreuzenden KriegS- dampser aufgefangen. Jetzt liegt Gern zu Danzig im Lazareth und seine Eltern haben durch ein Schreiben von dort Obiges gemeldet erhalten. Der muthige

Matrose hatte als Schiffsjunge die Expedition nach Japav und China mitgemacht.

e

In einer neuen Posse von Nestrop sagt sehr richtig Einer:Nur Jene, die arbeiten, sollen zu essen be­kommen." Da erwiedertc ihm der Andere:Bedenken Ew- Gnaden, wie viele Menschen dadurch drodlos würden."

Hampelmann in Frankfurt seufzt in der Latern': Gott wääß, bei uns is' alles verkehrt: In der Judde- gaß wohne Christe; uff der Allerheiligegass ist der Vieh­hof, uff dem Weckmarkt sind die Mexter; uff der Gal- jegaff ist das Ferschtckolleg, in der Münzgaff find die Oesterreicher!! und in der Haasegaff die Preuße! Un so weiter, un so weiter. Alles verkehrt!

Julius Rodcnberg erzählt in der Wiener »Neuen freien Presse" aus Helgoland: In den vierziger Jahren kam ein bildschöner Mann aus Oesterreich hierher, der fich Graf N. nannte. In diesen Mann verliebte sich Anna M., das schönste Mädchen von Helgoland, und er verliebte fich in sie. Aber mit dem Beispiel des gefangenen Marinemalers vor Augen, fing der Graf damit an, womit jener aufhörte: er heirathete das schöne Mädchen, ward Vater eines Kindes unv ver­schwand. Niemand konnte seine Spur entdecken. Die junge Mutter war untröstlich. Sie selber begab sich nach dem Continent, nach Wien; sie hörte nicht auf, nach dem Grafen N. zu fragen und zu forschen. Aber Niemand hatte nur soviel als den Namen desselben jemals gehört. Es gab keinen Grafen dieses Namens in Wien, in Oesterreich, in ganz Deutschland. Trauernd kehrte die Verlassene heim. Da, es war im Jahre 1848, gelangte während der Saison eine Nummer der Jllustrirtcn Zeitung nach Helgoland und zufällig in die Hände von Anna M. Sie schlägt das Blatt auf, sie sieht ein Bild, and mir dem verzweifelnden Aufschrei: DaS ist mein Mann!« sinkt sie zu Boden. Es war das Porträt des Fürsten Lichnowskp und die Erzählung seiner grauenvollen Ermordung in Frankfurt a. M. Anna M. hat fich später an einen mecklenburgischen Edelmann und die Tochter Lichnowsky's an einen hochgestellten Russen verheirathet. Beide Damen, die schöne Mutter und die schöne Tochter, waren dies Jahr hier in Helgoland und erregten durch ihr distin- guirtcs Aeußcre die allgemeine Aufmerksamkeit der Fremden.

Jemand laS in einer Kirchenzcitung das Wort Ketzergemetzel," konnte eS aber nicht herauSbringen, und erst nachoem er sich mitMetzergcketzcl, Kctzcl- gemetzer, Metzelgeketzer und Getzermeketzel" gequält hatte, gelang eS ihm, das gräßliche Wort zu buch- stabiren.