Kronik. . Miscellen.
Deutschland.
Stuttgart. Am Vorleben Donnerstag ist auf der Station Feucrdach bei Abfahrt des Zuges gegen 5V- Uhr Abends ein llnglücksfall ein» getreten- Der JnstitutSvorsteher Kölle aus Stuttgart, welcher mit seinen Zöglingen einen Ausflug gemacht hatte, bestieg mit denselben auf der genannten Station einen Personenwagen dritter Klasse, wollte aber, nachdem der Zug bereits in Bewegung gesezl war und 112 Fuß Schienenstrecke zurügelegt hatte, aus dem Personenwagen aus das Trottoir herabsteigen, wurde sofort auf die Bahn unter die Wagen geworfen und überfahren. Sein Tod muß augenblicklich erfolgt seyn. Derselbe ist durch den Zugmeister Locher, welcher in der Nähe stand vor dem Aussteigen gewarnt und aufgefordert worden, in das Innere des Wagens zu gehen. Der Verunglückte soll, wie man hört, die Absicht gehabt haben, mit einem später» Zug nach Stutt- ^ gart zurückzufahrcn. Der Unglucksfall wird lebhaft bedauert und allseitilg zeigt sich Vas Mitgefühl mit dem Leid der Hinterbliebenen. —
Casfier und Lehrling.
Wahr und erzählt von Bernarv Wörner.
(Fortsczung.)
„Ei, ei, Freundchen," sagte Reingannm, „wie du doch ungeschickt plauderst. Weißt du denn nicht, daß Teufels und Kohlenbrenner alleweil die besten Freunde geweien? Stecke ruhig dein Jammern auf und überlasse mir das Heulen und Zähneknirschen oomme il kaut. Bedenke nur, daß mir die Plazgeschäste jede Woche gut zwei Thaler trugen und das ist nunmehr Alles — pfutschl" rief der Lehrling und blies ärgerlich über die Fingerspizen- „Wenn mich auch die diversen Herren nicht leiden mochten — ich gab diesen Kunden nie viel aufzuheben, — so blieb ich doch fest stehen und wich nicht von der Stelle, bis man das übliche Douceur hcrausrückte. Diese Goldfüchse kugeln fortan alle in die weiten Taschen des Collega Habenichts und wir — blicken sehnsüchtig nach. Jezt kann er erst Briefe schreiben »nd Gelder fortschicken!"
„Wie? - er schreibt Briefe? — wohin? rief in einem Zuge Pfeifer, nicht wenig neugierig, vielleicht etwas recht Interessantes zu erfahren, „Du hast doch eine feine Nase Acinchcn, und spionirst Alles aus."
Nach verschiedenen Anzeichen ist zu crwar- ten, daß sich Heuer viele Maikäfer entwickeln werden. ES sollten daher alle Gütcrbesizer sich anschicken recht ernstlich Jagd auf diese schädlichen Thiere zu machen; sie könnten um so eher für die folgenden Jahre unschädlich gemacht wer den.
Wien, 15. April. Die Protestanten in Oestreich bereiten eine Bittschrift an die Königin von Spanien vor, wegen Befreiung ibrer aus religiöser Ueberzeugung zur Äaleerenstrafe ver- urtheilten Glaubensgenossen.
Berlin, 18. April. Seit einigen Tagen find wieder beunruhigende Gerüchte über Frankreichs Absichten Rußland und Preußen gegenüber verbreitet. Schon vorgestern glaube ich darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß man Frankreich die Absicht zuschreibe, einen Schritt zu tbun, um über Preußens Stellung zu der polnischen Frage und zu Rußland ins Klare zu kommen.
Ausland.
Di« russische Gesandtschaft in Paris soll fängst 500,000 Fr. erhalten haben, die dazu bestimmt sind, der Pariser Presse gesundere Ansichten über die polnische Frage bcizubringen.
Petersburg, 21. April. Die Schritte der Großmächte haben Sensation erregt; es hat sich auS Anlaß derselben am 19. der Geheime Rath versammelt.
(Ein gewissenhafter Schuldner.) Ein Amsterdamer Partikulier berichtigte kürzlich aus freiem Antriebe mit einer Summe von zwischen einer bis zwei Tonnen Goldes sämmtliche Rückstände, welche sein Barer vor 44 Jahren, Anno 1819, zumeist unserem Kornmarkte hinterlassen hatte.
„Langsam, edler Freund, täusche dich nicht! Was du vermuihcst, wird nicht eintreffcn. Allerdings schreibt er Briese. . . jede Woche einen langen, ellenlangen Brief, wechselt dazu gewöhnlich zwei, manchmal drei Guldennoten ein, petschirt seinen Schaz sorgfältig zu undi läuft selbst damit auf die Post. Nun was denkst du davon?
„Piano, Freundchen, piano I" mahnte der Andere mit pfiffiger Mine; da steckt ein Geheimniß dahinter. Nur vorsichtig! Vielleicht können wir dem Heimtücker eine ordentliche Schlappe versczen. Wir müssen nur auskundschaften, was unv wohin . . ."
„Schon geschehen I" unterbrach Neingauum trium- phirend den Sprecher; „ich kenne die Adresse dieser Briefe und habe bei guter Gelegenheit selbst ein Stück ihres Inhalts erlauscht.«
»Wie? — du weißt?« — rief frohlockend Pfeifer. „Herrlich, köstlich. Sprich - geschwind ? — ich vergehe vor Ungeduld."
»Er schreibt frommes, läppisches Zeug,« lautete die trockene Antwort »und die Briefe find sämmtlich falsch adreffirt an einen Ledrer in Spessart. Vor ungefähr acht Tagen ward er plö;lich abgcrufcn. Rasch stürzte ich an seinen Tisch und erhaschte folgende Zeilen:
»Habt nur Muth unv Vertrauen! der Herr, welcher mit den himmlischen Heerschaaren über den Sternen thront, hat dis hierher geholfen und wird uns auch ferner beschüzen- Um mich seid außer Sorge! Ich habe einen braven Herrn, tüchtig Arbeit, gute Kost und schönen Verdienst, trozdem daß ich nur Lehrling bin. Manche Tage verdiene ich mehr als der stärkste Taglöhner in unserem Dorfe und wenn der liebe Gott mich gesund läßt, dürft Ihr jede Woche fest auf meine Zusendung rechnen. Die Mutter soll nur ihre Gesundheit schonen, und braucht . . .«
(Fortsezung folgt.)
X«dM»U, Druck und Verlag der Mceh'schm Buchdruckerei in Neueubürg.