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für das einzelne Individuum, d. i. zehn Kreuzer für den Tag erzielen.

Ausland.

Brüssel, 7. August. König Leopold em­pfing den Amerikaner Jewett, der auf Grund­lage allmäliger Abschaffung der Sklaverei und der Sicherstellung der Neger und mittelst Ein­verständnisses zwischen Europa und Amerika einen Schiedsspruch erstrebt. Der Könrg soll versprochen haben, die Frage in Gemeinschaft mit dem englischen Cabinct in Erwägung zu ziehen.

Paris, 10. August. Gestern war die stärkste Hitze, deren man sich in Paris erinnert. Das Thermometer zeigte im Schatten etwas über 3go (Centigrade), beinahe die höchste Tem­peratur, die in einem Zeiträume von 58 Jah­ren, seit 1805, beobachtet worden ist. Weiter hinauf reichen die meteorologischen Beobachtungen nicht. Am 26. August 1765 war die Tempera­tur höher, 40°; ebenso am 14. August 1774 39° 4ft In diesem Jahrhundert war die Hitze noch nicht höher als 36° 7> (am 31. Juli 1803) gewesen.

Die asiatischen Zeitungen bringen einge­hende Schilderung von dem am 3. Juni stait- gefundenen Erdbeben, welches in Manilla so schreckliche Verwüstung angerichtet hat. Die Straits Times schreibt darüber: Am 3. Juni Abends halb 8 Uhr bot sich der seltsame Anblick dar, daß ein Flammengünel wie aus der Erde hervorwuchs und die Stabt Manilla umzog, und kurz darauf machte sich eine gewaltige Er­schütterung fühlbar. Sie dauerte kaum eine Minute, aber in dieser kurzen Frist war fast ganz Manilla,die Wunderblume des Ostens", rn einen Trümmerhaufen verwandelt. Die ein­zige Kirche, welche ganz unbeschädigt aus der Katastrophe hervorgegangen ist, ist San Augu- stin, dieselbe, die auch dem furchtbaren Erdbeben von 1645 Stand gehalten hat. Die übrigen Kirchen, der Palast, öffentliche, kommerzielle und Privatgebäude sind entweder ganz zerstört oder aus den Fundamenten gerissen. Die Todtge- bliebenen schätzt man auf mehr als tausend, die Verwundeten müssen mehrere Tausende sein; jedoch ist kein Ausländer verunglückt, nur zwei sind verwundet, aber nicht gefährlich. Die Stadt ist fast gän;lich verödet; denn da die noch nicht zu Boden liegenden Gebäude den Einsturz dro­hen, so haben sich alle Einwohner geflüchtet. Das Diario de Manilla nennt das Erdbeben des dritten Juni das gewaltigste, welches seit dem Jahre 1654 die Philippinnen reimgcsucht habe. Ehe eS stattfand, machte sich ein schwef­liger Geruch bemerkbar, ein Rollen wurde ge­hört, gleichwie von einem Geschützfeuer und dann wie Las Anprausen einer ungeheuren Lokomotive. Die Flamme, welche die Stadt umzingelte, stieg von der Bai gegen den Himmel auf und eine an­dere, dreifach geschweifte» kan, vom Lande her über das Wasser zu den Schiffen und warf sie

zwei oder drei Fuß in die Höhe, während der Küstensaum überall mindestens um zwei Fuß gesunken ist. Meteorologische Phänomene schei­nen eine Wiederholung des Erdstoßes Voraus­sagen zu wollen» eine schwüle Atmosphäre und andere plötzliche Wechsel sind gewöhnlich solche Unglückspropheten. Die Daily Preß schreibt, es seien alle Europäer in Manilla verschont ge­blieben, mit Ausnahme eines deutschen Inge­nieurs, welcher in einem zusammenstürzenden Hauie zermalmt wurde. Die Häuser der euro­päischen Kaufleute sind jedoch, eines ausgenom­men, sämmtlich eingestürzt. Der Dampfer Es- peranza, welcher von Manilla nach Jlvila zu fahren im Begriffe war, soll zuletzt ohne schraube im Sturmwinde umhcrtreibenv und ohne alle Bemannung gesehen worden sein. Am Abend des 4. Juni wurden noch zwei weitere Stöße verspürt und dürften wohl noch mehrere folgen.

Erutenachrichten. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten ist der Ertrag der dies­jährigen Fruchtcrnte rn fast allen Ländern Euro- pa'S reichlich und gut ausgefallen. Was speciell Deutschland betrifft, so ist zwar hier und da die Ernte gering, im Allgemeinen jedoch das heurige Jahr als ein sehr gesegnetes zu bezeich­nen. Der Getreidehandel ist an allen maßge­benden Märkten ins Stocken gerathen. Die Preise stellen sich zu Gunsten der Käufer. Ist nun auch bei der allgemeinen bedeutenden Stei­gerung aller anderer Artikel und der Arbeits­löhne ein besonders niedriger Stand der Ge- treibepreise nicht mehr zu erwarten, so steht doch in Folge der gesegneten Ernie ein mäßiger Preis­stand der Brodfrüchle in sicherer Aussicht und ein etwaiger Mangel ist bei den jetzigen Ver­kehrsmitteln am allerwenigsten zu besürchten, zumal die Nachrichten über den Stand der Kar­toffeln im Allgemeinen trotz der hier und da herrschenden Dürre und der in manchen Gegen­den wieder aufgeiretenen Krankheit eine befrie­digende Ernte erwarten lassen.

Der Gebrauch von Gewürzen in der Küche ändert sich in seltsamer Weise; Laune und Mode herrschen auch hier, wie bei vielen sonstigen Ge­bräuchen. So verwendete man z. B. im sech­zehnten Jahrhundert eine solche Masse Gewürz­nelken, daß während eines einzigen Jahres 103 damit beladene Schiffe aus dem Orient in den Themschafen einliefen ; heute genügt eine einzige Schiffsladung für den Bedarf der gesamnuen drei großbritannischen Königreiche. Ebenso ver­hielt eS sich mit der Einfuhr von Muscamüffen, von denen man in Paris im Jahre 1618 sogar 1,150,000 Pfund verkaufte, während gegenwar- tig ganz Europa kaum 200,000 Pfund verbraucht. Heule sind Gewürznelken, Muscatblüthen, Ing­wer rc. durch den Pfeffer verdrängt. Der Ver­brauch dieses schärfsten aller G>würze steigt mit jedem Jahre; im Jabre 1861 betrug derselbe für Europa allein 4,000.000 Pfund.

Redaktion, Druck nnd Verlas der Mcetz'schm Buchdruckern in Neuenbürg.